"Tapa" hiess eigentlich der Deckel, der Fliegen vom Absturz ins Sherryglas bewahrte. Anfangs war das eine Scheibe Weissbrot, dann wurde es ein Plastiktellerchen, auf dem einige Oliven und Scheiben Chorizo dekoriert waren, um die Trinker nach dem dritten Sherry vor ihrem eigenen Absturz zu bewahren.

 

Mittlerweile ist aus der tapa eine ganze Nasch-Industrie geworden. Kein Wunder, denn Sherry harmoniert mit überraschend viel Vorspeisen und Knabberkram und hat wie andere Umami-Aromen ebenfalls den eingebauten Suchtfaktor... den kennen Sie von Parmesan und Sojasauce.

 

Joanna Farrow, die mit der Verlässlichkeit einer Sonnenuhr immer wieder ordentliche Kochbücher abliefert (zum Beispiel "Fleisch"), hat sich nun den Tapas gewidmet. Im bewährten Hochformat, in den Mengenmaßen bewährt dusselig transkribiert (25 g Essiggurken stehen im gleichen Rezept wie 250 g Blätterteig, nur mal als ein Beispiel) und bewährt lecker.

 

Und praktisch. Tapas gelten nicht umsonst als die Delikatesse, an die sich auch absolute Anfänger trauen dürfen. Die bekommen deshalb auf zehn Seiten eine ordentliche Einführung, Küchentechniken inklusive.

 

Danach geht es einfach los, aber das macht nix, wenn man so die 25-Jährigen zum Kochen kriegt. Feigen im Schinkenmantel, selbst gemachte Salzmandeln, Ziegenkäse in Estragondressing, die spanische Variante der südfranzösischen Olivenpaste tapénade... auf diese Weise lernen Nachwuchsgaumen in 3 Minuten und quasi spielend, wie erstklassig salzig, süss und kräuterig zusammenpassen.

 

Je tiefer man ins Buch eintaucht, desto erwachsener werden die Aromen. Paprikaschmortopf mit Ziegenfleisch, Hase mit Serrano und Salbei, Sherry-Nierchen und Stockfischrezepte (leider schon im englischen Original ohne Bezugsquelle), das ist schon ziemlich spanisch und fortgeschritten.

 

Zwischendurch Überraschungen wie Fischtatar-Törtchen, für die Joanna Farrow, auch als Foodstylistin ihrer Bücher und für die BBC unterwegs, klassische Blätterteigplatten im Ganzen auf ein Bachblech legt, mit einem scharfen Messer in Rechtecke teilt, die Ränder mit Eiweiss einstreicht (bin ich der einzige Pingel dieser Welt, der das Wort "bepinseln" nicht mag? Klingt so anregend wie "Schlüpfer"), dann bei hoher Hitze 20 Minuten bäckt, bis aus der einstigen Platte Individualtörtchen in die Höhe gestiegen sind, die dann mit Rotzungenfleisch gefüllt werden.

 

Nein, natürlich ist das keine grosse Kochkunst. Muss ja auch nicht immer sein. Diese Rezepte sind nett, appetitlich und machen Spass, auch dem Koch. Miss Farrows Miesmuscheln bekommen einen scharf-süssen Garsud mit Honig, ihre Jakobsmuscheln werden begleitet vom Arme-Leute-Essen Morcilla, einer Blutwurst, die je nach spanischer Region scharf oder süsslich schmecken kann.

 

Alles, was auch nur im Ansatz fummelig sein könnte, wie das Befüllen von Teigtaschen oder die Herstellung einer eigentlich klackseinfachen Terrine mit Paprikaschoten, wird in Steps gezeigt.

 

Fazit: Moderne spanische Küche, einfach dargestellt, aber nicht heruntergedummt. Macht sicherlich Anfängern mehr Spass als Fortgeschrittenen, aber einige Standardrezepte können die sich hier auch abgucken.

 

 

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