Böfflamott mit Wurzelmikado und Kartoffel-Serviettenknödel

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Böfflamott mit Wurzelmikado und Kartoffel-Serviettenknödel

Den einfachen, stundenlang in Rotwein geschmorten Rinderbraten brachten die Franzosen im Gefolge Napoleons als Boeuf à la Mode in den Süden Deutschlands mit. Mangels vertiefter Französischkenntnisse übernahmen bayrische Köche die Garmethode schnell und beherzt als Böfflamott. Dieses Rezept hier verbindet die Originalzubereitung mit Elementen der Hochküche: Als Beilage wird ein architekturhistorisch wertvolles Mikado aus Wurzeln errichtet, als Fleisch kommt ein wunderbar durchwachsenes und vier Wochen lang abgehangenes Stück Hüfte vom französischen Charolais-Rind zum Einsatz.

 

© 2009 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 48 Stunden
Zubereitungszeit: 4 Stunden
Level: sous chef
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Marinade und Fleisch
1500 g Rinderbraten
750 ml Rotwein
50 ml Cognac
300 g Gemüse, klein geschnitten
10 g Macis, ungemahlen
1 EL Pfeffer, bunt
5 Stück Lorbeerblätter
5 Stück Wacholderbeeren
2 EL Kren, frisch gerieben
Serviettenklöße
750 g Kartoffelkloßteig, roh
1 EL Butter
1 EL Meersalz, fein
Wurzelmikado
1 Stück Steckrübe
2 Stück Kohlrabi
1 EL Haselnussöl
1 Msp Pfeffer, weiss
1 TL Kräutersalz
2 Msp Muskatnuss, frisch gerieben
250 ml Rapsöl
Sauce
150 ml Portwein, weiss
1 EL Rohrzucker, braun
2 TL Butter, eiskalt

Wein-Tipp

Zünftig wäre eine Maß Oktoberfestbier von Hacker Pschorr, das in der Bügelflasche mittlerweile bundesweit vertrieben wird. Feinere Gemüter begießen das Böfflamott mit einem nicht zu stoffigen Rotwein – je nach Kreditwürdigkeit beim Weinhändler mit einem runden, etwas marmeladigen, für einen Tempranillo angenehm fruchtstarken Rioja wie den 2003er Barón de Ley Reserva Tinto.

 

 

Wenn es das Budget erlaubt, gibt der großartige 2005 Beringer Knights Valley Cabernet Sauvignon mit seinen reif-mürben Tanninen, molliger Fülle und dennoch erstaunlich frischer Fruchtigkeit einen hochpreisigen, aber zielgenauen Böfflamott-Begleiter ab.

 

Musik-Tipp

Drei Stunden lang dem Rinderbraten beim garen zusehen – ausreichend Zeit, um in aller Ruhe drei interessante CDs durchzuhören: der Gefälligkeitssaxofonist David Sanborn smootht auf "Here & Gone" (Decca/Universal Music) herrlich soulig an der Seite von Freunden wie Steve Gadd, Joss Stone und Eric Clapton. Rob Garza und Eric Hilton, besser bekannt als das DJ-Team Thievery Corporation bringen auf "Radio Retaliation" (ESL/Roughtrade) zusammen, was bislang unvereinbar schien: coole, dubbige und elegante Clubsounds mit beißenden politischen Statements gegen Guantanamo und Wirtschaftsheuschrecken – der ideale Chillout nach der Attac-Demo. Auf scheuer Spur zwischen Mogwai, Sigur Ros und Aeon Spoke balanciert mit wunderbar mürben Gitarrenklängen die Schweizer Band Beautiful Leopard auf "Sometimes It Doesn't Work" (Strange Ways/Indigo) schnurstracks in einen kuscheligen Herbstabend hinein.

Zubereitung

Braten

Die äußeren Fettschichten des Fleisches abschneiden, in tiefer Pfanne auslassen, in kleiner Schüssel im Kühlschrank aufheben. Fleisch mit den restlichen Zutaten in Gefrierbeutel luftdicht einpacken, im Kühlschrank 2 Tage marinieren. 1 Stunde vor dem Braten Fleisch entnehmen, von Gemüse und Gewürzen befreien, gut abtrocknen, Raumtemperatur annehmen lassen. Backofen auf 200 Grad vorheizen. Marinade in Topf aufkochen, leicht abschäumen. Fett in großem Bräter stark erhitzen, Fleisch darin von allen Seiten insges. ca. 10 Min. anbraten. Bräter mit heißer Marinade auffüllen, das aus der Flüssigkeit herausragende Fleisch komplett mit Gemüse bedecken. Mit geschlossenem Deckel 1 Stunde bei 200 Grad braten. Fleisch umdrehen, jetzt nicht mehr mit Gemüse bedecken, bei 180 Grad 90 Min. braten. Fleisch erneut umdrehen, bei 160 Grad weitere 60 Min. braten. Kurz vor Ende der Garzeit Backofen ausschalten. Am Ende der Garzeit Fleisch vorsichtig aus dem Bräter nehmen, in Schüssel mit Alufolie bedeckt (aber nicht eingewickelt!) im ausgeschalteten Backofen 15 Min. ruhen lassen. In dieser Zeit Sauce fertig kochen.

Das Böfflamott von Altmeister Alfons Schuhbeck wird ähnlich gekocht, bekommt aber durch die Zugabe von ZimtOrangenschalen und vor allem Rotweinessig einen Zug zum Sauerbraten, der bei den französischen Originalvarianten von "Boeuf à la Mode" nicht erwünscht war.

Klöße

Zubereitung 45 Min. vor Ende der Bratengarzeit beginnen. Das Rezept schmeckt auch mit selbst gemachten Serviettenknödeln aus Semmelknödelteig sehr gut, dies kostet aber weitere 45 Min. Arbeit. Leckere Schnell-Variante mit fertigem Kartoffelkloßteig: Kloßteig aus der Packung nehmen und mit nassen Händen zu einer Rolle formen. Diese straff in eine feuchte Serviette einpacken, an den Enden stramm verknoten. Rolle in leicht siedendem Salzwasser 20 Min. kochen. Auspacken, kurz abkühlen lassen. Mit feuchtem Messer (scharf, Glattschliff, dünne Klinge) 8 gleich große Scheiben abschneiden. Während der Ruhezeit des Fleisches Scheiben in der Butter goldgelb braten, am Ende mit Meersalz würzen.

Wurzelmikado

Zubereitung 60 Min. vor Ende der Bratengarzeit beginnen. Steckrübe und Kohlrabi mit großem Messer zu je einem Quader schneiden. Aus den Abschnitten der Steckrübe mit Zestenreißer dünne Fäden aushöhlen (ca. 4 EL Menge). Zesten in 140 Grad heißem Öl (evtl. mit Bratenthermometer kontrollieren) goldgelb frittieren, auf Krepp entfetten und abkühlen, erst kurz vor dem Servieren mit feinem Meersalz würzen.
Quader zu gleich großen, ca. 2 x 2 x 10 cm langen Stiften zurechtschneiden. Stifte mit Haselnussöl, PfefferMuskat und Salz würzen. Gitterförmig zu 4 Türmchen aufbauen, Schnittkanten mit Zahnstochern fixieren (siehe Foto). Im Dampfgargerät (oder Dämpfeinsatz über Wassertopf) bissfest garen. Zeitlich sollten die Gemüse erst kurz vor dem Servieren des Gerichtes gar sein.

Sauce

Während das Fleisch ruht, Marinade durch feines Sieb abseihen, leicht ausdrücken. Rohrzucker in Topf schmelzen, mit dem Portwein ablöschen, auf die Hälfte einkochen. Fleischsauce dazu geben, leicht einkochen lassen. Unmittelbar vor dem Servieren eiskalte Butter einrühren. Erst jetzt evtl. noch etwas mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Anrichten

Fleisch vorsichtig (es kann sehr mürbe sein) mit elektrischem Küchenmesser in acht Scheiben schneiden. Auf stark vorgeheizte, große Teller je 2 Stück Klöße und Fleisch mittig anordnen. Wurzelmikado mit Palette oder Tortenheber vorsichtig daneben setzen, Zahnstocher entfernen. Fleisch und Teller mit Sauce nappieren, Fleisch mit dem frischen Meerrettich bestreuen.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de