Claudio del Principe

Anonyme Köche

kochbuch

Anonyme Köche
Claudio del Principe:
"Anonyme Köche"
Gräfe und Unzer
Erscheinungsjahr: 2009
192 Seiten
97 Rezepte
19,90 EURO
ISBN: 978-3-8338-1814-1

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Anonyme Köche Bewertung: 2 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Ein Name wie aus der TV-Werbung. „Isch abe gar keine Auto...“. Ob er ein Auto hat, wer will das schon wissen? Buchverstand hat er jedenfalls keinen. Deshalb bloggt er. Meinetwegen. Aber wieso muss ein Verlag wie Gräfe und Unzer solche sinnentleerte Labereien zwischen zwei Buchdeckel quetschen? Nur eine Sache ist schlimmer als eine Frau, die unaufhörlich erzählt, wie sie sich fühlt: ein Mann, der das tut.

 

"Schulter zum Anlehnen". "Kloss to Heaven". "Fond, ein Knochenjob". "Karaoke mit Lachs und Shiitake". So ungemein unterhaltsam, fast schon auf Herrenwitz-Niveau, kurz vor dem Durchbruch ins bundesweite Kochshow-TV, so sind die Rezeptüberschriften. Sie ließen sich als das Anonymeköche-Geblogge, das sich binnen einer halben Minute im nächsten Klick auflöst, gerade noch ertragen; manchmal sind sie auch unterfüttert mit Witz und Charme. Aber als Buch?

 

Und was steht da zu "Karaoke mit Lachs und Shiitake?" Ich zitiere den ersten Absatz: „Lachs gedämpft in Sojasauce mit Shiitake-Pilzen. Keine Ahnung, ob es dieses Gericht so in Japan tatsächlich gibt. Ich war noch nie dort. Aber eines Tages schon. Irgendwann werde ich der Sonne entgegenfliegen. Und dann wird mir ein Licht aufgehen. Oder zwei oder drei. Okay, vielleicht wird auch ein Stroboskop meine Sinne durchzucken. Sehr gut möglich. Dozo yoroshiku – ich freu mich.“

 

Ich denke, werter Leser, werte Leserin, wenn Sie kein Claudio-Fan sind, haben Sie  nun genug Principe ertragen müssen. Für mich jedenfalls ist diese Mischung aus dummdreist, spackig, stolz drauf, selbstverliebt, unterlegt mit mittelprächtigen Hausfrauen-Rezepten, viel italienischem Gemantsche dabei, übermalt mit steinlangweiligen Foodfotos, schlicht unerträglich, zeigt aber nun schon zum zweiten Mal (nach Nicole Stichs delicious days) immerhin recht anschaulich die natürlichen Grenzen des selbstbespiegelnden Food-Bloggens auf:  als Echtzeit-Kommunikationsplattform für (auch das unterscheidet sie ja positiv von  Fertiggericht-Aufreissern) notorische Kochschaffende eine echte Bereicherung. Aber in Buchform gepresst, noch dazu nahezu unlektoriert, macht das keinen Sinn. Ich zitiere Dorothy Parker, die ein Buch mal mit den Worten verriss,  „es gehört nicht einfach nur beiseite gelegt, sondern mit aller Kraft in die nächste Ecke gepfeffert.“

 

Fazit: Wehe, Sie kaufen sich das. Dann komme ich mit Principes „gaumenkitzelnden Friseesalat“. Bevor ich Sie dann aber damit an irgendeiner Stelle kitzele, lese ich Ihnen ungefragt aus dem Buch vor: „Als ich wieder aufgewacht bin, war es so 16.15 Uhr. Und der Himmel war, glaub ich, etwas verärgert, weil er mich heute nicht ärgern konnte. Schön so.“ Und das wollen Sie doch nicht, oder?

 

 

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Rezensent

Caroline Gorth

Caroline Gorth

liebt Essen, Kochen, Backen und besonders ihre Spülmaschine, genannt James, um das entstandene Küchenchaos anschliessend zu beseitigen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und dem Beginn einer erfolgreichen konventionellen Karriere, entschied sie sich zum Ausstieg, um ihrer eigentlichen Passion, dem Schreiben, nachzugehen. "Finanziell müssen nun kleinere Brötchen gebacken werden, aber sie schmecken viel besser, wenn man glücklich ist mit dem, was man tut“.

carogorth@kochmonster.de
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