Tristan Lobster auf Schwarzwurzeln im Krustentierschaum

Hauptgericht für 2 Personen von Peter Wagner

Tristan Lobster auf Schwarzwurzeln im Krustentierschaum

Tristan da Cunha, wie das heute zu den Britischen Überseegebieten gehörende Eiland seit der Annexion durch Großbritannien 1810 heißt, ist der einsamste Ort der Welt. Die nächstgelegene Insel, Napoleons Nirvana-Exil St. Helena, ist 2.300 Kilometer entfernt. Von Brasilien aus fährt man 3.200 Kilometer durch Atlantik-Blauwasser, nur das monatlich verkehrende Postschiff vom Kap der Guten Hoffnung in Südafrika hat es etwas näher – 2.800 Kilometer.

 

In den felsigen Klippen rings um die Insel leben in maximal 50 Meter Tiefe diese bis zu 45 cm langen Langusten. Sie werden zwar als „Tristan Rock Lobster“ angeboten, sind aber wie so oft auf dieser Welt wieder mal keine „echten“ Hummer mit zwei großen Scheren vorne, sondern Langusten mit den typischen ellenlangen „Antennen“ und unterscheiden sich von den bekannten Langusten zum Beispiel aus der der Karibik durch einen zweispitzigen Dorn zwischen den Stirnhörnern.

 

Doch viel stärker unterscheiden sich diese eher dunkelrot bis schwarz gefärbten Krusties von ihrer tropischen Kunterbunt-Verwandschaft durch den Geschmack ihres stattlichen Schwanzes. Das weiße, feste, aber nie auch nur minimal ins gummiartige gehende Fleisch machte die Rock Lobster vom Ende der Welt zu einem der wertvollsten Bestandteil der Sashimiteller in Japans besten Restaurants. Die setzen normalerweise nie TK-Ware ein, der Tristan ist eine der wenigen Ausnahmen, denn er kommt in weniger als einer Stunde nach dem Hand-Fang mittels kleiner Boote, die nah genug an die Klippen heran fahren können, auf das vor der Insel ankernde Verarbeitungsschiff, wo er sofort auf Minus 60 Grad schockgefrostet (ein für das Tier schmerzfreier Tod) wird.

 

Im Gegensatz zu vielen anderen Krustentieren, deren Fleisch nach Frosten und Auftauen so viel von seiner natürlichen Wasserbindungsfähigkeit verlieren, dass sie auf dem Teller nach dem Garen eher eine traurig-trockene Figur machen, kann das Schwanzfleisch der (inzwischen im deutschen Handel auch MSC-zertifizierten) Tristans direkt nach dem Auftauen roh verzehrt werden – und auch nach schonender Garung entwickelt es noch sein selbst im Direktvergleich mit Sterneküchenklassenbesten wie dem Blauen Bretonischen Hummer (homarus vulgari) überlegenes Aroma. In Sachen Biss und zartes Mundgefühl schenken sich der echte und der falsche Hummer im Wettstreit um den Krustie-Thron nicht viel. Beim ausgeprägt nussigen, leicht ins süßliche gehenden Geschmack hat der einsame, aber nicht minder hochpreisige Insulaner (2 Tristan Lobster incl. Versand ca. 50 Euro) die Nase sogar ein bisschen vorn.

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 40 Minuten
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Tristan Lobster
2 Stück Tristan Lobster
100 g Butter
1 Prise Meersalz, fein
Krustentierschaum
Hummerkarkasse
2 EL Erdnussöl
3 EL Schalottenwürfel
1 EL Karottenbrunoise
1 EL Tomatenmark
50 ml Cognac
300 ml Weißwein, trocken
100 ml Portwein, weiss
150 ml Krustentierfond
1 TL Fenchelsamen
1 EL Estragon, frisch, fein geschnitten
200 g Sahne
1 Prise Salz und Pfeffer
1 Spritzer Zitronensaft, frisch gepresst
Schwarzwurzeln
400 g Schwarzwurzeln
50 g Butter
250 ml Geflügelfond
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle

Wein-Tipp

Berlucchi '61 Franciacorta Brut Rosé

 

Der Berlucchi '61Franciacorta Brut Rosé ist eine herzhafte Schaumweincuvée aus 50% Chardonnay und 50% Pinot Noir. Sein schönes intensives Rosa, das von einer Ernte zu anderen leicht variieren kann, offenbart einen herrlichen weichen Schaum. Der Franciacorte Rose Brut ist samtig, andauernd mit zartem Moussex und hat eine feine und beständige Perlage. Elegante Noten von Waldbeeren und reifen Früchten, gut eingebunden in einen zarten Duft nach Hefe und Brotkruste. Angenehm weinig durch die kurze Maischestandzeit des Spätburgunders in der Weinbereitungsphase. Am Gaumen fein und elegant, mit gutem Körper und ausgezeichneter Frische. Die mittel bis hohe Dosage gleicht die spritzige Säure hervorragend aus.

 

Bewertung & Awards

BELViNi.DE 2014: 92 Punkte

Gambero Rosso 2014: 2 Gläser

Wine Enthusiast 2013: 91 Punkte

Wine Spectator: 88 Punkte

The Dallas Wine Competition 2014: Silber

IWC 2013: Silber

Japan Wine Challenge 2013: Silber

Vinibuoni 2013: Goldener Stern

 

Weinerzeugung

Franciacorta (Brescia), aus eigenen Rebanlagen vorwiegend in der Gemeinde Corte Franca. Der Wein wird im Frühling nach der Ernte in Flaschen gefüllt (Tirage) und reift im Kontakt mit den Hefen für mindestens 24 Monate nach der Enthefung (Dégorgement) ruhen die Flaschen noch wenigstens weitere 2 Monate im Keller. 

 

 

Zubereitung

Tristan Lobster

Die Langusten langsam im Kühlschrank auftauen.

 

 

30 Min. in kaltes Wasser legen, Wasser dabei drei Mal erneuern. Brustpanzer auf der Unterseite mittig mit Schere bis zum Maul aufschneiden und seitlich wegbrechen.

 

 

Das Schwanzgewebe reicht bis in den Kopf hinein – knapp hinter den Innereien abschneiden und den Schwanz abziehen. Schwänze in mindestens 5 l kochendem Salzwasser 2 Min. blanchieren,

 

 

im Eiswasser abschrecken.

 

 

Schwänze mit Schere seitlich bei der Nahtstelle zwischen Rückenpanzer und Bauch bis zum Ansatz der Schwanzflosse aufschneiden,

 

 

Schwanzfleisch vorsichtig ausbrechen. Die Schwanzflosse nicht entfernen.

 

 

Direkt vor dem Servieren Butter in nicht zu großer beschichteter Pfanne aufschäumen, Schwänze einlegen und bei sanfter Hitze 5 Min. garziehen, dabei mehrfach wenden (wenn ein glasiger Kern gewünscht wird, nur 3 Min.). Am Ende leicht salzen.

 

 

Krustentierschaum

Alle Karkassen mit Küchenbeil grob zerhacken und in einer ofenfesten Pfanne verteilen. Im Backofen unter dem Grill ca. 5 Min. rösten, aber nicht verbrennen. Pfanne auf Herdplatte stellen, Öl, Schalotten und Karotten zugeben, bei hoher Hitze Farbe annehmen lassen. Tomatenmark kurz mitrösten. Cognac über die Pfanne schütten und sofort anzünden.

 

 

Nach dem Flambieren Weine und Fond auffüllen, Fenchel zugeben und ohne Deckel bei mittlerer Hitze 30 Min. köcheln lassen. Nach 25 Min. Estragon zugeben. Durch Feinsieb abseihen.

 

 

Sahne zugeben.

 

 

Flüssigkeit bei mittlerer Hitze auf die gewünschte Konsistenz einkochen, erst jetzt mit Salz, Pfeffer und evtl. etwas Zitronensaft abschmecken.

 

Schwarzwurzeln

Falls keine vorgeschälte Ware benutzt wird: Schwarzwurzeln unter fließendem kalten Wasser zügig schälen und in Schüssel mit kaltem Wasser und Saft von 1 Zitrone lagern (besser: 0,5 TL Ascorbinsäure), damit die Wurzeln nicht anlaufen. Wurzeln halbieren, möglichst auf gleiche Länge bringen.

 

 

Butter in flachem Topf oder Sauteuse aufschäumen, Wurzeln einschwenken, Fond zugeben und bei mittlerer Hitze ca. 25 Min. gar kochen.

 

 

Die Wurzeln sollten mit Gabel durchstechbar sein, aber noch etwas Biss haben. Am Ende mit weißem Pfeffer und Salz abschmecken.

Anrichten

Krustentiersauce mit Handmixer aufschäumen, 1 Min. stehen lassen, damit sich der Schaum etwas festigt. Schaum in die Mitte von zwei großen, gut vorgeheizten Tellern geben, Schwarzwurzeln gleichmäßig auflegen. Langustenschwänze anlegen und mit etwas Schaum nappieren. Nach Belieben mit den langen Fühlern (nicht essbar) dekorieren und sofort servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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