Peter Maria Schnurr

Cusine passion légère

kochbuch

Cusine passion légère
Peter Maria Schnurr:
"Cusine passion légère"
Erscheinungsjahr: 2011
648 Seiten
150 Rezepte
139,00 EURO
ISBN: 978-3-87515-059-9

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Cusine passion légère Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Peter Maria Schnurr, einst enfant terrible der Kochszene, hat sich zu einem respektablen Koch gemausert, der mit seinem Leipziger Restaurant Falco in der Mitteldeutschen Gourmetszene Akzente gesetzt hat. Mit seinem neuen Kochbuch aber hat er sich etwas verhoben. Nicht nur nur, weil es über fünf Kilo wiegt.

 

Die schrill bunten Haare sind der natürlichen Lockenpracht gewichen, hinter dem sympathischen Lausbubengesicht steckt ein eloquenter Koch, der genau weiß, was er will und das auch unverblümt kommuniziert. Bei der Wahl seines ersten großen Kochbuches (davor erschien in der Köchebibliothek der Süddeutschen Zeitung ein kleinerer Band über P.M. Schnurr) scheint er sich allerdings verhoben zu haben. Zwar kommt das unhandliche Querformat sicher seinem Querdenken zu passe, doch ein Kochbuch im unpraktischen Format, das stolze 5 Kilo auf die Waage bringt, ist selbst für den wohlgesonnenen Leser schwer zu stemmen.

 

Auch wenn Schnurrs Machwerk nicht als Lektüre für den Strandurlaub konzipiert ist: die Lesefreundlichkeit liegt auch für Stehpultbesitzer gleich null. Da scheint der flotte und verheißungsfrohe Untertitel des Buches „cuisine passion légère“, der gleichzeitig das Koch-Motto von Schnurr umschreibt, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Denn was Peter Maria Schnurr seinen Lesern an Rezepten, eingeteilt in monatliche Menükarten, anbietet, verlang zwar jede Menge Passion, ist aber alles andere als leichte Kost. Eine solide Grundausbildung in der Sterne-Küche kann nicht schaden, um allein den Duktus der Rezepte zu verstehen.

 

Wer als ambitionierter Laie Schnurr Kreationen auch nur ansatzweise nachkochen möchte, sollte sich schleunigst Pacojet , Dehydrator, Isl-Siphon und Thermomix zulegen und sich schlau machen, in welchen Lebensmittelladen seiner Wahl er Zutaten wie Kalamanismark, Xanthazoon, Kaffirlimettenblätter, Champagneressig, Malto und Kakaonibs kaufen kann.

 

Pariertes Bisonfilet, Schweinebauch vom Bigorre Schwein und Kalbsherzbries mag es ja noch beim gut sortierten Metzger um die Ecke geben. Geangelter Müritz-Zander, Wildheilbutt, Bretonische Langustinen royal und Bastardmakrele gehören nicht unbedingt zum Standardprogramm bundesdeutscher Fischläden. Sei’s drum, was Schnurr aus Produkten und Zutaten anrichtet, ist kreativ und manchmal richtig abgefahren wie etwa Petersilien Haferflocken mit Nougat, Zitronen-Mayonnaise und Avocado Bananen Eiscreme, Blauflossen-Thun mit Entenstopfleber und Trüffeln oder Wachtel mit Ochsenmark und Vitamin C.

 

Wie diese Meisterwerke zustande kommen, ist knapp und durchaus verständlich aufgeschrieben, steht aber auch nicht im Ansatz im Kontext zu dem handwerklichen Können, das sich dahinter verbirgt. Auch die Foodfotografie von Ralf Müller hechelt dem hohen Anspruch von Peter Maria Schurr hinterher und bietet altbekannte Standardblicke vor düsterem Hintergrund auf die Schnurr-Kreationen, ohne jemals dessen durchaus spannenden Arrangements abseits der ausgetretenen Bildpfade gekonnt in Szene zu setzen. Wer mit Schatten spielen möchte, muss das Licht beherrschen.

 

Fazit: Für den normalen Küchengebrauch ist das Buch untauglich, als Inspirationsquelle für Grands Chef und zum Staunen der Kollegen ist es dagegen durchaus interessant. Ein letztes Wort: Besonders gefallen hat uns das Schnurr-Zitat aus Seite 361: „...wenn auf der Toilette keine Ersatzrolle ist...dann kannst alles vergessen! Alles zählt. Alles!“ Genau so ist es, lieber Peter Maria Schnurr.

 

 


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Rezensent

Thierry Becker

Thierry Becker

Thierry Becker stammt aus dem Mutterland der Gourmets, dem Elsass, lebt aber seit vielen Jahren in Stuttgart. Als Planer und Berater für Spezial-Lösungen im Bereich Maschinenbau ist er viel unterwegs – und wann immer es sich ergibt, versucht er bei seinen Dienstreisen in den besten Häusern der jeweiligen Orte zu essen. Zum Kochen kommt er nur an höchstens zwei Wochenenden im Monat, dann aber richtig: "Ich arbeite mich am Liebsten an vertrackten Rezepten von Sterneköchen ab".

thierry_becker@kochmonster.de