Schaf-Tajine mit Feigen und Salzzitronen

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Schaf-Tajine mit Feigen und Salzzitronen

In Zeiten, in denen sich an den Ausgabeschaltern der Essens-Tafeln Bedürftige aus immer mehr Ländern um den letzten Beutel Kreuzkümmel, ein paar Trockendatteln, ein Paket Bulgur oder einen Schlag Lammhack streiten, liegt es nahe, die Originalrezepte, in denen Zutaten wie diese eingesetzt werden, häufiger nachzukochen. Mit regulär gekauften Komponenten, denn wenn im Handel die Umsätze anziehen, wird mehr Ware beschafft – und am Ende bleiben damit auch mehr verwertbare Reste für die Bedürftigen.

 

Pünktlich zur Haupterntezeit der Feigen schmoren wir Würfel vom Schaf (ersatzweise Lamm) in einem typischen nordafrikanischen Tonbräter: Tajine ist der Begriff sowohl für das lasierte oder rohe Kochgeschirr mit dem markant hohen Kegeldeckel, als auch für die darin gekochten Schmorgerichte, die traditionell mit der Würzpaste Harissa oder frischen Chili geschärft werden.

 

Für die arabisch-orientalische Aromenausrichtung verwenden wir das typische Mischgewürz „Baharat“, dessen übliche Bestandteile man auch selber mischen kann: Neben Pfeffer kommt meist Paprika, Koriander, Nelken, Kreuzkümmel, Kardamom, Muskatnuss und Zimt in den Mörser. Aber es ist keine Schande, gleich die Mischung zu kaufen, am Besten in einem orientalischen Tante-Emma-Laden, wo sie meist viel frischer ist als im Exotenregal des Supermarktes.

 

Die Schärfung aber wollen wir keinem fremden Harissapastenrührer überlassen, sondern greifen selbst zur heftigen Schote: Peri Peri, das Rückgrat der portugiesischen und Maghreb-Scharfküche. In Schwarzafrika heißt sie Jindungo Chili, in Deutschland und den USA ist der Name näher bei der äußeren Form: Bischofsmützenchili/ Christmas Bell. Die dickfleischigen, sehr fruchtigen Chili weisen enorme Schärfeunterschiede auf, weswegen sie entweder roh mit entfernten Stegen/Kernen verwendet werden, oder vor der Verwendung auf die individuelle Brennkraft überprüft werden sollten.

 

Am besten gelingt dieses Rezept tatsächlich in einer lasierten Tajine, sofern ein Elektrobackofen als Heizquelle benutzt wird. Im Gasofen oder Konvektomat schmeckt es aus roh gebranntem Tongeschirr noch besser. Man muss sich dafür aber nicht zwangsweise einen dieser markanten Maghreb-Zipfeltöpfe kaufen – der Römertopf von Omas Speicher (oder für fünf Euro auf dem Flohmarkt) tut es hier notfalls auch.

 

 

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 25 Minuten
Zubereitungszeit: 1 Stunde, 15 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

500 g Lammfleisch aus der Keule
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
2 EL Olivenöl
300 ml Lammfond
2 Zwiebeln
6 Knoblauchzehen
300 g Feigen, frisch
50 g Feigen, getrocknet, Bio
500 g Tomatenfilets, getrocknet
300 g Tomaten, geschälte (aus der Dose)
200 g Kidney-Bohnen, aus der Dose
200 g Bohnen, weiss
2 EL Majoran, frisch
2 TL Baharat
1 Habanero Chili, frisch
2 EL Salzzitrone
1 Prise Salz

Wein-Tipp

Nein, heute machen wir mal eine Weinpause und trinken das, was in den moslemischen Herkunftsgegenden solcher Rezepte oft zu Tajines gereicht wird: ein großes Glas mild gesalzener Ayran, in den mit einem Stabmixer 1 Blatt frische Minze einpüriert wurde und der oben noch schön schaumig ist. Kühlt auch die Schärfe ein wenig.

Musik-Tipp

Leider ist die neue CD vom „Chor der Haschischkneter aus Kabul“ nicht rechtzeitig eingetroffen. Im Ernst: Zum Sanftgaren des Zickleins in dem Zipfeltopf passt nichts besser als ein in Ehren ergrauter Jazz-Sound, wie er schon in den 1930er Jahren in den Kaschemmen zwischen Tanger und Tripolis gespielt wurde – aktuell meisterlich wiederentdeckt von der Pariser Sängerin Florence Joelle auf ihrem Album „Life Is Beautiful“ (Soulfood).

Zubereitung

Falls ein unlasiertes Kochgeschirr benutzt wird: Bräter (Unterseite der Tajine) und Deckel 30 Min. in Wasser legen; Backofen auf 170 °C vorheizen. Fleisch in 2-3 cm große Stücke schneiden, mit 1 EL Olivenöl, Salz und Pfeffer vermengen.

 

 

Im restlichen Öl in Pfanne kurz scharf anbraten, bis sich eine goldbraune Kruste bildet. Mit Schaumlöffel aus der Pfanne in den Bräter umheben und mit Deckel in den Ofen stellen.

 

Zwiebeln und Knoblauch schälen und in Würfel schneiden. Trockenfeigen in schmale Streifen schneiden, Dosentomaten in grobe Stücke teilen. Chili waschen, Stiel abschneiden und mit den Kernen klein hacken. Achtung: hierbei unbedingt Silikonhandschuhe tragen und alle Arbeitsgeräte mit Spülmittel hinterher gut abwaschen. Frische Feigen schälen und längs vierteln.

 

 

Pfanne erneut erhitzen, Zwiebeln und Knoblauch 3 Min. anschwitzen, Trockenfrüchte und -tomaten und die Hälfte der gehackten Chili zugeben. Nach weiteren 2 Min. Dosentomaten hacken und mit Gewürzen und Bohnen (mit Dosenflüssigkeit) zugeben. Mischen, kurz aufkochen, in den Bräter zum Fleisch geben und gut umrühren. Bei geschlossenem Deckel 75 Minuten schmoren. Nach 60 Min. die frischen Feigen unterheben

Anrichten

Backofen ausschalten. Schärfe abschmecken und nach Bedarf mehr Chili unterheben. Zitronen unterheben

 

 

und bei geschlossenem Deckel 10 Min. im Backofen ruhen lassen. Vor dem Servieren mit Salz abschmecken.

 

Das Gericht benötigt keine weiteren Beilagen, es empfiehlt sich aber, eine Schüssel Joghurt zum Feuerlöschen am Gaumen bereit zu stellen.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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