Spatchcock Chicken mit Grillkartoffeln

Hauptgericht für 2 Personen von Peter Wagner

Spatchcock Chicken mit Grillkartoffeln

die Bezeichnung „Spatchcock Chicken” bezieht sich trotz ihrer Brutalität (ursprünglich war damit die Keulung männlicher Hühnerküken gemeint) nur auf eine bestimmte Vorbereitungstechnik am geschlachteten und ausgenommenen Geflügel. Hierfür wird das Hühnchen vor dem Grillen mit einer Schere rechts und links der Wirbelsäule aufgeschnitten, der Knochen entfernt, aufgeklappt und fest mit beiden Händen platt gedrückt.

 

Das Platthuhn kommt mit der Karkassenseite auf den Rost und wird indirekt, also mit geschlossenem Deckel, gegrillt. Ähnlich wie bei der Methode mit der Bierdose, bei das Huhn aufrecht auf der Dose stehend gegrillt wird, sorgt der Spatchcock-Trick für gleichmäßiges Garen. Er kann den leidigen Unterschied der Garzeiten zwischen Keulen und Brust sogar noch besser egalisieren.

 

Das Aufklappen erinnert auch an die diversen Schmetterlings-Schnitte bei Steaks, weswegen die Methode im angelsächsischen Sprachraum auch “Butterflying” genannt wird. Für unsere heutige “Tageskarte” braucht man denn auch nicht besonders viel Geschick, und auch keine teure Ausrüstung. Es genügt eine scharfe, feste Küchenschere (oder Geflügelschere) und ein Grill. Dieser kann mit Holzkohle, Gas oder sogar elektrisch beheizt sein, er muss nur einen Deckel besitzen und verschieden heiße Bereiche anbieten.

 

 

Typischerweise sind dies Gasgrills mit mehreren getrennt regelbaren Brennern, bei denen der mittlere Sektor über dem Rost nicht eingeschaltet wird – genau dort gart dann das Huhn. Bei Holzkohlesystemen schiebt man einfach die Glut kreisförmig nach außen und legt den Vogel in die Mitte. Generell ein Problem bei Gartengrills ist die ungenaue Anzeige der oftmals in den Deckel eingebauten Thermometer. Bei der Rezeptentwicklung haben wir einen über 1.000 Euro teuren Dreikreis-Gasgrill eines namhaften Herstellers eingesetzt, aber sicherheitshalber mit einem Messfühler 15 cm oberhalb des Hühnchens nachgemessen. Das Grillthermometer zeigte 190 °C Lufttemperatur im Inneren des geschlossenen Deckels an, tatsächlich waren es aber nur 150 °C.

 

Deshalb ist es bei Rezepten für indirektes Grillen immer besser, selbst nachzumessen und die Garzeiten an die Kerntemperatur des Fleisches anzupassen. Wir benutzten für das “Spatchcock Chicken mit Grillkartoffeln“ ein 1,7 Kilo schweres Bio-Huhn, aber auch vergleichbar großes Geflügel aus Frankreich mit einer „Label Rouge“-Zertifizierung ist ausreichend langsam auf stattliches Schlachtgewicht gewachsen, um als Grillfleisch saftig-zarte Ergebnisse liefern zu können. Mit klapprigen Broilern aus Massen-Qualzucht kommt man hier allenfalls zu einer Staublunge.

 

Am Ende der Garzeit, wenn die in der Mitte der Keule gemessene Kerntemperatur knapp unter 90 °C liegt, kommen Kartoffeln und Gemüse zusätzlich auf den Grill, und das Chicken wird für kurze Zeit umgedreht auf den Rost gelegt, um noch ein bisschen krosser zu werden. Hierbei kann es schneller verbrennen als der Grillmeister Zeit hat, genüsslich an seinem Bier zu trinken. Vor allem, wenn das Huhn vor dem Grillen – was wegen der langsamen indirekten Garung bei mittleren Temperaturen kulinarisch nur Vorteile bringt – mit einer zuckerhaltigen Gewürzmischung eingerieben wurde.

 

Wir benutzten den „Pulled Pork Rub“, ein Rezept aus dem Anfang Juni erscheinenden und schon jetzt als die neue Referenz zu diesem Thema beworbenen Buch „Grillen“*, allerdings mit einer kleineren Menge Muscovadozucker (anstatt Rohrzucker), der etwas temperaturstabiler ist. Dennoch brannten sich die Rost-Stäbe ratzfatz in die Haut unseres Spatchcock Chicken. Sieht aus wie Bremsstreifen.

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 20 Minuten
Zubereitungszeit: 1 Stunde
Level: apprenti cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Chicken Rub & Chicken
2 TL Pfefferkörner, schwarz
0,5 TL Muskatnuss, frisch gerieben
1 TL Schwarzkümmel (Kalonji)
2 TL Knoblauchpulver
2 TL Meersalz, grob
2 TL Paprikapulver, edelsüß
2 TL Cayennepfeffer
50 g Muscovado Zucker (Brauner Rohrzucker aus Mauritius)
1 Stück Bio-Huhn
Beilagen
500 g Kartoffeln, neue Ernte
2 EL Rohrzucker
50 ml Olivenöl
2 TL Kräutersalz
1 TL Pimentón de la Vera
Stück Fenchelknolle
2 EL Rohrzucker
3 EL Balsamicoessig 8 Jahre alt

Wein-Tipp

Anticaia Salice Salentino Riserva Rosso DOP 2010

 

 

Zu Huhn wird meistens Weißwein getrunken, aber das herzhaft gegrillte Spatchcock Chicken verträgt eher einen vollmundigen, blumigen und süffigen Terrassen-Roten wie zum Beispiel den Anticaia Salice Salentino Riserva Rosso DOP 2010*, bei dem eine zehnprozentige Zumischung von Malvasia Nera zu den Salice-typischen Negroamaro-Trauben einen Tick mehr Säure in den Wein bringt und ihn dadurch auch zum würdigen Verdauungsbegleiter macht.

Musik-Tipp

„Tenderness“ (Masterworks“) wird hier zwar eher in seiner Hauptbedeutung „Zärtlichkeit“ gemeint sein, aber das aktuelle Album des US-Hitschreibers (z.B. für Eagles und Linda Ronstadt) JD Souther passt mit der gustatorischen Bedeutung des Albumtitels „Zartheit“ sehr gut zu unserem Hühnchen – zumal viele Stargäste von Lizz Wright bis Till Brönner ihre Klangtupfen auf Southers Pop-Jazz-Songs gemalt haben, die zart und zugleich zärtlich klingen.

Zubereitung

Chicken Rub & Chicken

Alle Rub-Zutaten

 

 

im Blitzhacker zu einem feinen Pulver vermahlen.

 

Huhn außen und innen abwaschen, trocken tupfen, auf Brustseite legen.

 

 

Mit guter Küchenschere (oder Geflügelschere) längs rechts

 

 

und links der Wirbelsäule aufschneiden,

 

 

Mittelknochen beiseite legen (z.B. für Hühnerbrühe), Huhn umdrehen.

 

 

Flügelspitzen abschneiden.

 

 

 

 

Fest mit beiden Händen platt drücken.

 

 

Überall mit dem Rub kräftig massieren.

 

 

Über Kreuz zwei Schaschlikspieße diagonal durch je einen Schenkel und die gegenüberliegende Brust stecken (optional, sorgt aber für besseren Formerhalt).

 

 

 

 

Grill auf ca. 160 °C vorheizen, in der Mitte einen unbeheizten Bereich lassen (z.B. Glut kreisförmig nach außen schieben, bei Gasgrills mittleren Brenner nicht zünden).Generell ein Problem bei Gartengrills ist die ungenaue Anzeige der oftmals in den Deckel eingebauten Thermometer. Bei der Rezeptentwicklung haben wir einen über 1.000 Euro teuren Dreikreis-Gasgrill eines namhaften Herstellers eingesetzt, aber sicherheitshalber mit einem Messfühler 15 cm oberhalb des Hühnchens nachgemessen. Das Grillthermometer zeigte 190 °C Lufttemperatur im Inneren des geschlossenen Deckels an, tatsächlich waren es aber nur 150 °C.

 

 

 

Huhn mit den Karkassen nach unten mittig auf den Rost legen, Deckel schließen und 30-40 Minuten grillen (Kerntemperatur dann ca. 70 – 75 °C. Hitze auf über 200 °C erhöhen und grillen, bis die Kerntemperatur knapp unter 90 ° C liegt. Huhn umdrehen und maximal 5 Minuten nach Belieben aufkrossen,

 

 

dabei immer wieder kontrollieren, damit es nicht allzu sehr anbrennt.

 

 

Beilagen

Kartoffeln schälen und längs halbieren. Zucker, Öl, Salz und Paprika anrühren, mit den Kartoffeln mischen,

 

 

vakuumieren (oder in Gefriertüte einknoten) und im Kühlschrank mindestens 4 Stunden (besser über Nacht) marinieren.

 

 

Beutel öffnen, Kartoffeln entnehmen, Marinade mit Rohrzucker und Balsamico für den Fenchel mischen.

 

Fenchel außen mit Sparschäler dünn abschälen, Strunk und Stiele abschneiden und längs achteln. In der Marinade 1 Stunde einlegen, dabei öfters wenden.

 

 

Während der letzten 15 Minuten der Huhn-Garzeit zunächst die Kartoffeln,

 

 

dann auch den Fenchel (der braucht nur 5-8 Min.) mitgrillen,

 

 

dabei ein Mal wenden. Hierfür eignen sich Gemüse-Grillhalter perfekt.

Anrichten

Spieße aus dem Huhn ziehen, mittig zwischen den Brustfilets mit Geflügelschere teilen. Kartoffeln und Fenchel in Servierschüssel geben. Dazu passt Tzatziki oder Tomatensalat.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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