Lammfilets in Zitronenpfeffer mit Trockenfrüchte-Reis

Kleines Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Lammfilets in Zitronenpfeffer mit Trockenfrüchte-Reis

Generell besteht das Hauptproblem bei Pfeffer- und Gewürzkrusten für Fleisch ja in der mangelnden Temperaturtoleranz vieler typischer Krusten-Zutaten. Bei milden Backofen-Verhältnissen bis ca. 140 Grad ist das zum Beispiel für das mit einer Mischung aus Semmelbrösel, Butter, fein gehackten Kräutern und Pfeffer/Salz auf der Oberseite bestrichene Lammkarree kein Problem (es sei denn, die Kruste wird am Ende noch direkt unter dem glühenden Grill gratiniert).

 

Wirklich problematisch sind die Brattemperaturen in der Pfanne, die meist jenseits der 180 Grad liegen. Hier mutieren viele Kräuter und leider auch fast alle Pfeffersorten ratzfatz zu verbrannten, böse bitter schmeckenden Karbonkrusten, die man vor dem Verzehr mit viel Glück allenfalls noch abkratzen kann. Auch deshalb wird in sämtlichen Kochratgebern empfohlen, das Steak erst nach dem Braten zu pfeffern – im Idealfall direkt bevor das Fleisch von der Pfanne in eine warme Umgebung zum Nachziehen wandert.

 

Aus diesen Gründen ist das Projekt, "Lammfilets in Zitronenpfeffer mit Trockenfrüchte-Reis“ das zarte Fleisch in der Würzschicht zu brutzeln, nicht gerade unambitioniert. Die feinen Fleischfasern ohne nennenswerten Anteil von intramuskulärem Fett eignen sich nicht zum allzu langfristigen Schmoren bei niedrigen Temperaturen, weil sie dabei zuviel Gewebeflüssigkeit abgeben. Andererseits bekommt ihnen auch die direkte große Hitze nicht besonders – hierbei verziehen sie sich nämlich zu krummen Würmern, die keiner auf dem Teller haben will.

 

Abhilfe würde also zum Beispiel Bardieren mit Speck schaffen, oder eben das Braten in der Gewürzkruste. Erschwerend kommt hinzu, dass neben dem Pfeffer, dessen scharfe, aber auch ätherische Aromaanteile direkt am Fleisch haften sollen, auch der Zitrusgeschmack sehr hitzeempfindlich ist. Bei Letzterem hilft es, Zitronenschalenabrieb vor dem Mischen mit den anderen Würzmitteln schonend im Backofen zu trocknen und zusätzlich zwei zitrige Aromaten aus der Asia-Küche hinzuzuziehen: Die Pulver von getrocknetem Zitronengras und Kaffirlimettenblättern vertragen selbst glühend heiße WOK-Temperaturen.

 

Bei den Pfeffern gibt es zwei extrem temperaturunempfindliche Sorten, die beide allerdings im engeren, botanischen Sinn zu den so genannten „Falschen Pfeffern“ gehören: Der Pipali und der Guineapfeffer. Ersterer ist auch als Bengalischer Langpeffer bekannt. Diese dünnen, etwa drei Zentimeter langen, dunkelgrauen Stangen sehen aus wie geschrumpfte Tannenzapfen und haben zusätzlich zu ihrer markant-spitzen Schärfe auch süßliche Aromenanteile. Ihr Geschmack changiert zwischen leicht rauchig und süßholzigem Karamell, was sie auch für den Einsatz in angeschärften Desserts (passt sehr schön zu frischen Erdbeeren) prädestiniert.

 

Im Zusammenspiel mit stark zitronigen Aromen fremdelt der Pipali aber so stark, dass in unserem Lammrezept der zweite hitzestabile Pfeffer besser geeignet ist: In der Endphase des Spätmittelalters wurden die scharfen Samen der in Westafrika wachsenden Strauchpflanze Aframomum als „Paradieskörner“ sehr geschätzt, denn sie galten bei Köchen als vergleichsweise preiswerter Ersatz für den damals sündhaft teuren „echten“ Pfeffer.

 

Diese auch unter den Bezeichnungen Melegueta- oder Alligatoren-Pfeffer verkauften, in Form und Farbe den botanischen Pfeffersorten ähnlichen Körner entwickeln eine milde, angenehme Schärfe, die auch chemisch mit dem Ingwer verwandt ist (Gingerol) und einen Geschmack, der an die zitronigen Anteile von Kardamom erinnert – was ihn zum perfekten Sideman für unsere restlichen Krustengewürze macht.

 

Dieses Hauptgericht für den kleinen Hunger kann mit etwas anderer Würzung auch deutlich orientalischer ausgerichtet werden, indem der begleitende Reis zusätzlich zu den ohnehin leicht nahöstlich anmutenden Trockenfrüchten (neben Tomatenfilets sind das fein geschnittene Feigen, Aprikosen und Datteln) zum Beispiel mit typischen Aromaten wie Schwarzkümmel, Koriandersaat, Sumach, Nelken und Cumin parfümiert wird. Andererseits macht aber gerade der weitgehende Verzicht auf außereuropäische Gewürze (Ausnahme: schwarzer Sesam) auch den Charme dieser Verbindung aus saftig-zitronig-pfeffrigen Feinstfleisch und der eigenen mürb-karamelligen Süße der Trockenfrüchte im Reis aus.

 

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: .15 Stunden, Minuten
Wartezeit: 1 Stunde
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Lammfilets
4 Stück Lammfilet, frisch
1 TL Bio-Zitrone, Schalenabrieb
1 Prise Kaffirlimettenblätterpulver
1 Prise Zitronengraspulver
2 EL Meleguetapfeffer
1 TL Meersalz, grob
2 EL Erdnussöl
75 ml Marsala-Wein
Trockenfrüchte-Reis
200 g Basmatireis
30 g Aprikosen, getrocknet
75 g Tomatenfilets, getrocknet
30 g Datteln
50 g Feigen, getrocknet, Bio
4 EL Olivenöl
50 g Zwiebelwürfel
1 EL Knoblauch, fein gewürfelt
75 ml Weißwein, trocken
300 ml Geflügelfond
1 EL Sesam, schwarz
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle

Wein-Tipp

Corte Giara "Valpolicella Ripasso" DOC 2012

 

Der Corte Giara "Valpolicella Ripasso" DOC zeigt sich mit tiefem und facettenreichem Rubinrot und purpurnen Reflexen im Glas. Die Nase dieses Veneto-Klassikers duftet verführerisch nach roten Beeren, reifen Schwarzkirschen, Pflaumen und allerlei weiteren dunklen Früchten. Süßlich-winterliche Gewürze wie Zimt, Gewürznelke und ein Hauch Kardamom gesellen sich hinzu. Am Gaumen erfreut der Corte Giara "Valpolicella Ripasso" mit süffigem Geschmack, großer Aromenfülle, reifen Tanninen und zartem Schmelz. Text: BELViNi.DE

 

 

 

 

Musik-Tipp

East meets West wie in unserem Lammgericht – dieses Motto prägt auch den Grenz-Jazz des Trios um den Niederländisch-türkischen Ud-Virtuosen Mehmet Polat, der mit einem Ney-Flöte spielenden Landsmann sowie Zoumana Diarra aus Mali (Kora/Stegharfe) auf „Next Spring“ (o-tone-music) die Brücke von anatolischer Klassik zu jazzigen Contemporary-Produktionen baut. Zu exotisch? Dann einfach Deutschlands bestem Drummer Wolfgang Haffner lauschen, der auf „Kind Of Cool“ (ACT) mit einer illustren Band samt Gästen (u.a. Jan Lundgren, Dusko Goykovich, Max Mutzke, Nils Landgren) die Wurzeln des „Cool“ zwischen Miles Davis, Nat Adderly und Gershwin ausgräbt und zu einer der spannendsten zeitgemäßen Jazz-Produktion des Jahres formt.

Zubereitung

Lammfilets

Lammfilets unter fließendem Wasser abwaschen, trocken tupfen, wenn nötig parieren (Sehnen und Bindehäute entfernen). Raumtemperatur annehmen lassen. In der Zwischenzeit den Zitronenabrieb auf einem Backpapier im Ofen 60 Min. bei 70 Grad Umluft trocknen. Zusammen mit den restlichen Gewürzen im Mörser mittelgrob zerreiben. Lammfilets ringsherum damit würzen, Pfeffermischung gut andrücken.

 

Kurz vor dem Servieren im Öl in Pfanne bei mittlerer Hitze 3 Min. braten, dabei ständig in Bewegung halten. Hitze auf volle Stärke erhöhen, nach 1 Min. den Wein zugeben, komplett verdunsten lassen, dabei Pfanne rütteln. Insgesamt nicht länger als 6 Min. garen.

 

 

Reis

Reis wie gewohnt zubereiten, er sollte etwas mehr Biss haben als sonst. In der Zwischenzeit alle Trockenfrüchte in möglichst dünne Streifchen schneiden.

 

 

Zwiebeln in dem Öl bei mittlerer Temperatur in Sauteuse oder flachem Topf anschwitzen bis sie leicht Farbe bekommen. Knoblauch zugeben, nach 3 Min. Trockenfrüchte zugeben. 2 Min. bei voller Temperatur unter stetigem Rühren andünsten, Wein zugeben und komplett verdunsten lassen. Fond einfüllen und auf ein Drittel reduzieren. Sesam unterheben, Reis in Sieb abschütten und unterheben. 3 Min. ziehen lassen, am Ende mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Anrichten

Reis auf vier vorgeheizte Teller verteilen, Filets aufsetzen und mit dem Pfanneninhalt begießen. Dazu passt griechischer Vollfett-Joghurt, der mit Minze, Zitronensaft und Salz/Pfeffer abgeschmeckt wurde.

 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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