Vertikaler Apfelstrudel

Dessert für 4 Personen von Peter Wagner

Vertikaler Apfelstrudel

Ein Highend-Dessert, das Mut, Präzision und Geduld benötigt – allesamt Primärtugenden des ambitionierten Hobbykochens. Der Apfelstrudel, jene alpenländische Kalorientretmine, wird hier kurzerhand hochkant gestellt und auch sonst zugleich entschlackt wie gaumentechnisch zugespitzt – mit Eis vom zähflüssigen P.X.-Essig, federleichter Topfenmousse und einem im eigenen Apfelsaft geapfeltes Apfelragout.

 

Was sagen Sie? Wer sowas zubereitet, hat doch nicht mehr alle Äpfel an der Waffel? Volle Zustimmung: Statt schwerem Gewaffel gibt's hier ja auch nur hauchdünnen, knusprigen Strudelteig.

 

© 2009 kochtext
Vorbereitungszeit: 24 Stunden
Zubereitungszeit: 1 Stunde, 30 Minuten
Level: sous chef
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Strudel
1 Stück Strudelteig
1 EL Butter
Apfelragout
3 Stück Apfel, grün
2 EL Rohrzucker
1 Stück Sternanis
1 EL Butter
0,5 TL Zimt, frisch gerieben
3 EL Zitronensaft, frisch gepresst
3 EL Sultaninen
3 Stück Feigen, getrocknet, Bio
7 Stück Mandeln, gebrannt
50 ml Calvados
Eis
200 g Sahne
25 ml Calvados
2 TL P.X.-Essig
0,5 Stück Vanilleschote, ganz
Topfenmousse
200 g Topfen
50 ml Schlagsahne
25 g Puderzucker
0,5 Stück Vanilleschote, ganz
1 Stück Eier, Bio-Qualität
2 TL Amaretto
1 Stück Gelatine, Blätter, weiss
Weiße Schokomousse
100 g Schokolade, weiss
2 Stück Eier, Bio-Qualität
25 g Puderzucker
50 ml Schlagsahne

Wein-Tipp

Chivite Vendimia Tardía Colección 125

Jahrgang: 2005
Region: Spanien - Navarra - Navarra DO /
Rebsorte: Moscatel de Menudo
Geschmack: edelsüß mürbe
trinkreif ab sofort
lagerfähig bis: 2040
Trinktemperatur: 6-11 °C
Alkoholgehalt: 14,4 % vol.

Der Chivite Vendimia Tardía Colección 125 reiht sich in die vorhergegangenen Bewertungen ein als der beste Süßwein Spaniens. Er ähnelt einem Château Yquem, deutschen Eiswein oder kräftigen Tokajer.



Bester Weisswein Spaniens

 

Guia Penín: 95 Punkte für 2008

 

Guia Proensa: 99 Punkte für 2005

 

Guia Repsol: 92 Punkte für 2007

Musik-Tipp

Zwei angemessene Soundtracks zu den Apfeldrehern kommen von The Cure und Schiller. Während sich Robert Smith auf "4:13 Dream" (Geffen/Universal) zwischen seinen scheppernden Blechdosendelays und Kanalisationsechos endgültig in unerforschte Klanguniversen mesmerisiert, entführt Christopher von Deylen alias Schiller auf der Doppel-CD  "Sehnsucht/Live" (Sleeping Room/Universal) die Ohren auch in die selige Vergangenheit deutscher Elektropioniermusik: Endlich gibt es den Schiller-Remix " Liquid Coincidence Part 2" ­– Deylens Kooperation mit Klaus Schulze und Lisa Gerrard –in der magischen Langversion mit über einer halben Stunde Länge.

Zubereitung

Vorbereitung

Sahne fest schlagen, Eier trennen (die Eier werden roh verzehrt, daher unbedingt so frisch wie möglich einkaufen), Rohre in Baumarkt besorgen (siehe "Strudel"), Äpfel über Nacht marinieren.

Strudel

Je 3 übereinander gelegte Strudelblätter in 14 exakt gleich große Rechtecke von ca. 6x20 cm schneiden, mit zerlassener Butter einpinseln. Eisenrohr (oder Aluminiumröhre) von ca. 4 cm Durchmesser mit Backpapier fest einwickeln, Strudelteig nicht zu stramm darum wickeln. Es sollten 14 Bahnen mit ca. 5 mm Abstand zueinander gewickelt werden. Evtl. mehrere Röhren benutzen oder in mehreren Durchgängen backen. Strudelrohre aufgebockt in vorgeheizten Backofen stellen und bei 200 Grad (keine Umluft) ca. 8-10 Min. backen. Der Teig sollte goldbraun, aber nicht zu dunkel werden. Rohre entnehmen und die Strudelzylinder noch warm vorsichtig abziehen (sicherheitshalber mindestens zwei Zylinder mehr als benötigt vorbereiten - sie zerbrechen leicht). Zylinder aufrecht stehend aufbewahren.

Apfelragout

Am Vortag alle drei Äpfel schälen und entkernen. Einen Apfel entsaften, Saft zusammen mit dem Calvados und dem Sternanis 3 Min. leise köcheln lassen, auf Zimmertemperatur abkühlen, Anis entfernen. Restliche Äpfel in sehr kleine Würfel schneiden, kurz im Zitronensaft schwenken und dann zusammen mit den Sultaninen und den sehr klein geschnittenen Feigen über Nacht im Saft marinieren (am besten in einer Gefriertüte unter Luftabschluss im Kühlschrank).

20 Minuten vor dem Servieren Äpfel und Sultaninen im grobem Durchschlag abseihen, Saft auffangen. Saft auf die Hälfte einkochen lassen, Zucker hinzugeben, unter ständigem Rühren leicht karamellisieren lassen (darf nicht zu dunkel werden!). Vom Herd nehmen, Äpfel, Sultaninen, weiche Butter (zimmerwarm) und den Zimt unterheben, Mandeln im Mörser zerkleinern, unterheben, warm stellen.

Eis

Am Vortag das Vanilleeis leicht antauen lassen (zügig arbeiten, es darf nicht schmelzen!). Calvados, Vanille und Apfelessig gleichmäßig im Eis verrühren. P.X.-Essig (er ist dickflüssig), mit grober Gabel einziehen, so dass noch Adern zu sehen sind. Sofort wieder einfrieren. 20 Minuten vor dem Servieren vom Tiefkühlteil in den Kühlschrank stellen.

Topfenmousse

1 Eiweiss steif schlagen. 1 Eigelb mit dem Zucker ca. 3 Min. mit Mixer aufschäumen. Topfen, Amaretto, Vanille und die Hälfte der Sahne mit großem Löffel darunter heben. Die in Wasser aufgeweichte, ausgedrückte Gelatine unterrühren (Alternative für Vegetarier oder Molekularköche: 2 g vom  Kaltbinder Gelespesa), restliche Zutaten unterheben, Mousse kalt stellen.

Schokomousse

Von der Schokolade mit scharfer Reibe (Microplane) 2 El feine Flocken abreiben, den Rest langsam (im Wasserbad) schmelzen. 2 Eiweisse steif schlagen. 2 Eigelbe mit dem Zucker ca. 3 Min. mit Mixer aufschäumen, Schokolade leicht abkühlen lassen (sie darf max. 55° Grad warm sein) auf hoher Drehzahl einmixen. 4 El dieser Mischung als Sauce warm stellen. Beim Rest die Sahne und das geschlagene Eiweiss per Hand einrühren, etwas abkühlen lassen, Schokoflocken unterheben, kalt stellen.

Anrichten

Pro Teller je 1 Streifen Schokosauce mittig ziehen,  drei Strudelzylinder vertikal darauf stellen, jeweils zur Hälfte mit dem warmen Apfelragout füllen. Den Rest jeweils mit der Topfenmousse, der Schokomousse und einer Nocke Eis füllen. Nach Belieben ausdekorieren – z.B. mit Blüten, in Puderzucker panierte Beeren und Schokoladendekoration aus dem Konditoreifachhandel (notfalls beim Konditor nachfragen).

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de