Caprese 8.0

Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Caprese 8.0

Die Errungenschaften der Molekularküche machen auch beim Alltagskochen viel mehr möglich als früher, was wir in dieser Deklination des Themas „Mozzarella mit Tomaten und Basilikum“ am Beispiel von vier Gelier- und Bindevorgängen zeigen. Wir kommen hier zum Beispiel komplett ohne Gelatine aus, was Rezepte wie diese auch für Vegetarier aufschließt. Im Baumwollfell gegerbte Veganer wenden sich dennoch angewidert ab, werden Carrageene, Agar-Agar und Xanthan doch aus Lebewesen (Rotalgen; Bakterien) hergestellt. Guter Tipp an alle Diehard-Veggies: Leckt euch bloß nie nach einem obergeilen Seitan-Schaschlik die Finger ab – dort leben nämlich gut und gerne 150 verschiedene Bakterienarten.

 

© 2012 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 8 Stunden, 15 Minuten
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Tomatenhaut
1,5 kg Tomaten, vollreif, grob geschnitten
1 TL Zucker, weiss
2 TL Meersalz
4 g Iota
Basilikum-Eiskonfekt
2 Bund Basilikum, frisch
1 EL Olivenöl
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Zucker, weiss
50 ml Wasser
2 g Agar-Agar
Mozzarella-Kügelchen
400 g Büffelmozzarella
50 g Mascarpone
1 EL Olivenöl
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle
1 Spritzer Zitronensaft, frisch gepresst
15 g Johannisbrotkernmehl
Sauce & Garnitur
100 ml Tomatenessenz, klar
50 g Sahne
1 g Xanthan
4 Stück Basilikumsprossen, frisch
4 Scheiben Tomaten

Wein-Tipp

Fontanafredda "Briccotondo" Gavi DOCG 2012

 

Der Fontanafredda "Briccotondo" Gavi DOCG leuchtet klar mit hellen grüngelben Reflexen im Glas. Die Nase ist fruchtig, würzig mit Aromen gelber Süd- und Zitrusfrüchte. Aprikosen, Mirabellen, Pfirsich usw... geben sich die Hand. Am Gaumen ist der Fontanafredda "Briccotondo" Gavi DOCG feinwürzig, mineralisch, feurig-spritzige Aromen machen den Wein aus. Der Abgang soft, erneut würzig und bleibend.

 

 

Musik-Tipp

Genug Italo-Pop gehört zwischen Eisdiele und Brenner-Stau in den letzten Tagen? Dann kühlt die  zarte, leicht temperierte Jazz-Pop-Mischung der schwedischen Sängerin Lena Swanberg die Caprese-Gemüter: Auf ihrem Debütalbum „The Art of Staying Young and Unhurt“ (playground) kann selbst der aufgeregteste Bunga-Bunga-Animateur die leisen Seiten in sich, wenn nicht sogar die Langsamkeit an sich entdecken.

Zubereitung

Tomatenhaut

Mit der Vorarbeiten für dieses Gericht mindestens 8 Stunden vor dem Essen (ideal: am Vorabend) beginnen: Tomatentropftuch aufhängen und die Halbkugeln für das Basilikum-Eiskonfekt einfrieren.

 

Tomaten mit Salz und Zucker in Mixer fein pürieren und mindestens 8 Stunden lang an einem über einer Schüssel aufgehängten Leinensäckchen (besser: Superbag) abtropfen lassen.

 

 

Etwaige Trübstoffe mit Feinsieb abfischen. Für die Tomatenhaut werden 500 ml Tropf-Flüssigkeit benötigt. 100 ml der Essenz für die Sauce abzweigen.

 

Das Carrageen Iota ist hier  klar im Vorteil gegenüber Gelatine, auch weil man viel weniger Geliermittel braucht:  Bei Zutaten mit hohem Säuregehalt wie zum Beispiel Früchte oder eben Tomaten verliert Agar-Agar und tierische Gelatine extrem an Gelierkraft.

150 ml der Flüssigkeit in einem Topf geben, Iota mit Schneebesen einrühren, kurz aufkochen und unter die restliche Flüssigkeit rühren.

 

 

Backblech mit Küchenfolie oder Backpapier belegen und die Flüssigkeit gleichmäßig aufgießen.

 

 

Falls möglich im Kühlschrank gelieren lassen (geliert auch bei Raumtemperatur, dauert aber länger).

Basilikum-Eiskonfekt

 

Basilikum abzupfen. Blätter mit den restlichen Zutaten

 

 

außer dem Agar-Agar in Mixer fein pürieren.

 

 

Beherzt abschmecken, weil die Masse nach dem Einfrieren schwächer gewürzt erscheint. Die Hälfte der Creme mit dem Agar-Agar mischen, kurz aufkochen und in die kalte Hälfte rühren. Masse in Silikonbackform mit kleinen Halbkugel-Aussparungen (ca. 2 cm Durchmesser) füllen. Ränder glatt streichen und mindestens 5-6 Stunden einfrieren.

 

 

Aus dem TK-Fach nehmen, 5 Min. antauen lassen. Je 2 Halbkugeln entnehmen, zu Vollkugel zusammendrücken und an den Rändern mit den Fingern glatt streichen. Erneut einfrieren.

 

 

Hier ist Agar-Agar das Bindemittel der Wahl, denn es werden nur 2 Gramm gebraucht, um eine auch bei Minus 18 Grad schmelzige, unbrüchige Bindung zu erzielen.

Mozzarella-Kügelchen

 

Mozzarella mit den restlichen Zutaten außer dem Johannisbrotkernmehl mit Zauberstab zu einer glatten Creme mixen und 5 Min. ruhen lassen.

 

 

Dabei kräftig abschmecken. Johannisbrotkernmehl klumpfrei einrühren. Masse in Silikonbackform mit kleinen Halbkugel-Aussparungen (ca. 2 cm Durchmesser) füllen, glatt streichen und 6 Stunden im untersten Fach des Kühlschrankes (besser: 0-Grad-Fach) anziehen lassen.

 

 

Je 2 Halbkugeln entnehmen, zu Vollkugel zusammendrücken und an den Rändern mit den Fingern glatt streichen. Erneut kalt stellen.

 

Die minimal mehlige Gaumen-Wirkung des Johannisbrotkernmehl ist angesichts der hochviskosen, sehr fetten Struktur der hier benutzten Lipide und Milchprodukte ein gewünschter Gegenpart.

Sauce & Garnitur

 

Tomatentropfflüssigkeit mit Sahne und Xanthan mit Handmixer oder Zauberstab schaumig rühren. Auch hier genügt nut 1 Gramm der Textura zum Emulgieren von Fett (Sahne) und saurer Flüssigkeit (Tomatenwasser).

Anrichten

5 Min. vor dem Servieren Basilikum- und Mozzarella-Kügelchen aus dem Kühlschrank/Tiefkühler nehmen. Dekorative Tomatensorte (z.B. Ochsenherz) in Scheiben schneiden.

 

 

Je 1 Tomatenscheibe samt Basilikumspitze als „Strunk“ auf die Teller legen.

 

 

Zwei Reihen abwechselnd Basilikum- und Mozzarella-Kügelchen anlegen.

 

 

Mit Messer die Tomatenhaut in vier rechteckige Scheiben schneiden, die etwas kleiner als der Teller sind. Hautscheiben vorsichtig mit zwei Spateln abheben

 

 

und über die Kügelchen legen. Je zwei Streifen Sauce aufziehen und sofort servieren.

 

Alternativ lässt sich mit dem Konzept der Tomatenhaut zum Beispiel auch ein kleiner Caprese-Gaumenkitzler realisieren - hier mit einer Nocke Burratina und frischem Basilikum.

 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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