Douce Steiner

Cuisine Douce: Sterneküche für zuhause

kochbuch

Cuisine Douce: Sterneküche für zuhause
Douce Steiner:
"Cuisine Douce: Sterneküche für zuhause"
Erscheinungsjahr: 2008
222 Seiten
92 Rezepte
39,90 EURO
ISBN: 978-3038004028

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Cuisine Douce: Sterneküche für zuhause Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Das „Kochbuch des Jahres 2008“ ist es geworden, gewählt vom Deutschen Institut für Koch- und Lebenskunst. Dass die institutionalisierten Lebenskünstler neben dem „Focus“ auch von den Puschelmotten des Fernsehsenders „MDR“ unterstützt werden, lässt die Vorfreude erstmal auf Niedrigtemperatur simmern.

 

Das Buch aufgeschlagen und über eine gekrakelte Liebeserklärung von Justine Steiner (9) an ihre Mutter und „sehr sehr gute Köchin“ gestolpert. Weitergeblättert und auf eine Abhandlung zum Thema Glück von besagter Mutter gestossen. Weitergeblättert und endgültig im Familienalbum angekommen. Zähneknirschend weitergeblättert und... das erste Rezept, ein Wildkräutersüppchen mit Crouton samt Wachtelei immerhin, dazu das Foodfoto von Michael Wissing entdeckt. Versöhnt.

 

So sehen gute Foodfotos heute aus. Sauber. Appetitlich. Die Farben sind ein Gedicht. Aber dann wieder seitenweise Douce Steiner, die optisch kein Gedicht ist, sondern den naseweisen Mops mimt und stolz auf ihr Multitasking hinweist. Sie ist Mutter und Tochter und Nichte und Köchin, darüber hinaus Ehefrau und sagt über ihren Mann: „Wir sind eigentlich grundverschieden, aber  halten immer zusammen.“ Solch abgrundtiefe Banalität dürfte den MDR schwer beeindruckt haben, liesse jedoch nicht vermuten, dass der Mops kochen kann.

 

Die Fakten: Die Michelin-Männchen haben Douce gerade den zweiten Stern aberkannt, Gault Millau hat von (mageren) 15 auf 16 Points aufgestockt; der „Feinschmecker“ kürte sie im Dezember 2008 zur „Köchin des Monats“.

 

Um gerecht zu bleiben: Douce Steiners penetranter Hang zur Kamera ist das einzige echte Manko eines ansonsten recht guten Kochbuchs, das den Spagat seines Titels „Sternenküche für zuhause“ schafft: für ehrgeizige Anfänger schon machbar und für Könner noch halbwegs interessant.  Die Rezepte sind unterteilt in die vier Jahreszeiten, was auch deshalb Sinn macht, weil Douce Steiner ein Händchen für Gemüse hat. Safranblumenkohl, abgeschmeckt mit Hummerbutter, Rote-Bete-Essenz, abgeschmeckt mit Rotwein, Tomatenterrine im Auberginenmantel (aus der „Nimm 3“-Serie des Magazins der „Süddeutschen Zeitung“), Morcheln mit Spargelfüllung, Zwiebelkuchen mit schwarzem Trüffel – das alles zeigt einen überaus feinen Gaumen.

 

Ihren Lieblingszutaten Kirschen, Artischocken, Trüffel widmet sie Sonderseiten. Die gibt’s auch für Grundsaucen (die kommen mit gerade mal zwei Seiten allerdings viel zu kurz), Sorbets, Tatarsorten, gefüllte Gemüse, sogar Panaden (witzig: Sesampanade mit weisser Sesamsaat).

 

Zwischendrin aber mag man vom Glauben abfallen und fragen: was hat ein Käsekuchen, in Grand Marnier marinierte Erdbeeren, ein Zwetschgenkuchen oder ein simples Osso Buco auf Polenta mit „Sternenküche“ zu tun – und sei sie noch so vom Himmel herunter geholt wie hier? Zumal sich immer wieder kleine Unschärfen einschleichen, die das Bild trüben: Aus „Rote Bete Stroh“ in der Zutatenliste werden im Rezept plötzlich „Chips“, Holunderblüten sollen „gesäubert werden“ (ohne Warnhinweis, sie auf keinen Fall mit Wasser zu waschen) oder Thymianzweige werden gnadenlos mit Fleisch geröstet oder im Jus mitreduziert, womit beides am Ende garantiert mit überflüssigen Bitternoten überzieht.

 

Vielleicht ist ja nur der Titel falsch gewählt. Denn das Kochbuch zeigt, was deutsche Hausmannskost sein könnte, wäre sie nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz oder Österreich beheimatet. Gute Grundzutaten in übersichtlicher Menge, einfach zu handhabende Würzeinheiten, die altmodische Küchenweisheit, dass gelungene Farbkompositionen meist auch gut schmecken und Rezepte, die für die normale und nicht die Profiküche geschrieben wurden, zeichnen dieses Kochbuch aus, das auch ich zu den deutschen Besten des Jahres rechnen würde.

 

Wäre da nicht dieser Personenkult, der schlichtweg nervt. 

Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
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