Mario Gamba
München hat sie perfektioniert, die Verehrung gegenüber allem Italienischen, von italienischen Touristen mal abgesehen. Zu den Ciao-bella-Institutionen gehört auch Mario Gamba, dessen Restaurant „Acquarello“ Heinz Winkler gar als bester Italiener Deutschlands gilt. Interessant ist das, weil Herr Gamba behauptet, er sei gar kein Koch.
Mario Gamba möchte sich als Gastgeber verstanden sehen. Und in Wirklichkeit gehört dieses Buch zu denen, die man braucht, wenn man gut und gleichzeitig elegant italienisch kochen möchte. Ausnahme: Wer das im Jahr 2005 im gleichen Verlag erschienene „Cucina del sole“ hat, braucht sich dieses Buch nicht zu kaufen, denn es enthält viele Doubletten.
Was macht seine Sonnenküche denn aus? Schwurmelig lässt er sich die Worte auf der Zunge zergehen... „Sonne spürt man mit allen Sinnen, wenn ich an die Sonne denke, sehe ich eine von strahlendem Licht durchflutete Landschaft“... Brrrh!
Dabei kann er es ja. Das Buch ist unterteilt in die klassisch italienischen Kapitel Vorspeisen (warm und kalt), Pasta und Reis, Fisch und Meeresfrüchte, Fleischgerichte, Desserts, Grundrezepte. Rezeptiert in schön übersichtlichen Mengenangaben und mit Produkten, die sich in jedem Supermarkt finden lassen, auch wenn die feinen Aromen nicht zum Kauf von Supermarktware einladen. Ingwermousse zu Paprikagelee. Ein Tatar aus Tomaten und Datteln. Keniabohnen in Kamillengelee. Rote Bete mit Mohnbutter.
Selbst bei Pasta wird es zwischendurch interessant, wenn er regionale Spezialitäten wie die Genueser Trofie oder die apulischen Panzerotti vorstellt und sie modernisiert. Oder bei den hauchdünnen Kräuternudelstreifen den Trick erklärt, mit denen sie funktionieren, was sie in den meisten Rezepten eher nicht tun. Und bei den Füllungen mal alle klassischen Vorgaben beiseite lässt und Kopfsalatherz mit Trüffel oder Kalbskopf mit Hummerschere erdenkt.
Auch die Beilagen sind interessant und machbar. Kandierte Tomatenfilets beispielsweise, die zum Fisch passen, Perlgraupen mit Rucola in Fischfond (!), Haselnussnocken, Rote Bete mit Weißwein und mein Liebling dicke Bohnen, die Bumms bekommen mit Lammjus.
Ganz niedlich ist die Idee, gute Freunde und Meister um Rezepte zu bitten. Da kochen dann Größen wie Yannick Alléno und Claude Troisgros und liefert Ugo Crocamo, der aussieht, wie alle Männer aussehen sollten, jedenfalls wenigstens fünf Minuten in ihrem Leben, einen Pizzateig mit schwarzer Tinte.
Die Desserts sind handfest und ernsthaft und teilweise ganz zauberhaft, basierend auf italienischen Klassikern wie Kaffee, Zitrone, Mascarpone, Basilikum oder Orangenblüte. An Grundrezepte sind vorrangig überaus nützliche Fonds und Saucen aufgelistet.
Fazit: Herr Gamba sagt: „Essen ist Vertrauenssache – das ist genauso wie in der Liebe.“ Va bene, dottore. In fatti, va molto bene. Nur Italiener schaffen diese Gratwanderung zwischen Kitsch und Können. Der perfekte Aufheller nicht nur für die dunkle Jahreszeit.

Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.
gugetzer@kochmonster.dewww.kochmonster.de
Kalbsbacken mit Gemüse und geräuchertem Kartoffelstampf
Geschmorte Frischlingsbacke mit Kräuterkruste
Ibericofilet Wellington mit Majoranjus, Poweraden und Babyzucchini
Dekonstruierte Antipasti
Spanferkelhaxe; Aroma Süsskartoffel
Zweierlei vom Zicklein mit Schmorgemüse und Ziegenkäsekrusteln
Gänselebertiramisu mit Rhabarber und Mokkagelee
Karree und Leber vom Milchkitz und Spargeltarte mit Ibérico-Schinken
Lammcarrée in Zitruskruste mit Kichererbsenpüree und Ratatouille-Zylindern
Suprême und Strudel vom Fasan mit Traubenjus und Moscato-Weinkraut
Vertikaler Apfelstrudel
Weiße, grüne und rote Tomaten mit Rindertatargelee und San Daniele-Schinken
Das perfekte Gulasch
Die perfekte Ente
Die perfekte Lammkeule mit buntem Ratatouille
Gefüllte Schweinebrust mit geschmortem Endiviensalat und Weinbergschnecken
Ochsenschaufel
Rinderrippchen Bourguignon
Das perfekte Jägerschnitzel
Der perfekte Sauerbraten
Die perfekten Rinderrouladen
Geschmorte Zickleinkeule mit Schalotten und Artischocken
Glacierte Schweinefüße auf Rettichgemüse und gebackenen Kartoffeln
Mit Kräutern gefüllte Kalbsbrust in Rieslingsahne
Pastinaken-Kartoffel-Stampf mit Blutwurst
Tournedos Rossini mit Morcheln und Trüffeln
Wildschweinkarree mit Mangoldrouladen und Pastinakenmousseline
Zweierlei vom Milchkalb mit Fregola und getrockneten Tomaten