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Mission Sous Vide: Feuerwehrkoch Björn Horstmann testet den Thermaliser

 

Die zarteste Versuchung

„Sous Vide für alle“ – mit diesem Claim verspricht der Baden Badener Küchengerätehersteller Domnick, das Garpunkt-Hochseiltanzen der Sterneköche, für das Geräte ab 2.000 Euro benötigt werden, in die häusliche Kochumgebung zu transportieren. „Essen & Trinken“ und der „Feinschmecker“ singen in ihren aktuellen Ausgaben Lobeshymnen auf die Badenser Wasserbäder unter 1.000 Euro – Kochmonster testete das 10-Liter-Gerät zum Garen von Fleisch, Fisch oder Gemüsen im Vakuumbeutel (sous vide – ohne Luft) im möglichst gleichmäßig temperierten Wasser über Wochen mit zwei Teams und kommt zu einer etwas differenzierteren Einschätzung.

 

 

Für Kochmonster arbeiteten über mehrere Wochen zwei Teams mit dem „Gourmet-Thermaliser Domnick Ariane“ (980 Euro) – das „Team Feuerwehr“ und das „Team Kochmonster“. Björn Horstmann, Hamburger TV-Koch, der in seinem Hauptberuf als Feuerwehrmann regelmäßig für seine Kollegen auf der Wache kocht und in Kürze das gemeinsam mit Kochmonster-Mitarbeiterin Gabriele Gugetzer geschriebene Feuerwehrkochbuch „Kochen mit Feuer und Flamme“ veröffentlicht, leitete das Feuerwehrteam, Peter Wagner das Kochmonster-Team.

 

Björn Horstmann kochte u.a. diese vier Gerichte mit dem Thermaliser: Kalbsfilet, Rinderfilet, Schweinekotelettes und Entrecotes (Fleisch bei Start allesamt auf Zimmertemperatur) mit Kerntemperaturen zwischen 58° (Rind/Kalb) und 63° (Schwein), die bei 65° Wasser nach 30-50 Minuten erreicht wurden (abhängig von der Fleischdicke). So perfekt die Stücke gegart waren – problematisch verliefen alle Versuche, den Fleischteilen noch etwas Bräunungsaroma zu verleihen. Beim Sous Vide Garen entstehen keine Maillardreaktionen und deshalb kein Röstaroma, das man deshalb entweder durch Vor- oder Nachbraten hinzufügen muss.

 

Brauchbar war das Ergebnis beim Nachbraten des dicken Entrecotes in der Pfanne – mit kaum einer anderen Methode lassen sich derart saftige und zugleich angekrosste Steaks mit gleichmäßiger (also nicht von grau nach rot verlaufender) Medium-Garung erreichen. Ein vergleichbares ebenmäßiges Rosa quer durch ein ganzes Steak hatten wir bislang nur bei Zubereitung in amerikanischen 800-Grad-Öfen gesehen.

Saftiges Kalb, trockenes Schwein

 

Das Kalb wurde vor dem Einschweissen kurz hart angebräunt, doch von dem Röstaroma blieb nach dem Sous Vide Bad fast nichts übrig. Noch schwächer geriet das Rinderfilet, das einmal in der Pfanne nachgebraten (und dabei erstaunlich zäh endete) und beim zweiten Versuch mit einem Bunsenbrenner gebräunt wurde – was die Feuerwehrjungs vom Aroma her aber zu sehr an einige ihrer schwersten Einsätze erinnerte. Ganz daneben ging das Nachbraten des Schweinekoteletts, was aber auch an der evtl. zu hohen Kerntemperatur vor dem Braten liegen könnte.

 

Probleme hatte Björn Horstmann weniger wegen der Bedienung („Supereinfach, nur Zieltemperatur einstellen und los geht’s“), sondern mit der mitgelieferten Klebedichtung für den Temperaturfühler, der ja durch die das Gargut umgebende Folie eingestochen werden muss: „Trotz der Gummidichtung wurde die Einstichstelle des Thermometers nach 30 bis 50 Minuten undicht, das Vakuum ging verloren, Wasser drang ans Gargut, obwohl wir die Original-Vakuumierfolien benutzt hatten“.

Tournedos Rossini aus dem Wasserbad

 

 

Das Kochmonster-Team bereitete einen Sauerbraten, eine Lammkeule mit Knochen, sowie Tournedos Rossini aus Kalbsfiletmedaillons zu – also zwei typische Schmorgerichte und ein Kurzbratstück. In allen drei Fällen wurden die Fleischstücke nicht eingeschweisst, sondern nacheinander in zwei große Gefrier-Plastiktüten verknotet.

 

Probleme mit den Gummidichtungen gab es hier nicht, sogar die große Lammkeule blieb nach 9 Stunden Garzeit einwandfrei verpackt (Tipp: Thermofühler nicht zu nah an den Knochen stechen, denn dort herrscht wegen der besseren Wärmeleitfähigkeit des Knochens stets eine höhere Fleischtemperatur als in anderen Bereichen des Bratens).

 

 

Das Lamm hatten wir vor- und nachgebraten (Pfanne/Salamander), den Sauerbraten nach dem Garen kurz abgegrillt und die Tournedos (bereits bardiert Sous Vide gegart) nach dem Auspacken erst kurz in der Pfanne an den Rändern den Bardierspeck gekrosst und dann 1 Min. mit der Foie Gras-Scheibe obenauf unter den Salamander gestellt. Serviervorschlag:

 

 

Alle drei Gerichte wiesen eine perfekte Fleischkonsistenz auf, wie sie mit anderen Methoden nur schwer erreichbar sind. Vor allem das Lamm bekam eine ungeahnte Zartheit. Der Sauerbraten dagegen litt daran, dass die Sauce getrennt aus der Beutelflüssigkeit nach dem Sous Vide Garen gekocht werden musste – da fehlten die Maillard-Aromen, die sich beim herkömmlichen Schmoren im Backofen entwickeln.

 

Lebensfremd empfand das Feuerwehr-Team die Tatsache, dass sich das Wasser (immerhin 10 Liter) des Thermalisers nicht in einer herausnehmbaren Wanne befindet: „Dummerweise muss man zum Entleeren das komplette, ziemlich unhandliche Gerät mit zehn Kilo Wasser herum heben – das wäre mit einer extra Wasserwanne einfacher gewesen. Natürlich muss man das Wasser nur selten wechseln, weil es ja nicht mit dem Gargut in Berührung kommt. Normalerweise. Aber wenn sich der Dichtungsgummi des Thermometers ablöst, dringt auch Marinade ins Kochwasser, und dann muss es gewechselt werden.“


Alternativ kann der Wasserbehälter auch mit einem kleineren Topf nach und nach entleert werden, aber auch das braucht seine Zeit und ist eher unpraktisch.

Beschleunigung wie eine Nacktschnecke

 

Beide Teams bemängelten, dass das Gerät zum Messen der aktuellen Wassertemperatur zu lange braucht. Füllt man es z.B. mit heißem Wasser von ca. 65°, zählt der Thermometer langsam hoch und zeigt erst nach ca. 10 Minuten die Ist-Temperatur. Und dabei funktioniert diese Methode sogar schneller als der Aufheizvorgang des Thermalisers, der schon mal 30-40 Minuten dauert, bis 20° kaltes Leitungswasser auf 65° erwärmt ist. Vorteil dieser Trägheit ist natürlich das spätere exakte Halten der Temperatur – der Hauptgrund, sich so ein Teil anzuschaffen.

 

 

 

 

Die Schwankungsbreite der Wassertemperatur maßen wir mit +/- 0,2 Grad – ein hervorragender Wert, vor allem, wenn bei empfindlichen Fischfilets exakte Temperaturen benötigt werden.

 

 

Fazit des Feuerwehrteams: „Auf der Wache hätten wir zwar Platz für das Gerät, aber nicht die Zeit, in mehreren Durchgängen das Fleisch zu garen. Wir brauchen immer 30 Portionen – und das sind echte Männerportionen, so viele passen gar nicht in dieses Wasserbad. Ein größeres Gerät aber könnte bei uns absolut Sinn machen, weil man dann zusätzlich vitaminreich Sous Vide gegartes Gemüse machen kann und sich das Fleisch gut vorbereiten und bei z.B. 58° auch ein paar Stunden halten lässt, wenn ein Einsatz dazwischen kommt. Nach dem Einsatz ballern wir das Fleisch, das ja mit Marinade gut gewürzt ist, kurz auf den Schwenkgrill – und gut iss’.“

 

Fazit des Kochmonster-Teams: Während die Jungs von der Wache eher das große Gerät "Sophie" mit 15 Liter Wasserbad (1.380 Euro) statt der getesteten „Ariane“ (10 Liter/980 Euro) brauchen könnten, würden wir für den normalen Haushalt, in dem selten mehr als vier bis sechs Portionen gekocht werden, eher die kleinste Version („Emily“; 690 Euro) mit 5 Liter und den nicht ganz so raumgreifenden Maßen 21x47x25 cm empfehlen. Alle Geräte sehen ziemlich hässlich nach Großküche aus, allerdings kann man gegen Aufpreis (75 Euro) die Kiste farbig lackieren lassen – 200 RAL-Farbtöne stehen zur Wahl.

 

Preislich liegt die Domnick „Ariane“ auf den ersten Blick etwas günstiger als die Konkurrenz von Roner (Profi-Wasserbad „mcc SV12e sousvide Bad“) mit 1.151 Euro. Allerdings kommt das „mcc SVP12 sousvide Bad“ von Roner bei 12 Liter Wannengröße dagegen mit 920,47 Euro günstiger als die Ariane“, schwankt aber um +/- 1,0 Grad. Die Roner-Geräte haben allerdings keinen Anschluss für den Kerntemperaturfühler, hier muss man sich also ein externes Gerät kaufen, die es aber in guter Qualität schon ab 25 Euro gibt. So elegant integrierte Kerntemperaturmessung/Anzeige wie beim Domnick findet sich bei Roner erst in der 20-Liter-Profiklasse der "Compact"-Serie ab 2.047 Euro.

 

Happig fanden beide Teams dennoch, dass auch Domnick 110 Euro für einen einfachen Temperaturfühler mit Klinkenstecker (gefühlter Materialwert: keine 10 Euro) verlangt, ohne den ja die integrierte Messfunktion für die Kerntemperatur nicht genutzt werden kann.

 

Letztlich ist alles also eine Frage des Platzes in der Küche oder Hauswirtschaftsraum. Wer Highend auf der Oberkante des Machbaren zum Beispiel Edelfischfilets in Dreisterne-Qualität zubereiten will, kommt um ein Sous Vide Gerät mit 0,1 Grad Genauigkeit nicht herum, weil die Top-Chefs hierfür immer extrem hart an die Eiweissgerinnungsgrenze heranfahren, sie aber nie überschreiten.

 

Otto Normalniedrigtemperaturkocher mit dem Drang zum häufigen Sous Vide Garen (1-2 Mal pro Woche), die regelmäßig eher für zwei als für vier Personen kochen, sind mit den 690 Euro für die Domnick „Emily“ bestens bedient (das vergleichbare 5-Liter-Basisgerät Roner "mcc SVP5 sousvide Bad" kostet 846 Euro). Wer dagegen nur alle paar Monate mal Sous Vide kochen will braucht außer einem guten Backofen nichts weiter: statt Vakuumierer wird das Gargut in zwei Gefriertüten geknotet und mit möglichst viel Wasser im Backofen gegart – Versuche mit einem 15-Liter-Topf und Fleischthermometer ergaben bei 68 Grad Wassertemperatur auch nur 0,8 Grad Schwankungsbreite.