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Nicht nur lebenswichtig für Jäger & Metztger: Vakuumiergerät

Mal die Luft rauslassen

 

Auf der Liste der wirklich wichtigen Küchengeräte stehen die Vakuumierer meistens irgendwo ganz hinten zwischen Tellerwärmeschublade und Sorbetiere. Ein großer Fehler, denn kaum ein Gerät verbessert Lagern und Zubereiten von Lebensmittel so erheblich wie der Luftrauslasser.

 

Wer sich in gut bestückten Restaurantküchen umblickt, wird dort nicht unbedingt superteure Boys Toys wie Paco Jets, Eismaschinen, Clarimaxen, Zuckerwattemaschinen oder RevoVACs finden. Ein Gerät aber steht überall, wo für Geld Essen zubereitet, Nahrungsmittel für Lagerung oder Verkauf vorbereitet, oder der soeben geangelte Fisch und die frisch geschossenen Rehkitz-Teile vor dem Verfall geschützt werden sollen: der Vakuumierer – eine Kombination aus Folienschweißer und Luftabsauger.

 

Interessanterweise findet sich so ein Teil auch in weitaus mehr privaten Kochhaushalten als man denkt. Meistens bekam der gastgebende Hobbyküchenchef so ein Gerät geschenkt, oder es wurde irgendwo gekauft, für 50, 60 Euro. Oder noch weniger. Dann hat man ein paar Mal damit Aufschnitt, Gemüse oder Fleisch für den Tiefkühler eingeschweißt, sich meistens ziemlich über die Kiste geärgert, bis sie schließlich hinten im rechten Küchenunterschrank ihr ungeliebtes Dasein fristete zwischen Dampfdrucktopf, Silberputzbad, Fritteuse und dem manuellen „Multihacker aus der TV-Werbung“.

 

 

 

Billiggeräte sind rausgeworfenes Geld

 

Dass diese Tools oftmals viel zu vorschnell den Weg allen Irdischen gehen müssen, liegt, mal wieder, am vermeintlich billigen Spontankauf. Eigentlich muss so eine Kiste ja nur zwei Dinge können: Luft aus einem Beutel heraus saugen und ihn mit Hilfe eines Heizdrahtes zuschweißen. So manches Gerät beherrscht noch nicht einmal eine dieser beiden Aufgaben – ein Trauerspiel. Die Pumpe ist zu schwach, läuft bei größeren Beuteln schon nach 30 Sekunden heiß, der Heizdraht muss sich drei Minuten lang abkühlen, die Luft strömt während des Zuschweißens in den Beutel zurück, oder – häufigster Grund der hohen Scheidungsraten bei diesem Spielzeug – die Naht ist nicht dicht. Die Folge: Gefrierbrand! Überall Schmodder! Frust!

 

Um ganz ehrlich zu sein: Mir ging es mit so einer Kiste vom Kaffeeröstershop vor zwei Jahren genau so. Erst jetzt, nach dem wochenlangen Test vernünftiger Vakuumierer weiß ich: wohl dem, der ein Gerät mit Flüssigkeitsabscheider und Vakuum-Stärkeregulierung hat. Und damit ist nicht der Drehknopf gemeint, der bei den Billigheimern nur die Dauer des Absaugens, nicht aber die Pumpenleistung reguliert – und ruckzuck ist schon wieder die Kiwi Matsch, die Sauce aufgesaugt und damit die Elektropumpe zerstört.

 

Wir testeten das Modell „Champion des Schweizer Herstellers Solis und zwei Geräte des oberschwäbischen Tüftlers Manfred Landig, der seit einiger Zeit mit seiner Firma „la.va“ den Vakuumierermarkt aufmischt. Während des Testes schweißten wir erfolgreich alles ein, was nicht bei Drei auf dem Baum war: harte Teigwaren, Getreideprodukte, Mehl, Reis, Zucker, Kartoffelchips, Gebäck, Tierfutter – allesamt nun perfekt vor Schimmelpilz- oder Mehlmottenbefall geschützt.

 

 

Dazu die üblichen Verdächtigen wie selbst gekochte Convenience- und Halbfertigprodukte (darunter auch die Vakuumierer-Schrecken Kalbsjus und Hühnerbrühe), rohes Fleisch & Gemüse zum Einfrieren oder „Sous-Vide“-Garen (siehe „Thermaliser“), Brot, Obst (bis hin zu empfindlichen geschälten Babybananen), sowie Produkte, die an der Luft sonst sofort oxidieren wie Schwarzwurzeln, Auberginen und Artischocken.

 

Allerdings zicken diese Geräte oft bei den billigen Gefriertüten aus dem Supermarkt. Macht nichts, denn die als Originalzubehör angebotenen speziellen, sehr festen Profi-Folienbeutel (120µ - 200µ Stärke) schützen die Lebensmittel umso besser, sind Hitze- wie Kälte-fest (aus dem Tiefkühler direkt in die Mikro...) und können auch von scharfkantigen rohen Teigwaren oder einem hervorstehenden Knochen wie bei Lammkronen, oder Stielkoteletts nicht durchstoßen werden.

Dreifache Haltbarkeit im Vakuum

 

Lebensmittel, die bei Zimmertemperatur gelagert werden, verdoppeln bis verdreifachen damit ihre Haltbarkeit: Brot bleibt bis zu 12 Tage frisch, Kaffee, Reis oder Kekse bis zu einem Jahr, und sogar ein angebrochener Rotwein, dessen Flasche wir mit dem Spezialverschluss und dem mitgelieferten Saugschlauch des la.va V.100 Premium vakuumierten, schmeckte nach drei Wochen noch exakt so wie frisch entkorkt.

 

Der „Champion“ kommt ebenfalls mit Schlauchkit, hat aber die Nase beim individuellen Verpacken mit Folie vorn – er bringt ein Folienfach und eine Schneidevorrichtung mit. Interessant ist das auch für randständige Vakuumiercharaktere, die gern mal Omas Silberbesteck mittels Vakuum vor dem Anlaufen schützen, Streichhölzer und Erste-Hilfe-Set für den Campingurlaub trocken halten, die Zigarren vor trockener Kabinenluft beim Langstreckenflug bewahren – oder sogar eine frische Short plus T-Shirt, Autoschlüssel und Geldbörse einschweißen, die dann trocken und ohne Falten den Kitesurf-Trip zur nächsten Insel oder den Motorradausflug mit Starkregenüberraschung überleben.

 

All das können die beiden anderen Geräte natürlich auch – von der halbvollen Farbdose, die nicht eintrocknet bis zum sündhaft teurem Walnussöl, das, wenn man es Monate nach dem Anbrechen zum zweiten Mal braucht, sonst garantiert ranzig geworden wäre. Vorteil der la.va-Technik: herausnehmbare Flüssigkeitsabscheider (hier fließt nichts in die Pumpe) und satte -0,9 bar Unterdruck. Der V.100 Premium bringt dazu eine zweifache Verschweißung ins Rennen.

 

 

Der edel-schicke, mit verchromten und glanzschwarzen Flächen auch in den feinsten Designerküchen eine gute Figur machende V.333® Black-Edition verschweißt als Bentley unter den Vakuumierern sogar synchron mit drei Nähten, dies klaglos bis zu 1.000 Mal nacheinander ohne Abkühlzwang, und auf Wunsch vollautomatisch, aber stets mit einem geeichten Manometer zur Anzeige des aktuellen Unterdrucks.

 

 

Das gibt Sicherheit besonders bei empfindlichen Lebensmitteln, die mitgelieferten Spezialbeutel und -Folien eigneten sich perfekt auch für Sous Vide (via Klebedichtung auch mit durchgestoßenem Kerntemperaturfühler), Turbo-Marinieren (Sauerbraten-Marinaden ziehen im Vakuum über Nacht etwa dreifach so tief ins Fleisch ein wie sonst im Kühlschrank in vier Tagen) – und das extra starke Vakuum verschließt mittels Schlauch und Zubehördosen nicht nur Einmachgläser, Töpfe oder Gastronorm-Großbehälter, sondern boostet auch die Haltbarkeit des Eingeschweißten in ungeahnte Größenordnungen: Parmesan am Stück hält sich neben den rohen Gemüsen (bis zu 20 Tage) im Kühlschrank locker zwei Monate, Fleisch, Fisch, Geflügel und Gemüse bei -18 Grad im Tiefkühler sogar etwas über zwei Jahre.

 

Deshalb Ärmel hoch: Es gibt viel zu tun – schweißen wir’s ein!

 

Kochmonster-Rezepte mit Vakuumierer:

 

Dreierlei von der Schwarzwurzel mit confiertem Saibling und Estragon-Orangen-Beurre

 

 

Salmis von Fasanenbrust mit Wacholder, Süsskartoffeln und schwarzen Nüssen

 

 

Seeigel mit Wakame-Popcorn, Gewürzfenchelspitzen und Barbecuesauce

 

 

Pochiertes Entenstopfleberparfait mit Apfel-Anis-Gelee, Kaisergranat mit karamellisierter Grapefruit

 

 

Das Marathon-Lamm

 

 

Gepökelte Lammzunge mit Ziegenmilch-Béchamel, Kohlrabi, Erbsen in Limettenfond und roter Taubnessel

Vakuum-Infos

 

Was ist das?

Geräte, mit denen sämtliche Lebensmittel unter Luftabschluss im Vakuumbeutel eingeschweißt werden können – zum Einfrieren, extra lange Lagern, Marinieren oder für Zubereitungsmethoden bei niedrigeren Temperaturen („Sous Vide“-Niedrigtemperaturgaren).

 

Wer braucht das?

Selbstversorger, Gartenfreaks und Ferienwohnungsbesitzer haben, ebenso wie Angler, Jäger oder Selberwurster, längst ihre leistungsstarken Vakuumierer. Doch auch jeder Intensivkocher stößt bei Lagerung und Zubereitung fast aller Speisen hiermit in neue Höhen vor.

 

Wer braucht das nicht?

Alle, die einmal pro Woche einen Gefrierbeutel mit dem Mund aussaugen, zuknoten und in ihr kleines Eisfach stopfen.

 

Alternativen?

Bei häufiger Nutzung (mehrmals pro Woche) gibt es keine Alternative zu den Semiprofi-Geräten.

 

Infos

Vakuumierer mit mehreren Schweißnähten; z.B. Hersteller: la.va; Modell: V.100 Premium (2 Nähte); Preis: 299 €. la.va V.333® Black-Edition (3 Nähte); 649 €; Tel: 07581/48 959-0.

 

 

TIPP:Dieser Originaltext von Peter Wagner erschien auch in der Männerkochzeitschrift Beef!, die eigentlich jeder ernsthaft kochende Mann abonniert haben sollte.