Paleo-Zucchinispaghetti mit Beef Jerky

Steinzeitliche Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagnerstein

Paleo-Zucchinispaghetti mit Beef Jerky

Kochen wie (angeblich) in der Steinzeit ist die aktuellste Diät-Sau, die durch deutsche Dörfer und Metropolen getrieben wird. „Paleo“ beherrscht auch den Kulinarik-Trakt der Frankfurter Buchmesse. Einziger Lichtblick: Paleo predigt den Verzicht auf industriell bearbeitete Nahrung, was im Grunde so falsch nicht ist. Krempeln wir also das Pantherkatzenfell hoch und kochen mal was „steinzeitliches“, also eine weitere wissenschaftlich unbelegte und deshalb allenfalls vage Idee davon, was vor der Neolithische Revolution und ihrem Umstieg von Jagen & Sammeln auf Ackerbau & Viehzucht von den Urmenschen gegessen wurde: Dörrfleisch mit Gemüse.

 

In Deutschland erst ganz langsam auf Marktdurchdringungskurs, steht getrocknetes Fleisch als Jerky vom Beef, aber auch von Schwein, Lamm oder Wild, in den USA schon seit langer Zeit auf dem alltäglichen Speiseplan – als haltbarer Proteinvorrat für die langen Jagdwochen in den Rockys, oder einfach mal als Zwischensnack und willkommene Abwechslung zum texturell eng verwandten Kaugummi im Dauerstau auf dem Highway – was notorische Angloskeptiker natürlich wieder als Hinweis darauf verstehen, dass die Theorie, wonach sich die Amerikaner seit der Steinzeit nur noch unwesentlich weiterentwickelt haben, durchaus einen validen Kern besitzen könnte.

 

Auf jeden Fall gibt es im Jerky-Homeland Tausende Varianten von herzhaft über süßlich bis zu sauscharf überall in Supermärkten oder Tankstellen zu kaufen, die sich vom Südafrikanischen Ur-Trockenfleisch Biltong vor allem in einem Punkt stark unterscheiden: fast überall werden in der Herstellung Unmengen von Zucker ins Fleisch geballert. Das ist vor dem Hintergrund der typischen Nährwertverteilung dieses Produktes (viel Eiweiß, wenig Fett, fast null Kohlehydrate) ein ziemlich schräger Anachronismus, dem man aber elegant aus dem Weg gehen kann, denn Rind lässt sich ganz einfach auch im heimischen Dörrautomat oder sogar im Umluftbackofen zu dünnen Jerky-Streifen trocknen.

 

Dabei kann man nebenbei die Qualität des Jerkys erhöhen, indem zum Beispiel Lende oder Filet benutzt wird, das Fleisch aus Bio-Herstellung stammt, oder von schmackhaften Fleischrinderrassen aus Dry Aging-Reifung. Wichtig für die Textur ist das ausreichend lange Abhängen (dazu gehört auch die hierzulande am weitesten verbreitete Vakuum-Reifung) von mindestens vier Wochen. Für die spätere Haltbarkeit des Jerkys ist es wichtig, möglichst fettfreies Fleisch zu verwenden, weil Fett nicht „trocknet“ und deshalb schnell ranzig werden kann.

 

Wenn das Trockenfleisch für den raschen Verzehr bestimmt ist, lässt sich aber viel Geld sparen: Statt des 60-Euro-Filets eignet sich in diesem Fall auch das höchstens ein Drittel so teure „falsche Filet“ aus der Schulter mit einem etwas höheren Anteil von intramuskulärem Fett (etwa 12 Prozent) – hier muss vor dem Zuschneiden einfach die zähe Mittelsehne entfernt werden.

 

Auch Bakterien finden Paleo superlecker

 

Wer Beef Jerky selber herstellen möchte, sollte vor allem auf die hygienischen Aspekte der Fleisch-Dörrung achten, denn in dem Moment, in dem man das Fleisch aus der Kühlung nimmt und in dünne Streifen schneidet, beginnt unweigerlich die Vermehrung der Bakterien an der Oberseite. Dieser Prozess kann durch das häufig vor der Dörrung eingesetzte Marinieren in stark säurehaltiger und scharf gewürzter Tunke ausgebremst werden.

 

Allerdings sind die in den einschlägigen Rezepten vorgesehenen Marinadenzutaten wie Sojasauce, Currypulver, Zucker, Sherry, Cayennepfeffer oder Tabasco-Sauce nicht gerade steinzeittypisch, weswegen wir uns auf die reine Salzung beschränken – allerdings mit einem vorab geräucherten Salz, was ein bisschen den Rauchgeschmack zitiert, den das vor Urzeiten am Holzfeuer getrocknete Jerky geprägt haben muss.

 

Auch bei der Beilage für unsere kleine Paleo-Vorspeise auf der heutigen „Tageskarte“ bleiben wir so frühzeitlich wie möglich und garen in dünne Spaghettiform geschnittene Zucchini (deren Kürbis-Vorfahren immerhin bis ca. 10.000 v. Chr. zurückdatiert werden können) in einer der wenigen zu dieser Zeit wahrscheinlich verfügbaren Speisefett-Sorten: Rindertalg.

 

© 2014 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 25 Minuten
Wartezeit: 12 Stunden
Zubereitungszeit: 15 Minuten
Level: apprenti cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Zucchinispaghetti
1 Stück Zucchini, gelb
1 Stück Zucchini, grün
1 EL Rinderfett
1 Spritzer Zitronensaft, frisch gepresst
1 Prise Salami, weiche
Beef Jerky
500 g Rinderlende
2 EL MALDON SEA SALT FLAKES GERÄUCHERT

Wein-Tipp

Bergdolt-Reif & Nett "1838" Rotweincuvée trocken 2013

 

Die Bergdolt-Reif & Nett "1838" Rotweincuvée trocken leuchtet purpurviolett im Glas. Die Nase zeigt sich aromatisch mit pfeffrigen Noten, Brom- und Himbeeren, Pflaumen und schwarzen Kirschen. Ein Hauch Zartbitterschokolade und süßliches Lakritz ergänzen. Zarte Karamell- und Holznoten kommen nach ein paar Minuten ebenfalls zum Vorschein. Im Mund angekommen, offenbart sich der Bergdolt-Reif & Nett "1838" als fruchtig und würzig mit vielen Beeren, feinen und festen Tanninen und einem dichten und von einer zarten Fruchtsäure durchzogenen Gesamteindruck. Der Abgang zeigt mineralische Noten nach Graphit, während im Nachhall beerige Aromen mit einem Schuss Pfeffer nachklingen. Lecker. Text: BELViNi.DE 2013

 

Bewertung & Awards

Martin S. Lambeck in der Bild am Sonntag über dem Bergdolt Reif & Nett "1838": "Dieser leckere und sehr überzeugende Rotwein ist eine Cuvée aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Lagrein und Dornfelder. [...] Im Aromenspektrum finden wir Zimt, Schwarzkirsche, Pfeffer und Marzipan. Der Wein ist eine wahrhafte Rotwein-Entdeckung und obendrein auch noch preiswert!"

 

BELViNi.DE 2013: 88 Punkte für 2012

Selection: 3 Sterne (sehr gut) für 2012

 

Weinerzeugung

Die Bergdolt-Reif & Nett "1838" Rotweincuvée reifte im großen Holzfass und teilweise im Barrique. 

 

Musik-Tipp

Passend zum fröhlichen Dinosaurier-Rippchen tönen Pop-Dinos aus den 1970er und 1980er Jahren aus unserer Flintstoneküche: In der Band-eigenen Zählweise bei „XXXVI“ (Soulfood)  angekommen sind die Schmusesoulpop-Opas von Chicago, die durch konsequentes Ausblenden ihrer frühen Jazzrock-Crossover-Gene sogar überraschend zeitlos klingen. Altersmäßig voll im Hier & Jetzt, musikalisch dagegen fest im Elektro-Dark-Wave der Achtziger verankert, liefern die griechischen Indie-Elektriker von Film mit „Eclipse“ (Rough Trade) ein Album ab, das auch neben The Cure, Vangelis, New Order und Front 242 nicht umfällt.

Zubereitung

Zucchinispaghetti

Zucchini waschen und in möglichst dünne Längsstreifen schneiden (z.B. mit einem Julienneschneider).

 

 

Gut durchmischen

 

 

 

Rinderfett in einer Pfanne heiß werden lassen, Zucchinispaghetti

 

 

2 Min. darin schwenken, 50 ml Wasser zugeben und bei niedriger Hitze 3 Min. ziehen lassen. Mit Zitrone und Salz abschmecken.

 

 

 

 

Beef Jerky

Lende möglichst exakt und vollständig parieren: jegliches Fett, Bindegewebe, Sehnen und Häutchen entfernen.

 

 

Falls Falsches Filet verwendet wird, entlang der Mittelsehne teilen und diese entfernen. Fleisch mit scharfem Messer  in hauchdünne Streifen schneiden, dazu evtl. vorher 2 Stunden anfrieren.

 

 

Streifen gleichmäßig mit dem Salz einmassieren,

 

 

eng zusammenschichten und in Küchenfolie verpackt (Paleopuristen nehmen ein Stück Rinderleder) 6 Stunden an kühlem Ort ziehen lassen.

 

 

Streifen nebeneinander auf einen Backrost legen.

 

Im Backofen bei 65 Grad Umluft (oder im Dörrautomaten) 5-7 Stunden dörren, dabei die Backofentür einen Spalt geöffnet halten (z.B. einen Kochlöffel in den Türspalt stecken). Das Jerky nach 4 Stunden überprüfen: es sollte sich am Ende trocken anfühlen, aber noch biegen lassen, ohne dass es dabei zerbricht.

 

 

Anrichten

Zucchinispaghetti mit Gabel zu vier Ballen aufrollen, in kleine vorgeheizte tiefe Teller geben, Beef Jerky anlegen und sofort servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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