Sascha Basler, Bianka Habermann

Curry Queen – Rezepte aus dem Wurstrestaurant

kochbuch

Curry Queen – Rezepte aus dem Wurstrestaurant
Sascha Basler, Bianka Habermann:
"Curry Queen – Rezepte aus dem Wurstrestaurant"
Erscheinungsjahr: 2010
224 Seiten
59 Rezepte
19,95 EURO
ISBN: 978-3941378865

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Curry Queen – Rezepte aus dem Wurstrestaurant Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

 

Wenig Speisen halten einen derart breiten soziodemographischen Spagat aus wie die Currywurst: vom Gerüstbauer-Snack über  die „Luxese“, jener hippen Verbindung aus Luxus und Askese, die in den frühen 1990er Jahren in prolligen Protzereien wie „Currywurst mit Blattgold und Champagner“ hervorbrachte – bis hin zu Exkanzler Schröder, dessen Hillu-Ehe auch an der Currypommesverweigerung der Gattin scheiterte. Sascha Basler und Bianka Habermann, zwei Hamburger Highend-Kochschaffende, haben mit ihrem Edelwurstrestaurant „Curry Queen“ erstmals einen Imbiss-Eintrag im „Gault Millau“ ergattert. Höchste Zeit also für das amtliche Buch für die Wurst von Welt.

 

 

Für Sascha Basler, der in den 1990er Jahren als Musikmanager für Labels wie Urban oder Orbit die Techno-Bewegung der breiten Plattenkäufermasse nahe brachte und später bei der Musikfirma Königskinder zusammen mit Bianka Habermann und Ex-Virgin-Records-Mann Udo Lange musikalische Kleinperlen aus dem Ozean der Talente herauftauchen wollte, geht es seit 2007 richtig um die Wurst. Und nur um die Wurst.

 

Denn Basler und Habermann, beide seit jeher Feinschmecker, Highend-Hobbykoch und Gewinner einiger internationaler Kochwettbewerbe, haben sich der Gourmetisierung der Currywurst verschrieben. In ihrem stylischen Imbiss in Hamburg-Eppendorf testen sie täglich neue Zutaten, Beilagen und geheime Ingredienzien, mit denen sie irgendwann ganz Deutschland mit Franchise-Filialen ihres Konzeptes Curry Queen überziehen wollen. Es geht voran: Im Herbst 2010 eröffneten sie die Filiale Curry Queen "DELI" im Hamburger Zippelhaus und der Uni-Mensa in Karsruhe.

 

Was Basler und Habermann seit drei Jahren verwursten, gab auch den Impuls für das Buch „Curry Queen – Rezepte aus dem Wurstrestaurant“. Pommes sind zwar nach wie vor verpönt (Basler: „Die Gäste sollen nach ihrem Business-Lunch nicht wie ein Eimer Frittenfett riechen“), dafür wird zur Bio-Kalbswurst (alternativ Salsicca Toskana, Salzwiesenlammwurst, Bisonbüffelwurst oder für Vegetarier gar eine Currywurst aus Zyperns Nationalkäse Halloumi) feiner Pesto-Kartoffelsalat oder Blattsalate mit Hibiskus-Dressing gereicht – stets kombiniert mit der eigenen Ketchup-Marke, Wein u.a. von Yello-Sänger von Dieter Meier und einer großen Curry-Auswahl von Deutschlands Gewürzpapst Ingo Holland.

 

 

Letzterer schrieb das Vorwort des Buches, unterstützt von weiteren Texten aus berufener Feder: Wolfgang Otto, mit seiner Firma Otto-Gourmet Fleischlieferant der Mehrsterneköche erklärt, wie man gutes Fleisch von schlechtem unterscheiden kann, und Hendrik Thoma, Deutschlands einziger geprüfter Mastersommelier wagt sich auf mehreren Seiten an das prekäre Thema „Wine&Wurst-Pairing“.

 

Zwischen Vorwort und dem auch durch ein hervorragendes Glossar&Register glänzenden Buchende aber stehen die Rezepte. Und die sind, vorsichtig gesagt, der Knaller. Normalwurstessern fällt vielleicht noch Thüringer und Polnische als Unterscheidung ein, flankiert von Pommes rot, weiß oder rotweiß.

 

Basler/Habermann dagegen komponieren die Wurstsinfonie in 59 Sätzen: Da gibt es Vorspeisen wie „Gegrillte Pata Negra Chorizo mit Orangen-Fenchel-Salat“ oder „Merguez mit Mandel-Dattel-Couscous und Minzjoghurt“, Regionalhämmer wie „Labskaus von der Blutwurst“ oder „Krüstchen von der Wollwurst mit BabyspinatKalbsjus und schwarzen Trüffeln“ bis hin zur globalisierten Weltwurst wie „Kaninchenbratwurst mit Thymian-Vanille-Jus & Hummer-Möhren“ oder „Saucission in Beaujolais mit Schalotten“.

 

„What A Wurst!“ würde Helge Schneider sagen.

 

Die Rezepte sind raffiniert und durch den Online-Vertrieb der wichtigsten Wurstsorten und Zutaten bequem nachkochbar – bis hin zum sechsgängigen Wurstmenü. Zu gespreizt? Ein paar Rezept-Drehs sind tatsächlich leicht gestrig wie die ausgelutschte Fenchel-Orangen-Kombination, die leidige Vanillenote im herzhaften Milieu, die Berechenbarkeit von Erbsen&Minze im arabischen Geschmacksumfeld oder gewollt Wildes wie „Garnelenwürstchen mit Chorizoschaum, Paprikajus und Safrankartoffeln“.

 

Doch das alles ist letztlich Auslegungssache. Basler/Habermann bleiben stets souverän, ohne dabei in den Rezepten das neckische Augenzwinkern ihrer – der rheinischen Herkunft geschuldeten – World Wide Wurst-Eroberungsstategie zu vergessen.

 

Fazit: Ein Muss für alle ambitionierten Hobbyköche, denen nicht alles Wurst ist. Die Curryköniginnen Sascha Basler und Bianca Habermann beweisen in Konzept, Rezept und Foto (vom Kölner Klaus Arras modern und licht in Szene gesetzt), wie breit das scheinbar simple Wurstthema diversifizierbar ist. Sogar Kollege Jürgen Dollase, der lieber verhungern würde als eine Wurst aus regulärer Imbissfettpresse zu essen, ging in die Knie: „God save the Curry Queen!“

 

 

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Rezensent

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

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