Valentine Warner
"Frisch & einfach kochen"
Auf dieses Buch freue ich mich seit einem halben Jahr. „Wie man heute isst“ heißt das bereits zweite Werk der Reihe in seinem – natürlich englischen – Mutterland. Er selbst ist dort ein TV-Star (Valentine Warner startet in Deutschland am Dienstag, 8. Juni, um 23:15 Uhr auf RTL II seine wöchentliche Kochshow), bekennender Trüffelkopf, Angler. Die Rezepte sind lecker, aber oft britisch-kauzig: Seine Tacos mit Kaisergranat zu füllen, lässt bei einem Kilopreis für frischen Granat um 110 € überdies auf eine Abstammung aus der Elite schließen. Wie er schreibt, leider auch. Englands Elite ist weit rumgekommen, doch ihrem Verstand hat es wenig genutzt.
Diese Valentinskarte springt beim Anblick eines Steak Tatare „wie ein Raubtier im Raum herum“, hat sein Sirloin-Steak mit Sauce „gespritzt, geschmiert und begossen“, sieht erotischen Spargel durch den Boden stoßen, erzählt vom Freund seiner Mutter, der (nur mit Turban, Ohrringen, schwarzem Schal und Cowboystiefeln bekleidet) frittiert, empfindet die Stachelbeere als köstlich, drall und einsam, fantasiert von Mexikanern, die ihre Frauen über Klippen werfen und sampelt dreist wie Helene Hegemann bei Gordon Ramsays Sprüchen.
Eine bessere Übersetzung hätte da viel Charme entdecken können, doch diese plotscht voller Unverständnis durch den Wortschwall wie Valentine Warner mit Gummistiefeln durch den Flussschlamm.
Man könnte dieses Buch also getrost vergessen, das wäre alles gar nicht schlimm, wenn die Rezepte selbst nicht so gut wären.
Sobald es Sommer wird, werde ich eine Stolpernde Fackel (Cider mit Holunderblüte) kredenzen, scharf eingelegte Pfirsiche zu Käse servieren, Rosenblütenbiskuit backen, einen Brokkolisalat mit Anchovissauce zubereiten, Tomatenketchup als Gastgeschenk kochen, ein lauwarmes Omelette mit Sauerampfer und grünem Spargel in den Picknickkorb packen und sogar sein Rezept für Ceviche mit (huch!) Scholle probieren. Er arbeitet mit Sardine und Ziege, macht seine Sülze selbst, liebt Birkhuhn und Wachteln. Keine Frage, wenn ein Scharmützel ausbricht, weiß man ihn lieber neben sich als auf der anderen Seite.
Fazit: Die Ideen sind handfest, entspringen aber vielen Jahren Koch- und Cateringerfahrung. Raffinesse blitzt ab und an durch. Da die Rezepte selbst sehr ausführlich sind und den Leser direkt ansprechen, könnten sich auch Anfänger an das Buch wagen, das weniger wie ein Kochbuch und eher wie ein Lesebuch gestaltet ist, mit serifiger Schrift und wirklich ansprechender Fotografie. Valentine Warner... he’s the new kid in town...
Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.
gugetzer@kochmonster.dewww.kochmonster.de
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