Kaspressknödel auf Bayrisch Kraut

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Kaspressknödel auf Bayrisch Kraut

Ein wunderbares Beispiel der alpinen „Armeleuteküche“ ist der Kaspressknödel. Im Grunde ein mit Käse aufgepimpter Semmelknödelteig, bei dem die Klöße platt gedrückt (gepresst) in Butterschmalz ausgebacken werden. Das Gericht findet sich zwischen Bozen und Regensburg auf Tausenden von Speisekarten und wird nicht immer mit dem ursprünglich benutzten „Armenkäse“ hergestellt: Dieser fettarme Graukäse aus dem, was nach der Entrahmung der Milch noch übrig ist, reift über Monate zu einem rassen grauen Käsebruch, der weitaus würziger schmeckt als herkömmliche Sauermilchkäse. Graukäse ist leider schon nördlich von Ingolstadt kaum zu bekommen, weswegen auch wir unsere Kaspressknödel mit dem überall erhältlichen aber nicht minder aromatischen, 24 Monate gereiften Bergkäse und einer kleinen Beimischung von Gorgonzola zubereiten.

 

Die Zubereitung des Bayrisch Kraut als Standardbeilage zu den Kaspressknödeln (in Österreich wird auch gern Kartoffelsalat dazu gereicht) orientiert sich in der Abfolge dagegen an einem Rezept von Eckart Witzigmann von Anfang der 1980er Jahre. Bemerkenswert dabei ist, dass der „Jahrhundertkoch“ schon damals ein leichtes Karamell als ersten Ansatz benutzte (mit vier in etwas Wasser aufgelösten Würfelzuckern), in dem er nach Zugabe von Essig und Schmalz den Speck („Wammerl“) andünstete. Diese Karamellisierung ist bis heute einer der wichtigsten Profi-Tricks im Umgang mit Zwiebeln, Kohl, aber auch bei etlichen Hackfleisch- und Geschetzeltes-Zubereitungen – wobei heute aber meist zunächst der Speck ausgelassen wird und in diesem Fett die Zwiebeln ohne Wasserzusatz mit etwas Zucker karamellisieren.

 

Wir haben die Krautbeilage zu den typisch alpenländischen Kaspressknödeln testweise nach der alten Methode zubereitet. Das Kraut selbst bleibt in diesem Fall etwas heller in der Farbe, ist durch die nicht unbedingt zeitgemäße Schmalzmenge schön geschmeidig im Mund, und auch der geselchte Speck („Wammerl“ ) bleibt angenehm schinkenartig. Bei dieser Strategie sollte aber das Kraut nicht so dünn wie heute üblich geschnitten werden, eine etwas dickere Schnittbreite lässt es am Ende nicht so sehr zusammenfallen.

 

© 2013 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 45 Minuten
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Kaspressknödel
300 g Knödelbrot
3 Stück Eier
200 ml Milch
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
25 g Butter
75 g Bauchspeck, geräuchert, aus Tirol
100 g Zwiebelwürfel
250 g Kartoffel, mehlige Sorte
250 g Tiroler Graukäse
etwas Mehl
4 EL Petersilie, grob gehackt
50 g Butterschmalz
Bayrisch Kraut & Garnitur
1 Kopf Weißkohl
2 EL Rohrzucker, hell
2 EL Weißweinessig
30 g Schweineschmalz
3 Stück Zwiebeln
100 g Wammerl
1 TL Kümmel, ungemahlen
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
125 ml Sekt
250 ml Pflanzenöl, neutrales, zum Frittieren
1 handvoll Petersilienstängel

Wein-Tipp

Ellermann - Spiegel Grauburgunder trocken 2013

 

Der Ellermann - Spiegel Grauburgunder trocken besitzt eine klare Farbe mit Platin-Reflexen. Die opulente Nase ist begeisternd. Typische aber konzentrierte Burgunderaromen strömen einem entgegen. Birnen, Mango, getrocknete Äpfel, Orangenschale und eine frisch gemähte Blumenwiese bestimmen das Bukett des Ellermann - Spiegel Grauburgunder trocken. Am Gaumen ist dieser Grauburgunder dann ungemein saftig, fruchtig, ein Spiegel der Nase. Trinkfreude Pur.

 

 

Wein-Tipp

Birgit Eichinger Grüner Veltliner Wechselberg 2014

Jahrgang: 2008
Region: Österreich - Niederösterreich - Kamptal
Rebsorte: Grüner Veltliner
Geschmack: trocken
trinkreif ab sofort
lagerfähig bis: 2018
Trinktemperatur: 11 °C
Alkoholgehalt: 13,5 % vol.

Dieser schöne Österreicher fasziniert mit einem dichten, würzigem Duft und Nuancen von Marille. Am Gaumen präsentiert er sich vollmundig, mit feiner Struktur und langem Abgang.




Musik-Tipp

Ein echtes Alpen-Roots-Essen wie dieses braucht traditionelle Beschallung. Wem beim Jodeln das Kraut sauer wird, greift besser zu den wunderschönen Songs aus dem Jahrhunderte alten Americana-Kanon, die 1958 von den Everly Brothers unter dem Albumtitel „Songs Our Daddy Taught Us“ veröffentlicht wurden und nun erstaunlich stimmig von dem ungewöhnlichen Duett Norah Jones und dem Green-Day-Oberpunkrocker Billie Joe Armstrong als „Foreverly“ (Reprise) mit klassischer Holzbesetzung, aber topmoderner Stimmsetzung wieder neu aufgenommen wurden.

Zubereitung

Kaspressknödel

Altbackene Brötchen zu Knödelbrot schneiden.

 

 

Milch erwärmen, Eier, Muskat, Salz und Pfeffer einmixen,

 

 

über das Knödelbrot gießen,

 

 

umrühren und 30 Min. einweichen lassen. In der Zwischenzeit die Kartoffeln weich kochen. Käse in kleine Würfel schneiden.

 

 

Speck in feinste Streifchen schneiden,

 

 

zusammen mit den Zwiebelwürfeln in der Butter goldgelb braten. Kartoffeln durch die Presse zum Brötchenteig geben.

 

 

Petersilie fein hacken.

 

 

Speck-Zwiebel-Mischung

 

 

und die restliche Zutaten zugeben

 

 

und mit angefeuchteten Händen zu einem geschmeidigen, stückigen Teig vermengen.

 

 

Wenn kein Graukäse verfügbar ist, alternativ Berg-, Pinzgauer-, oder Bierkäse, gemischt mit Gorgonzola verwenden. Wir setzten bei der Rezeptentwicklung einen 24 Monate gereiften Schweizer Almkäse und einen mild-süßlichen Sahnegorgonzola ein.

 

Einen Testknödel abstechen (1 gut gehäufter Esslöffel Teig), zu Knödel formen), in Pfanne flach pressen (namensgebend für diese Speise...)

 

 

und im nicht zu heißen Butterschmalz langsam (ca. 10 Min.) goldgelb ausbraten. Fällt der Knödel dabei auseinander: noch etwas Mehl in den Teig rühren. Sollte er sich zu hart oder trocken anfühlen: noch etwas Milch in den Teig rühren. Alle Knödel formen.

 

 

Möglichst direkt vor dem Servieren alle Knödel ausbraten

 

 

und auf Krepp entfetten

 

 

– sie sollten nicht zu lange warm gehalten werden, weil sie mit der Zeit eine gummiartige Konsistenz bekommen.




Bayrisch Kraut

Weißkohl vierteln, die äußerste Blattschicht entfernen, dickere Rippenstücke abschneiden. Mit Messer oder auf scharfem Hobel in feine, aber nicht zu dünne Streifen schneiden.

 

 

Wammerl würfeln

 

 

, Zwiebeln häuten und fein würfeln, Kümmel

 

 

mittelgrob mörsern.

 

 

In einer großen Sauteuse oder WOK den Zucker im Wasser schmelzen,

 

 

leicht karamellisieren lassen, Essig und Schmalz zugeben. Speckwürfel 3 Min. darin dünsten,

 

 

Zwiebelwürfel zugeben, glasig dünsten.

 

 

Kraut, Kümmel, Salz und Pfeffer zugeben, Temperatur erhöhen, gut durchmischen.

 

 

Nach 2 Min. Sekt zugeben, umrühren und mit geschlossenem Deckel 5 Min. köcheln lassen. Deckel entfernen und Kraut bissfest, aber nicht zu weich kochen.

 

Vor dem Servieren mit Salz, Pfeffer und Essig abschmecken, 4 EL Kraut abnehmen und portionsweise für die Garnitur im Pflanzenöl frittieren.

 

 

Auf Krepp entfetten.

 

Anrichten

Dieses deftige Essen lässt sich klassisch in zwei Schüsseln zum Selbernehmen servieren, witzig ist aber auch, das Kraut in Dessertringe zu pressen,

 

 

die in etwa so groß sind wie die Pressknödel

 

 

und die dann mit Petersilie und dem frittierten Kraut-Stroh als Garnitur oben aufgesetzt werden.).

 

 

Sehr lecker schmeckt statt des Kohls auch ein Speckkartoffelsalat mit Radieschen und einigen Spritzern Steirer Kürbiskernöl dazu.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de