Otto Koch

Kochen mit Otto Koch

kochbuch

Kochen mit Otto Koch
Otto Koch:
"Kochen mit Otto Koch"
Erscheinungsjahr: 2009
176 Seiten
100 Rezepte
19,90 EURO
ISBN: 978-3937963921

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Kochen mit Otto Koch Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Auf 17 großformatigen Fotos können wir in diesem Buch Otto Koch, den Koch bewundern, doch zwei von drei Rezepten müssen ohne Bild auskommen. Da hat wohl jemand die Notbremse gezogen, denn die famose Rezeptesammlung des Helden am ARD-Herd hat vieles verdient – bloß nicht solch abschreckende Essens-Lichtbilder, wie sie hier präsentiert werden.

 

Zum Glück hat gute Küche noch immer mehr mit phantasievollen Ideen zu tun als mit der bloßen Erfüllung trendgemäßer Ansprüche. Genau dem trägt Otto Koch mit diesem Buch Rechnung. Und das beginnt schon bei den Vorspeisen: Wer hat je eine Sülze von Berliner Weiße ersonnen, wer geliert eine Tomatenessenz zu Scheintomaten, um sie im Rechaud am Tisch wieder zu Tomatensuppe werden zu lassen – oder garniert feine Schweinsbackerl mit Semmelknödelsalat?

 

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, in ihr stünden auch noch Frühlingsrollen von Leberwurst, ein fantastischer Spargel mit Estragon-Orangen-SabayonZandergulasch mit Blumenkohl-Couscous, Weißweinkutteln, Rehmedaillons mit Kürbis-Chutney oder Apfelküchle mit Lebkuchensauce.

 

Vor allem mit seinen kleinen Gerichten und dem Hang zu vorschnell als exotisch, nach dem Genuss indes als beinahe zwingend empfundener und lediglich bislang nicht ausprobierter Würzung punktet Koch.

Fotos wie Gammelfleisch

 

Womit wir zurück wären in der illustrativen Misere seines Buches, die zu erläutern wir uns nur die krassesten Fehlgriffe auswählen wollen. Seine Lammfilets in Senfsaat gebacken, ein durchaus schmackhaftes Rezept übrigens, sind derart unprofessionell abgebildet, als handle es sich um von schwer gefährlichen Pocken befallene Echsen-Penisse, man möge uns die Wortwahl hier verzeihen. Wie will man einen Gast bloß überreden, davon zu kosten?

 

Kochs Ricotta-Canneloni sehen aus, als habe der Fotograf versehentlich ein Foto seiner letzten Reportage aus der Gerichtsmedizin eingesetzt, das Matjestatar scheint seit gut zwei Wochen unbedeckt auf dem Balkontisch gestanden zu haben, die Kalbsleber gleicht erneut unangenehmsten phallischen Krankheits-Phantasien und die Möhren, welche hier ins Boeuf Stroganoff hineinragen, wirken geradezu bedrohlich. Johannes Grau, eigentlich ein angesehener und gut gebuchter Werbefotograf,  liefert hier Bilder ab, als woll er den letzten Gammelfleisch-Skandal bei Real oder wem auch sonst dokumentieren.

 

 

Das ist nicht bloß ein bisschen schade, sondern wirklich ärgerlich (eigentlich hätte das Buch locker 5 Sterne verdient). Kochs Rezepte nämlich reagieren auf die allerorts erblühte Mode, Europa und Asien wenigstens bei Tische zusammen zu führen, auf herrlich europäische und ergo lakonische Art. Sie zünden kein Feuerwerk unvereinbarer Geschmäcker, sie wägen vielmehr die Nuancen ab und suchen nach neuen Aromen. Seine Scampi mit gegrillter Ananas sind hierfür ein hervorragendes (und ausnahmsweise sogar hübsch bebildertes) Beispiel. Dort harmoniert die frische Frucht mit Vanille und Chili, mit Butter und Kumin und nur wenig Zucker zu den knackigen Meeresbewohnern. Und wie in all seinen Rezepten bleibt Koch auch hier genau in seinen Angaben und légèr in seinen Anmerkungen.

 

Da darf man ihm sogar verzeihen, es beim Tatar mit Bratkartoffeln  den Nachahmern freizustellen, das Fleisch durch den Wolf zu drehen oder mit dem Messer zu schneiden. Natürlich gehört Ersteres auf die Müllhalde der Siebziger-Jahre-Bufett-Unkultur nebst Käseigel; Zweiteres bleibt bei roh zuverzehrendem Hack die einzig gangbare Variante.

 

Fazit: Kochen Sie Kochs Rezepte nach und vergessen Sie bei der Lektüre des Buches die alte Regel, das Auge äße mit. Oder besser: koche mit.

 

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Rezensent

Stefan Krulle

Stefan Krulle

Der Journalist lebt ohne Mikrowelle und Tütensuppenschublade in Hamburg und gesellt sich in jeder Umfrage zum männlichen Koch- und Essverhalten gern zur Minderheit.