Jianbing

Frühstück oder Snack für 4 Personen von Peter Wagner

Jianbing

Im Norden Chinas beginnt von Beijing bis Tianjin gefühlt jeder Zweite seinen Tag auf dem Weg zu Bus und Bahn kurz an einem Imbiss-Stand, der ein bisschen wie eine französische Crepé-Bäckerei aussieht. Dort werden im Minutentakt für umgerechnet etwa 50 Cent das Stück die beliebten Guten-Morgen-Pfannkuchen Jianbing gebraten – mit Frühlingszwiebeln, Frischei und süß-scharfer Sauce gefüllt und in handliche Fingerfood-Form zusammengeklappt.

 

Der Legende nach wurden die platten Eierkuchen bereits im 3. Jahrhundert bei einem Krieg in der Provinz Shandong erfunden. Nachdem die Feldköche bei einem Angriff ihre WOKs verloren hatten, befahl ihr General, die Schilder über Feuer heiß zu machen und darauf Fladen zu backen. Nach wie vor besteht der Teig aus einer von jedem Jianbing-Bäcker geheim gehaltenen Mehlmischung, meist aus Weizen, Soja, Mais und Bohnen. Satt der klassischen Füllung gibt es längst unzählige Varianten, die mit fetttriefenden Youtai (frittierte Teigstangen), Chili, Karotten, Pickles, Süßkartoffeln, Schweine- und Hühnerfleisch oder gar Würstchen zu Kalorienmonstern aufgepimpt werden, die locker den Tagesbedarf eines Durchschnitts-Asiatens decken können.

 

Oder eines New Yorkers, denn dort stehen Jianbing kurz davor, dem To-Go-Frühstücksklassikern Bagels und Hot Dogs ernsthaft Konkurrenz zu machen, oder zumindest den bisherige Hipster-Snack Ramen Burger www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rezept-fuer-ramen-burger-mit-wasabimayo-a-963963.html zu verdrängen. Was im Mai 2015 bei „Bing Mi“ in Portland/Oregon begann, und NYC im März als Food Truck „The Flying Pig“ erreichte, schießt in den In-Vierteln mit den Imbissketten „Mr. Bing“ und „Jian Bing Company“ wie Pilze aus dem Boden. Die großen Medien der Stadt titeln schon „China’s Answer to the Breakfast Sandwich Finally Arrives in New York“.

 

In der Tat sind die Peking-Pfannkuchen ein leckerer und mit sauber bleibenden Fingern im Stehen essbarer Imbiss. Nur einen Fehler sollte man nie machen, weswegen die Chinesen ihren Frühstückspfannkuchen auch stets so heiß und schnell wie möglich verputzen: Der Jianbing beginnt – auch in unserer heutigen Version mit frittierten Mie Nudeln als Texturgeber – in der Sekunde, in der er die Herdplatte verlässt, matschig zu werden. Als Mitnahmesnack für das erste Bürofrühstück deshalb lieber beim bewährten deutschen Käsebrötchen bleiben.

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 5 Minuten
Zubereitungszeit: 10 Minuten
Level: apprenti cuisine
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Teig
100 g Weizenmehl
25 g Maismehl
50 g Sojamehl
100 ml Wasser
1 Ei
3 EL Sojaöl
1 Prise Salz
1 Prise Zucker
Füllung
100 g Mie Nudeln ohne Ei
50 ml Sojasauce
500 ml Erdnussöl
4 Frühlingszwiebel
4 Eier
4 EL Hoi Sin Sauce
75 ml Sojasauce
2 TL Sriracha
1 handvoll Salatblätter, grüne

Wein-Tipp

Wer es ganz authentisch mag, muss zu dem Pfannkuchen in Allerhergottsfrühe ein Glas von der chinesischen fermentierten, irgendwo zwischen Sauerkraut und Verwesung muffelnden Sojamilch „Dou Zhi“ trinken. Wir dagegen tranken, wenn es schnell gehen sollte, ein Glas Buttermilch, oder eine frisch aufgebrühte Tasse grünen Tee

Musik-Tipp

Die Stunde zwischen Nacht und Tag, Traum und Realität ist eigentlich zu kostbar und meditativ, um sie mit einem schnöden Pfannkuchen zu vergeuden. Also besser vor dem Teigrühren noch 50 Minuten liegen bleiben und den seltsamen intimen Klängen lauschen, die Stefano Battaglia seinem Piano und Ulrich Drechsler dem Bassetthorn und der Bassklarinatte auf der Duo-CD „Little peace Lullaby“ (Enja) entlocken – und die sich entgegen des Titels sogar besser zum Aufwachen als zum Einschlafen eignen.

Zubereitung

Teig

Alle Zutaten

 

 

mit Quirl oder Schneebesen zu einem homogenen Teig schlagen. 1 Stunde bei Raumtemperatur gehen lassen, vor dem Backen erneut aufschlagen.

 

Füllung

Mie Nudeln in wenig Wasser mit 50ml Sojasauce weich kochen (nicht al dente).

 

 

Abseihen, abtropfen lassen, auf Krepp trocknen

 

 

und in 4 Portionen teilen. Das Erdnussöl in schmalem Topf (oder Fritteuse) auf 190°C bringen und die Nudeln darin portionsweise zu flachen Platten frittieren.

 

 

Auf Krepp entfetten.

 

 

Frühlingszwiebeln putzen und asiatisch zuschneiden (hauchdünne Diagonalscheibchen).

 

 

Eier getrennt aufschlagen. Die drei Saucen glatt verrühren, Salatblätter waschen und trocknen.

Anrichten

Flache Pfanne (am besten geht es mit einer Crepe-Pfanne) mit etwas Erdnussöl bestreichen und erhitzen. Ein Viertel des Teiges mit Kelle verstreichen. Sobald der Teig Blasen wirft, umdrehen und mit einem verquirlten Ei einpinseln.

 

 

Mit einem Viertel der Frühlingszwiebeln bestreuen,

 

 

Teig rechts, links und unten ein paar Zentimeter einschlagen und mit der Sauce bestreichen. Unten je eine Platte frittierter Nudeln auflegen, Rest mit Salatblättern belegen.

 

 

Mit Hilfe zweier Kellen von unten nach oben zwei Mal einschlagen, platt drücken

 

 

und mit der Kelle teilen.

 

 

Am besten schmecken die Jianbing, wenn sie direkt aus der Pfanne in eine Serviette gelegt und so schnell wie möglich gegessen werden. Man kann aber auch nacheinander vier Pfannkuchen herstellen und sie bei 90°C im Backofen warm stellen, um sie dann rasch gemeinsam zu essen.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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