Douce Steiner

Meine liebsten Desserts – Cuisine douce

kochbuch

Meine liebsten Desserts – Cuisine douce
Douce Steiner:
"Meine liebsten Desserts – Cuisine douce"
Erscheinungsjahr: 2013
176 Seiten
98 Rezepte
39,90 EURO
ISBN: 978-3038007227

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Meine liebsten Desserts – Cuisine douce Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Süß und zart sollen Desserts sein. Süß und zart, auch im französischen Sinne von douce, sind nicht Adjektive, die mir automatisch zu Douce Steiner einfallen. Im Interview vor einigen Jahren zeigte sie sich überaus kundig, obwohl ihr da gerade der zweite Michelin-Stern genommen wurde (jetzt hat sie ihn wieder). Aber spröde. Kochen kann sie, finden mittlerweile nicht nur wieder der Michelin, schon immer der Gault Millau und überhaupt jeder Baden-Württemberger. Und: Kochbücher kann sie auch, in der Sterne-Gastronomie eine wohltuende Ausnahme.

 

Nun liegt ihr drittes Kochbuch vor, und auch in diesem über die süße Küche bleibt sie linientreu. Sie verbindet das technische Know-How der Sterneküche mit dem erlernten Gespür für Aromen und der instinktiven Liebe zu guten Dingen.

 

Das Buch ist – so einfach wie naheliegend – saisonal in die vier Jahreszeiten unterteilt und schwingt zwischen Melonenkugeln, Zimtschnecken und Granités. Oder Mille-Feuille, Blancmanger und Parfait. Erstere konnte schon meine Oma. Und wer das kann, dem fressen Gäste aus der Hand. Ehrlich. Denn nach komplexen Vorspeisen und einem furiosen Hauptgang wollen doch die wenigsten unter uns noch überrascht werden, jedenfalls nicht zu Hause. Douce Steiners Bücher werden selten von Profiköchen wahrgenommen. Sie macht keine vanity projects. Sondern Bücher, mit denen man arbeiten und später Freude ernten kann. Zu Hause.

 

Was dieses süße Buch wirklich besonders macht, ist ihr am Vater Hans-Paul Steiner und seiner Sterneküche geschulter Geschmack, der in Kindertagen angelegt wurde. Ihre Freude darüber, dass die eigene Tochter, jetzt noch Kind, auch schon ihr  Gespür für Genuss und das Zelebrieren feiner Dinge teilt, trägt dieses Buch, das einen wunderbaren Spagat schafft zwischen Technik und überraschend einfachen Aromen. Und ohne viele Worte und glücklicherweise nicht zu viele menschelnde Fotos hinter den Kulissen zeigt, worauf es wirklich ankommt: Mach die Gäste glücklich und Dich nicht unglücklich. Und bis es dazu kommt, musst Du kochen und kochen und kochen.

 

Schon als Kind habe sie einen „unwiderstehlichen Hang zu süßen Sachen“ gehabt. Den erkennt man in diesem Kochbuch daran, dass eigentlich fast jedes Rezept darauf wartet, nachgekocht zu werden. Die Crème brûlée hat den obligatorischen Zitronengras-Touch, wird jedoch mit Kumquats serviert, die in Weißwein und indischen Gewürzen bis zu drei Monate durchziehen durften. Die Orangenpralinen mit Piment d’Espelette schaffen Vorfreude auf Weihnachten. Sauerkirschen mit Waldmeister zu kombinieren ist doch schlichtweg genial. Zwischendurch haut sie Topfen einfach durch ein schmales Spritzgerät, was natürlich enorm viel her macht oder baut aus Meringues „Rosa Haufen“, die aussehen wie angeschwulte Autoräder.

 

Aber es gibt auch die täuschend einfachen Desserts. Für die Melonenkugeln kocht sie einen piepseinfachen Portweinfond, dazu allerdings Petersilienschaum, aus einem ganzen Bund. Das schmeckt schnell nach Dr. Seltsam. Die Tartelettes machen optisch was her, sind aber je schwieriger blindzubacken, je höher der Butteranteil im Teig ist. Der Butteranteil ihres Rezepts ist sehr hoch. Doch gemach: Douce Steiner empfiehlt, ihn vor dem Verarbeiten keine 30 Minuten, sondern 24 Stunden ruhen lassen. Der Basisteil am Ende des Buchs ist nämlich ebenfalls gut gemacht.

 

Ab und zu bleibt sie Erklärungen schlichtweg schuldig; man kann vielleicht in diesem Zweisterne-Olymp auch nicht wissen, dass ein ernsthafter Hobbykoch gerne nochmal lesen würde, wie Schokolade temperiert, Orangenschalen konfiert und Korianderblätter mit Puderzucker knusprig gebacken werden. Mindestens ein Versuch, der stante pede in den Abfalleimer führt, ist da vorprogrammiert.

 

Trotzdem.

 

Fazit: Eine wunderbare Mischung aus Zaubern mit leichter Hand, dem Erwecken von Kindheitsaromen und den angelegentlich erwähnten Techniken der hohen Schule. Gut für Männer. Nicht für Muttis. Gut auch für die in den Startlöchern stehende Generation von Frauen in der Küche. Den letzten Satz, ich wette drauf, kriege ich nicht rausgestrichen, weil’s einfach stimmt. Wobei natürlich nicht das Geschlecht den Löffel schwingt, sondern der Fleißige und Gute. Bei einem Zweisterner in die Lehre zu gehen, der wie in ihrem Fall überdies der eigene Vater ist, erfordert Können, Präzision und Wollen. Mag sie spröde sein, die Douce, sie nötigt Respekt ab. Wermutstropfen: Das Buch ist eindeutig zu hoch eingepreist.

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
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