Hummer-Samtsüppchen mit Filo-Crunch

Zwischengericht oder Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Hummer-Samtsüppchen mit Filo-Crunch

Kulinarisch ist die Methode, lebende Hummer im Kochwasser zu töten, schon überholt, denn die von der kanadischen Firma „Clearwater Seafood“ vor Jahren entwickelte Methode, Hummer in Millisekunden in einer Kammer mit 1.200 bar Druck zu töten, sofort danach zu entdarmen und roh tiefzukühlen, bringt gleichwertige Spitzenqualitäten auf den Teller. Selbst geschulte Feinschmecker sind kaum in der Lage, das zubereitete Fleisch von frisch gebrühtem Tier und jenem „High Pressure Lobster“ zu unterscheiden.

 

Für dieses klassisch französische Rezept „Hummer-Samtsüppchen mit Filo-Crunch“ braucht niemand in der heimischen Küche sterben; hier reicht es völlig, mit bereits fachgerecht getöteten und frisch auf Eis gelieferten oder tiefgekühlten Hummern (langsam im Kühlschrank auftauen; wenn das Fleisch danach einen Grünstich hat oder leicht nach Salmiak riecht: nicht verwenden!) zu arbeiten.

 

© 2012 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 15 Minuten
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Hummersuppe
2 Stück Hummer, lebend (à ca. 500g)
30 g Butter
20 g Hummerbutter
1 EL Tomatenmark
8 cl Cognac
80 g Karotte, fein gewürfelt
125 g Schalottenwürfel
50 g Apfelwürfel
100 g Stangenselleriebrunoise
30 g Champignons, zerkleinert
1 EL Mehl
2 Stück Tomaten, vollreif, grob geschnitten
2 Stück Knoblauchzehe, angedrückt
6 Stück Pfefferkörner, weiß, zerstossen
200 ml Chardonnay
1 Liter Fischfond
150 g Kochsahne
1 Prise Paprikapulver, mild, Bio
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
150 g Crème fraîche
1 Spritzer Champagner
50 g Butter, eiskalt
Filo-Crunch & Garnitur
2 Blätter Filoteig, Blätter
750 ml Pflanzenöl, neutrales, zum Frittieren
1 Prise Meersalz
100 g Crème fraîche

Wein-Tipp

BattenfeldSpanier Riesling Eisbach trocken 2012

 

Der Eisbach ist ein im Donnersbergmassiv entspringender Mittelgebirgsbach, der das Tal um Hohen-Sülzen mit der extrem wichtigen Nachtkühle versorgt. So verzögert sich die Traubenreife trotz der hohen Tagestemperaturen und die lebendige Säure veratmet nicht. Hier gilt „nomen est omen“. Der Battenfeld Spanier Riesling Eisbach ist wie ein erfrischender, kristallklarer Bergsee, in den man nach einer langen Wanderung einfach hineinspringen möchte. Wohlgemerkt wie ein Bergsee. Denn die Fruchtbarkeit der Ebene, bei der die charmant-süßlichen Aromen dominieren, haben wir bereits hinter uns gelassen. Wilde Kräuter, florale Noten und diese eigentümliche Steinwürze schieben sich beim Battenfeld Spanier Riesling Eisbach in den Vordergrund. Der Riesling Eisbach von Hans Oliver Spanier ist anspruchsvoll, ohne dabei an Trinkvergnügen oder Frische einzubüßen.

 

 

 

Musik-Tipp

Edel soll es schon klingen, was den Hummer in der Küche beschallt. Zum Beispiel die tausend Facetten der Liebe, die die Feuchtwanger Sopranistin Christiane Karg in der Form von Arien aus den Nahtstellen von Barock, Klassizismus und Romantik (Mozart, Gluck, Grétry – jeweils aus deren Frühzeit) auf ihrer CD „Amoretti“ (Berlin Classics) einfühlsam, aber mit perfekt kalkuliertem Herzschmerz und einer unglaublichen Stimm-Power besingt. Wird die Suppe zum Nachtmahl gereicht, wäre auch „Night“ (tradition & moderne), das aktuelle Album der kanadischen Jazz-Pop-Grenzgängerin Holly Cole eine gute Wahl, die mit viel Emotion und zugleich einer großen Portion Humor über die Schatten und die leisen Lichter der dunklen Tageszeit singt.

Zubereitung

Hummersuppe

Überall auf der Welt werden Hummer und andere größere Krustentiere auf unterschiedliche Weise geschlachtet: im siedenden Wasser; gezielter Messerstich in den Nacken; Längsteilung des Kopfes oder des ganzen Tieres mit einem gezielten Küchenbeil-Hieb. Viele französische Hausfrauen bestehen immer noch darauf, dass der Hummer am zartesten wird, wenn sie ihn lebend im kalten Wasser aufsetzen und langsam zum Kochen bringen – und den Topfdeckel mit Steinen beschweren, damit das Tier nicht flüchten kann. In Deutschland dagegen einzig nur die Kopfüber-ins-Kochwasser-Tötung rechtlich erlaubt.

 

Gemeinsam ist all diesen Methoden, dass die Tiere wegen der tatsächlichen oder vermeintlichen absoluten Kochfrische lebend in die Küchen gebracht werden, was teilweise monatelange artfremde Aufbewahrung („Hälterung“) nach der Hauptfangzeit im europäischen Sommer in dunklen Tanks ohne Nahrung mit bis zu anderen 4.000 Tieren mit sich bringt – für typische Einzelgänger-Wesen mit Hang zum Rückzug in Felsspalten eine Quälerei, bei der sie mangels weiterer Ernährung auch derart viel Gewicht verlieren können, dass am Ende nur noch zwei Drittel ihres ursprünglichen Fleisches im Panzerschwanz herumschlackert.

Angesichts des doch eher zurückhaltenden Aromas dieser Delikatesse muss jeder Gerne-Esser selbst entscheiden, ob er seinem Nahrungslieferanten diese Qual antun soll – wenngleich in der Wissenschaft ja  umstritten ist, ob Tiere aus der Gruppe der Arthropoden (Gliederfüßer), zu denen auch Spinnen und Skorpione gehören, mit ihrem nur rudimentär ausgebildeten Nervensystem überhaupt so etwas wie Schmerz empfinden können. Dennoch: wer Hummer unbedingt lebend kochen will, sollte einen entsprechenden Kochkurs bei einem Profi besuchen, um wenigstens hier nicht noch mehr falsch zu machen.

 

 

In der gehobenen Gastronomie werden allerdings fast ausschließlich lebende Hummer verarbeitet, die mit dem Kopf zuerst in einen großen Topf mit siedendem Salzwasser geworfen werden und dabei einen mehr oder weniger schnellen Tod sterben. Wer das zuhause nicht machen möchte, kann auch beim Fischhändler bereits getötete Tiere kaufen (Kochzeit dann 10 Min.; Ausnahme: High Pressure Lobster: Kochzeit nach Auftauen wie Lebend-Ware) – für eine Hummersuppe genügt im Grunde sogar vorgegarte TK-Ware (Kochzeit dann 5 Min.).

 

Bei Verwendung von lebenden Hummern einen sehr großen Topf mit gesalzenem Wasser zum Sieden bringen, Hummer mit dem Kopf zuerst hinein geben, 5 Min. sprudelnd kochen, Hummer dabei unter Wasser drücken. Wenn zwei Hummer in einem Topf gleichzeitig gekocht werden sollen, muss dieser mindestens 15 L Fassungsvermögen haben. Topf vom Herd nehmen, 8 Min. nachziehen lassen (mindestens 1 Min. pro 100 g Lebendgewicht). Hummer entnehmen und in Eiswasser abschrecken.

 

 

Scheren abdrehen, aufbrechen und Fleisch entnehmen. Schwanz abdrehen, längs aufschneiden, Fleisch entnehmen. Fleisch separat aufheben. Alle Schalen und Karkassen sowie das Fleisch aus den Gelenken grob hacken. In großem Topf Butter aufschäumen, Karkassen und Gelenkfleisch 2 Min. braten, Hummerbutter und Tomatenmark zugeben, weitere 2 Min. braten. Cognac in Edelstahltöpfchen (z.B. zum Milchaufschäumen) erwärmen, anzünden und damit die Karkassen flambieren. Alle Gemüsewürfel außer Tomaten und Knoblauch unterheben und mit anschwitzen, bis sie leicht Farbe angenommen haben. Mit Mehl bestäuben, mit Wein und Fond ablöschen, aufkochen. Tomaten, Knoblauch und Pfefferkörner zugeben und bei niedriger Hitze im offenen Topf 45 Min. köcheln lassen.

 

In der Zwischenzeit das Hummerfleisch in mundgerechte Stücke schneiden und den Filoteig-Crunch zubereiten.

 

Suppe durch Haarsieb abgießen, Sahne und Paprika einrühren und langsam zur gewünschten Konsistenz einkochen. Kurz vor dem Servieren Crème fraîche und Butterwürfel mit Handmixer unterheben, mit Salz und Pfeffer abschmecken und nach Belieben mit einem Schuss Champagner verfeinern.


Filo-Crunch & Garnitur

Filoteigblätter fest aufrollen und in 5 mm dünne Streifen schneiden.

 

 

Streifen im 160 Grad heißen Öl goldbraun frittieren,

 

 

Im Backofen bei 80 Grad auf mehreren Lagen Küchenkrepp entfetten, salzen und warm halten.

Anrichten

In gut vorgeheizte Suppenteller oder-Tassen das Hummerfleisch verteilen, Suppe angießen. Mittig je 1 Nocke Crème fraîche aufbringen, Filo-Crunch auf der Nocke aufhäufen und zusätzlich leicht über die Suppe streuen.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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