Andreas Schinharl

Käfer – Einfach gut bayrisch

kochbuch

Käfer – Einfach gut bayrisch
Andreas Schinharl:
"Käfer – Einfach gut bayrisch"
Erscheinungsjahr: 2009
288 Seiten
90 Rezepte
29,95 EURO
ISBN: 978-3-89910-427-1

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Käfer – Einfach gut bayrisch Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Andreas Schinharl, gebürtiger Niederbayer und Küchendirektor bei Käfers Partyservice in München, zeigt in 90 Rezepten, wie gut deutsche regionale Küche mittlerweile sein kann. Mit kalt geräuchertem Hirschschinken, Kartoffelbaumkuchen, Zanderwürstchen. Nix Bussi-Bussi, sondern ehrlich, aufwändig allein, was den Zeitfaktor anbelangt. Kann es sein, dass deutsche Verlage jetzt den Kochbuch-Dreh raus haben?

 

Schinharl produziert regionale Küche ohne Mief, mit einer durch Auslandsaufenthalte geprägten neuen Draufsicht auf das, was sich aus guten Grundprodukten machen lässt. Das dekliniere ich mal durch am Beispielrezept "Hechtnocken mit roter Bete, Feldspinatnudeln und Kartoffelmayonnaise". Rote Bete werden frisch mit Bio-Orangen und mit Kümmel und etwas Kardamom zubereitet. In die Hechtnocken (und nun ärgere ich mich über die Aufräumaktion meiner Küche, der eine nie benutzte Flasche Pernod zum Opfer fiel) kommt neben Noilly Prat auch Pernod und übersichtliche Mengen Sahne und Crème double. Feldspinat ist natürlich Blattspinat, klingt aber viel hübscher. Bei der Ei-Mehl-Dosierung der Pasta blieb Schinharl der italienischen Edeldosierung 1:1 treu. Die Kartoffelmayonnaise ist cremig wie Mayonnaise, aber ohne Ei, stattdessen mit Oliven- und Erdnussöl und aufgefrischt durch blanchierte Tomaten. Den Hecht holt Schinharl aus dem Königssee. Angerichtet wird rustikal in einer zerbeulten Pfanne, die weiße Variante auf Riesentellern würde aber genauso gut passen. So ist eigentlich das ganze Buch.

 

 

Typisch bayrisch werden preiswerte Innereien wie Rinderherz, Kronfleisch, Kalbszunge verarbeitet. Dann wird’s wieder moderner, mit Leberknödel und einer  Gänseleberfüllung, Ochsenschwanzpralinen mit Kalbsfarcefüllung und Schweinekotelett mit eingelegtem Kürbis, hier in SternanisBalsamicoessig und Pinienkernen, überdies Rosinen. Die Dosierung der Würzzutaten ist auch bayrisch, nämlich zurückhaltend, weil Zimtstange, Anis und Muskatnuss aus Kostengründen früher lange halten mussten. Cross-Over ist und soll es nicht sein.

 

 

Natürlich punkten die Bayern beim Süssen. Johannisbeercreme mit weißer Kuvertüre anstelle von viel Zucker, ein Weissbiersavayon, geeiste Topfennockerl mit Tannenhonig sind Beispiele dafür, wie wichtig der Generationswechsel in der deutschen ländlichen Küche war. Bei Schinharl sind Stationen im „Bareiss“ und im „Mathis Food Affairs“ in St. Moritz sichtbar bis hin zur engagierten Produktauswahl. Davon zeugen doch sieben Senfrezepte, die Mehlbutter aus Frankreich oder die vielen vorgeschlagenen Kartoffelsorten. Genau solche Kochbücher sind es, mit denen die Käufer dem letzten noch verbliebenen Metzger am Ort die Tür einrennen könnten.

 

 

Fazit: Für Bayernfans (nein, nicht der Verein). Für alle, die Neu und Alt neu mixen wollen. Für alle, die gerne kochen. Nix für Leute, die keine Zeit dafür haben.

 

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de