Zwiebelsuppe mit Blätterteig-Käsestange

Zwischengericht für 4 Personen von Peter Wagner

Zwiebelsuppe mit Blätterteig-Käsestange

Zwiebelsuppe wurde vor Jahrhunderten erfunden, um den frierenden und hungrigen Händlern der Pariser Markthalle preiswert Wärme und Kalorien zu spenden. Die Suppe kostete wenig, weil sie mit Zwiebeln und billigem Weißwein gekocht wurde. Aus Gourmet-Sicht stört an der herkömmlichen Zubereitung zweierlei: dass sie mit einer nach unten zur Suppe hin matschigen Weißbrot-Käsehaube überbacken wird (was eigentlich zum Heißhalten auf den zugigen Marktständen gedacht war) und innen in der Brühe haufenweise schleimige Zwiebelstückchen dümpeln.

 

Das muss nicht jeden stören. Wer sich aber nicht das Mäulchen an matschiger Zwiebelkäsebrotmasse verbrennen will, kann unser leicht nachkochbares Rezept versuchen, bei dem frittierte Zwiebelringe als krosse Einlagen für eine getrennt gekochte, am Ende abpassierte Zwiebelbrühe dienen. Oben auf der Suppentasse ist keine Käsebrothaube, dort liegt bei uns eine noch mundwarme, superknusprige Blätterteigstange mit feinem Speck und Frühlingszwiebeln, bei der der Käse nicht zu einem dunkelbraunen Gummiklumpen zusammengeschmolzen ist.

 

 

© 2012 Peter Wagner
Vorbereitungszeit: 3 Stunden
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Blätterteig-Käsestange
500 g Mehl
450 g Butter
10 g Meersalz, fein
250 ml Wasser, kalt
1 Spritzer Weinessig
75 g Comté
50 g Bauchspeck, geräuchert, aus Tirol
2 EL Frühlingszwiebel, fein geschnitten
30 g Zwiebelringe
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Stück Eigelb
Zwiebelsuppe
800 g Zwiebel
2 EL Butterschmalz
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
200 ml Weißwein, trocken
1 Liter Kalbsfond
1 EL Oregano, frisch, fein gehackt
300 g Zwiebeln, mild-süßlich, saftig
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
4 EL Mehl zum Bestäuben
1 Liter Pflanzenöl, neutrales, zum Frittieren

Wein-Tipp

Hugel & Fils Pinot Blanc AOC

Jahrgang: 2008
Region: Frankreich - Elsass
Rebsorte: Pinot Blanc
Geschmack: kräftig strukturiert erfrischend
trinkreif ab sofort
lagerfähig bis: 2016
Trinktemperatur: 8 °C
Alkoholgehalt: 12,4 % vol.

Der Pinot Blanc 2008 von Hugel ist blumig und fruchtig, reintönig und frisch, kräftig und gut strukturiert, dabei aber delikat, fein und herrlich erfrischend.

 

Weinerzeugung

“Der Wein ist bereits in der Traube”. Sobald das Lesegut im Hause Hugel im Herzen Riquewihrs eintrifft, werden die Trauben nach ganz strikten Qualitäts-Kriterien “klassifiziert”. Die Pressen werden durch Schwerkraft und keineswegs durch Umpumpen gefüllt. Lediglich Most der ersten Pressungen verdienen es, später das berühmte gelbe Etikett tragen zu dürfen. Auf die Besonderheiten jeder Traubensorte und des jeweiligen Qualitäts-Standards wird streng geachtet. Weine, die nicht den hohen Ansprüchen genügen, werden ausgesondert und im Faß weiterverkauft.



Musik-Tipp

Das Herz geht einem auf wie Blätterteig bei 200 Grad Umluft, wenn man hört, was passiert, wenn eine der interessantesten Sängerinnen Spaniens mit einem Haufen durchgeknallter Pariser Kunststudentenmusiker zusammenkommt: „Un Pokito de Rocanrol“ (EMI), das aktuelle Album der „Latin Grammy“-Gewinnerin Bebe, irrlichtert herrlich ungezogen zwischen Chanson, Trashpunk und Elektrolurch, streift dabei ab und zu Jane Birkin oder Dick Dale, und bei Bebes Grobraspelstimme muss man den Hartkäse einfach vor den Lautsprecher halten – und schon rieseln die Späne.

Zubereitung

Blätterteig-Käsestange

Für dieses Rezept kann auch hochwertiger TK-Blätterteig verwendet werden, was die Vorbereitungszeit auf weniger als eine Stunde reduziert. TK-Teigplatten 45 Min. vor dem Servieren aus dem Tiefkühler nehmen, 15 Min. auftauen lassen und belegen. Danach weiterverarbeiten wie den selbst gemachten Teig.

 

Blätterteig selbst herzustellen, ist eine zähe und langwierige Arbeit – und wahrscheinlich werden nur wenige Gäste den Unterschied zu einem hochwertigen Fertig-TK-Produkt schmecken. Andererseits kann man sich nur bei der Hausmarke sicher sein, dass neben der guten Butter (auch pures Schweineschmalz ist möglich) keine ungeliebten Trans-Fettsäuren in den Teig kommen, die bei den Industrieprodukten durch die dort übliche Verwendung von bei hohen Temperaturen gehärteten Pflanzenölen ins Feingebäck gelangen.

 

Spielentscheidend für den perfekten Blätterteig ist die Herstellung eines möglichst Gluten-reichen Vorteiges, in den dann unzählige Fettschichten eingearbeitet werden – und alles muss bei möglichst tiefen Temperaturen geschehen. Gluten, Allergikern auch als Klebereiweiß bekannt, entsteht durch Hydratation (Aufquellen im Wasser) von im Mehl enthaltenen Proteinen. Beim Kneten des Teiges mit Wasser erzeugt diese mechanische Spannung die Quervernetzung der Proteine Gliadin und Glutenin zu Gluten, was zur gewünschten Elastizität des Teiges führt.

 

Blätterteig, der jaimmer wieder gefaltet und erneut ausgewalzt wird, braucht eben diese Elastizität, allerdings sollen die dabei entstehenden Schichten (in unserem Rezept ca. 1.300) sich nicht verbinden, sondern im Backofen möglichst einzeln und zügig zur bekannten Blättrigkeit aufgehen. Dies geschieht durch die Fettschichten, die sich nicht mit den Teig-Proteinen verbinden und die durch die kalte Verarbeitung auch daran gehindert werden, sich in der Mehl-Stärke einzulagern. Gebacken wird Blätterteig mit vergleichsweise sehr kurzen Backzeiten bei hohen Temperaturen im vorhegeizten Ofen, damit sich in den Teigschichten rasch Wasserdampf bildet, der durch Fettschichten am sofortigen Austreten gehindert wird und dadurch die einzelnen Blätter voneinander getrennt hält.

 

Zunächst wird ein Wasser-Mehl-Teig hergestellt: Mehl auf Backbrett aufhäufen, mittig Mulde eindrücken, dort Salz und einen Teil des Wassers (der Spritzer Essig steuert die Glutenbildung und macht den Teig insgesamt ausrollfähiger) einfüllen.

 

 

Mit beiden Händen von außen nach innen die Mischung vermengen und unter langsamer Zugabe des restlichen Wassers einen glatten Teig kneten. Diese ersten Schritte können auch mit einer Küchenmaschine oder Mixer mit Knethaken gemacht werden, dennoch muss vor dem ersten Ruhen der Teig nochmals mindestens 3 Min. fest mit den Händen geknetet werden.

 

 

Teig nun in Küchenfolie wickeln und 30 Min. im untersten Fach des Kühlschrankes ruhen lassen.

 

Butter mit Nudelholz zu einem ca. 10 x 15 cm großen Rechteck formen (mehr drücken als rollen, damit sie nicht bricht). In Folie gewickelt zum Teig stellen.

 

Die Arbeitsfläche (Backbrett oder Küchenarbeitsplatte) säubern und trocknen. Mit etwas Mehl bestäuben. Teig zu einem ca. 25 cm großen Quadrat rollen, dessen Ecken etwas dünner ausgerollt sind. Butter mittig auflegen.

 

 

Teigränder wie einen Briefumschlag zusammenfalten.

 

 

Nahtstellen fest andrücken.

 

 

Zu einem Rechteck von ca. 50 x 20 cm ausrollen und wie einen Briefbogen

 

 

in drei Lagen falten.

 

 

Bäcker nennen diesen Zustand die „1. Tour“ und markieren dies mit einem Fingerabdruck auf dem Teig, der nun in Folie 15 Min. im Kühlschrank ruhen muss. (Achtung: den Teig nie dünner als ca. 7 mm ausrollen.)

 

Für die „2. Tour“ den Teig auf der Arbeitsfläche um 90 Grad drehen, wieder zu einem 50 x 20 cm Rechteck ausrollen, dreifach falten, mit zwei Fingereindrücken markieren und 15 Min. im Kühlschrank ruhen lassen.

 

Der Teig muss insgesamt sechs Mal „touriert“ werden und besteht dann aus vielen Hundert Teig- und Fettschichten.

 

 

Vor dem finalen Ausrollen muss der Teig weiter gekühlt werden, Reste können im Gefrierbeutel (ideal: vakuumiert) Plattenweise eingefroren werden.

 

Vom Teig 4 Stücke abschneiden und auf je ca. 20 x 12 cm Größe ausrollen.Käse grob reiben.

 

 

Speck in sehr feine Streifchen schneiden.

 

 

Zwiebeln hobeln, zusammen mit den Frühlingszwiebeln würzen.

 

 

Mittig mit der Mischung aus Käse, Speck, und mit Salz und Pfeffer gewürzte Zwiebelscheiben und Frühlingszwiebeln belegen.

 

 

Erst an den kurzen, dann an den langen Seiten einschlagen, so dass  ein ca. 4 cm breiter Streifen mittig frei bleibt.

 

 

Eigelb mit etwas lauwarmen Wasser aufschlagen und Teiglinge damit auf der Oberseite komplett einpinseln.

 

 

Bei 200 Grad Umluft im Backofen auf der untersten Schiene ca. 16-20 Min. goldgelb ausbacken.

 

 

Käsestangen möglichst noch warm zur Zwiebelsuppe servieren




Zwiebelsuppe

 

Für dieses Rezept werden zwei sehr unterschiedliche Zwiebelsorten benötigt: herkömmliche gelbe Speisezwiebeln geben der Suppe Struktur und Geschmack (und werden vor dem Verzehr püriert und abpassiert). Für die frittierten Zwiebelringe der Einlage dagegen eignen sich am besten milde, möglichst saftige Zwiebelsorten wie zum Beispiel die rosafarbene „Brun Gano“ aus der Bretagne oder die AOC-Sorten (geschützte Herkunftsbezeichnungen) „Doux Saint-André“ aus den Cevennen und die wegen ihrer fruchtigen Schmelzigkeit als Begleiter zu foie gras beliebte „Oignon de Roscoff“.

 

Alle Zwiebeln schälen. Die gelben Speisezwiebeln fein würfeln. In Topf oder Kasserolle das Butterschmalz sehr heiß werden lassen, die Zwiebeln zugeben, Temperatur reduzieren und die Zwiebeln 15 Min. unter ständigem Rühren darin goldgelb dünsten.

 

 

Mit Wein ablöschen, fast völlig reduzieren.

 

 

Kalbsfond in extra Topf aufkochen und kochend heiß zu den Zwiebeln schütten. Oregano einrühren, bei mittlerer Hitze 30 Min. simmern lassen. Mit Schneidstab oder im Mixer pürieren.

 

 

Zwei bis drei Mal durch sehr feines Sieb passieren.

 

 

Suppe beherzt mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

 

Während die Suppe köchelt, die milden Zwiebeln in 2 mm dünne Ringe hobeln.

 

 

Salz, Pfeffer

 

 

und Mehl (durch feines Sieb) untermischen.

 

 

Zwiebeln portionsweise in dem 180 Grad heißen (Temperatur z.B. mit Fleischthermometer kontrollieren) Öl goldbraun frittieren

 

 

und nach dem Herausheben sofort im Backofen bei ca. 80 Grad Umluft auf Küchenkrepp degraissieren (damit wird den Zwiebeln viel überflüssiges Fett entzogen und sie werden noch krosser).

 

 

Frittierte Zwiebeln bis zum Servieren im Backofen belassen.

Anrichten

Suppe in hohe Tassen (z.B. Löwenköpfchen) füllen, Röstzwiebelringe auf die Tassen verteilen,

 

 

je 1 Käsestange auflegen und schnell servieren, damit die Röstzwiebeln noch kross sind.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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