Simon Taxacher

Aroma und Textur

kochbuch

Aroma und Textur
Simon Taxacher:
"Aroma und Textur"
Erscheinungsjahr: 2008
232 Seiten
188 Rezepte
58,00 EURO
ISBN: 978-3-86538-635-2

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Aroma und Textur Bewertung: 2 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

„Almost anything tastes better on a stick“ philosophierte Cameron Diaz im überraschend netten Film „Verrückt nach Mary“. Die süsse Dame schicken wir doch in die Kitzbühler Alpen, zu Simon Taxacher. Der hat dort für seinen „Rosengarten“ frisch den zweiten Stern eingefahren. Und er kann nicht nur viel, sondern steckt auch gern auf Stöckchen.

 

Ganz im Gegensatz zum Leser  on Taxachers "Aromen und Textur" – der geht am Ende am Stock. Sicher, ein gewisses Grundwissen darf vorausgesetzt werden in dieser Sterne- und Haubenklasse. Doch kurze Erklärungen bei Produkten wie Jambon noir de Bigorre, Currykraut, Pistazienmark – und auf diesem Zutatenlevel bewegen sich die Rezepte – das täte doch nicht weh. Man muss es halt tun.

 

Doch das ist beileibe nicht die einzige Schwäche des Buches. Die Rezepte wirken so gut wie unlektoriert. Zutaten erscheinen zum Beispiel nicht unbedingt in der Reihenfolge, in der sie verwendet werden. Das ist keine Aufgabe für den Cheflektor, sondern für die Praktikantin. Man muss es halt tun.

Wie viel ist wenig?

 

Noch schlimmer: Zutaten fehlen. Womit wird die Wildkaninchenkeule gewürzt? Und selbst wenn nur „wenig“ Olivenöl zum Anschwitzen von immerhin 8 ausgebrochenen Langostinos und 2 Schalotten verwendet wird, würde man schon gerne wissen, meinetwegen auch als philosophische Frage, wie viel hier denn "wenig" ist.

 

Manche Grundrezepte wirken ohne Verstand runtergehauen. Oder reicht es plötzlich aus, bei einem  Artischocken-Nuss-Salat zu schreiben, dass 1 bissfeste gegarte Artischocke mit Sellerie- und Möhrenwürfeln und 1 TL Walnussöl vermengt wird? Wann kommen die Blätter der Artischocke ab, wird sie auch gewürfelt... well, you get my drift, würden meine Pussycats sagen. Oder eher schnurren.

 

Denn: Was es zu verkosten gäbe, wenn das Rezept klappt, das ist immer köstlich. Marzipan-Gewürz-Creme mit Thymianblättchen, Sternanis und Grand Marnier. Soufflierter Crêpe mit Gazpacho und Gelee von exotischen Früchten. Marille geschmort in Verveine mit gebackenem Beignet und Rosenblütenöl. Und das sind nur einige Nachspeisen.

 

Auch die Hauptgerichte sind überaus fein. Zum gebackenen Hecht reicht Taxacher ein Ragout vom geräucherten Schweinefuss. Zander kombiniert er mit Savarin vom Hokkaidokürbis.  Zum Hirschkalbsrücken serviert er einen Feigen-Kichererbsen-Gâteau. Dass dieses Küchlein mit Gänseleber zusammengebaut wird, steht nicht im Rezepttitel. Schade, schreckt diese Zutat doch mehr Frauen ab, als Männer vielleicht ahnen.

 

Zwischen den Rezeptstrecken gibt es Lesestücke über die jeweiligen Lieferanten. Simon Taxacher setzt auf Regionalität, liefert eine Warenkunde zu Kaviar, porträtiert seinen elsässischen Stopfleberlieferanten, seinen Obsthändler auf dem Münchner Viktualienmarkt und seinen Fischhändler Heinz Kurz, der neben ihm viele Münchner und sogar Hamburger Sternerestaurants beliefert.

 

 

Zwischendurch zieht Taxacher die Gerichte in die Länge, ein bisschen was von der Mechanik eines schwarzen Lochs hat das. Bei ihm im Restaurant kommen solche Tricks sicherlich besser zur Geltung als auf den Foodfotos, die seltsam flau wirken und Taxachers Kunstwerke zu oft  lieblos auf einer Schieferplatte angerichtet zeigen. Viele der Fotos wirken überpixelt und verrauscht, noch dazu sind oft die wesentlichen Komponenten des angerichteten Tellers unscharf und eine eher nebensächliche Beilage dafür im (Auto)Fokus. Die Optik wie überhaupt das ganze Buch mit seinen elenden kleinen Schwächen und insgesamt sehr holprigen Sprache wird den Kochkünsten Taxachers nicht gerecht.

 

Junge Profiköche können sich von dieser mediterran-modernen Küche sicherlich wunderbar inspirieren lassen. Wer keine lupenreine Kochausbildung besitzt, dürfte sich hier schwerer tun. Es wird enormes Grundwissen vorausgesetzt und überdies eigentlich eine vollständig ausgerüstete Restaurantküche mit Brigade, wo sich immer jemand findet, der mal schnell Mandelmilch zubereitet (ohne Rezept!), daran denkt, die Kalbszunge (die im Rezept zwischendurch auch mal "Kalbskopf" heisst???) sechs Stunden zu wässern und Schalotten, Möhren oder Champignons in 50-g-Einheiten vorzuschnippeln. 

 

Fazit: Uneven und heillos überteuert, würden die Kätzchen sagen. Ich stimme ihnen zu. 

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Rezensent

Jo Limmer

Jo Limmer

Jo Limmer sucht noch immer nach einem aufgelassenen Pfarrhaus. Die Pussycat Dolls hat er zugunsten von Mareille aufgegeben. Aktuell verdient er sein Geld in München als Versicherer von Versicherern. 

limmer@kochmonster.de
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