Birnen Bohnen Speck

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Birnen Bohnen Speck

Birnen Bohnen Speck wird in nördlichen Bundesländern zwischen Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern vor allem in den Wochen rings um das Erntedankfest gekocht. Hier kommt die Highend-Version: al dente vorgegarte, brunoise-kleine Scheibchen von milden gelben Brechbohnen, knackig ausgelassener Speck aus Tirol, kleine, nicht ganz zu Ende gereifte Williamsbirnen und kross gegrillten Quader vom Bioschweinebauch, dessen Fleisch zuvor unter Luftabschluss 23 Stunden lang bei Niedrigtemperatur zu einer hellrosafarbenen, fast schon cremigen Konsistenz gegart wurde.

© 2009 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 23 Stunden
Zubereitungszeit: 2 Stunden
Level: sous chef
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Schweinebauch
2 kg Schweinebauch, frisch, mit Schwarte
4 EL Gewürzmischung für Schweinebauch, selbst gemixt
Birnen Bohnen Speck
700 g Bohnen, gelb
400 g Kochbirnen
200 g Bauchspeck, geräuchert
50 ml Portwein, weiss
50 ml Birnensaft, ungesüßt
1 Stück Sternanis
500 ml Gemüsebrühe
2 EL Birnen-Balsam Essig
Sauce
100 ml Portwein, rot
1 EL Demi Glace, dunkel, vom Rind
2 TL Butter, eiskalt

Wein-Tipp

Die Raffinesse dieser Dekonstruktion des Nord-Klassikers Birnen Bohnen Speck erschließt sich erst langsam, mit jedem Bissen etwas mehr – genau so wie das Zauberkunststück, das der 2003 Crianza Martín Berdugo  drauf hat: Der Spanier beginnt im Glas mit den für die Tempranillo-Rebe typischen weichen Tanninen und opulenten Fruchtnoten, zaubert nach kurzer Zeit an der Luft aber plötzlich eine unerwartete, fast schon burgundisch anmutende mineralische Frische aus dem Hut, um nach weiteren Minuten in der Freiheit schließlich einen Schwarzkirschen-Nachhall oben drauf zu legen, wie man ihn nur von unbezahlbaren französischen Königströpfchen her kennt. Endlich ein Wein, der sogar einen David Copperfield unter den Tisch zaubern kann!

Musik-Tipp

Bodenständige Küche verlangt nach erdigen Klängen. Die erzeugt zuhauf der Fleetwood-Mac-Mann Lindsey Buckingham auf seinem Solo-Album "Gift Of Screws" (Reprise/Warner Music). Wer sich mit so einer CD nicht an Schule oder Uni erwischen lassen will, findet beim Finnen-Poprock "Black Roses" (Playground/Universal Music) von The Rasmus eine erheblich weniger geriatrische Alternative.

Zubereitung

Schweinebauch

24 Stunden vor dem Servieren Schweinebauch unter fließendem Wasser waschen, gut abtrocknen. Mit sehr scharfem Messer oder Chirurgen-Skalpell die Schwarte in 5 mm kleine Quadrate schneiden (nur bis zur Fettschicht, nicht bis ins Fleisch schneiden). Alle Gewürze bis auf Salz, Oregano und Raz El Hanout in Pfanne ohne Fett heiß werden lassen bis leichter Rauch aufsteigt. Sofort in Mörser füllen und zusammen mit dem Salz, dem Oregano und dem Raz El Hanout fein zerstoßen. Fleisch überall mit der Gewürzmischung einmassieren – vor allem in die Zwischenräume der Schwarte.

 

 

Fleisch in Gefriertüte oder Folie luftdicht einschweißen, Backofen auf 63 Grad einstellen, Backblech mit Wasser füllen, Fleischpaket einlegen und mit schwerem Gegenstand (z.B. Pizzastein oder mit heißem Wasser gefüllter Topf) beschweren. 23 Stunden garen. Moderne Elektrobacköfen bieten die Niedrigtemperatur-Option mit Temperaturschwankungen im Bereich von nur 1-2 Grad. Ältere Modelle besser mit eingelegtem Bratenthermometer ab und zu kontrollieren. Die Ofentemperatur sollte nicht unter 60 Grad, aber möglichst auch nicht über 65 Grad liegen.

 


30 Min. vor dem Servieren Bratpackung aufschneiden, Bratensaft auffangen, Fleisch offen in Backofen zurück stellen. Aus dem Bratensaft die Sauce zubereiten (siehe unten). 15 Min. vor dem Servieren das Fleisch in 12 gleich große Quadrate schneiden. Hierfür zunächst die Rippenknochen unten entfernen und die Flanken so gerade wie möglich zuschneiden (Rippen und Fleischreste in Kühlschrank aufheben, sie schmecken am Folgetag sehr gut als Brotzeit).

 


Fleischwürfel mit der Schwarte nach oben auf mit Backpapier ausgelegten Backrost legen, Schwarte unter dem Grill 2-3 Minuten kross backen. Wenn vorhanden, die Heizart "Umluft Grillen" mit 275 Grad einstellen. Achtung: ständig kontrollieren, denn die Schwarte verbrennt schnell und das Fleisch selbst soll so wenig wie möglich nachgaren!

Birnen Bohne Speck

Speck auf der Aufschnittmaschine in dünne Scheiben schneiden, fein stifteln. Langsam bei niedriger Temperatur in Pfanne auslassen, Speck herausnehmen, dabei in die Pfanne abtropfen lassen. Bohnen putzen (Enden abschneiden) und in feine (ca. 3 mm dünne) Scheibchen schneiden. In Durchschlag unter fließend kaltem Wasser gut waschen. Gemüsebrühe mit dem Sternanis zum kochen bringen, Bohnen kurz blanchieren (sollten noch gut Biss haben). Bohnen in Durchschlag schütten, Kochbrühe auffangen. Bohnen wieder mit eiskaltem Wasser abspülen, gut abtropfen lassen.

 


Birnen schälen, Kernhaus entfernen und in sehr kleine Stückchen (ca. 2-3 mm) schneiden. 10 Min. vor dem Servieren Birnen in dem erhitzten Speckfett glacieren, mit dem Portwein ablöschen, Birnensaft und 3 El Gemüsebrühe dazu geben, leicht einkochen lassen. Am Ende Bohnen und Speck für 2 Min. mit erhitzen, gut durchrühren. Erst direkt vor dem Servieren mit Salz und weißem Pfeffer aus der Mühle abschmecken, Birnen-Balsamessig unterheben.

Sauce

Bratensaft mit dem Portwein in Stielsauteuse einkochen lassen, Demiglace einrühren, zu einer sehr sämiger Konsistenz reduzieren, evtl. mit etwas Zucker abschmecken. Kurz vor dem Servieren eiskalte Butter einmontieren.

Anrichten

Auf große, stark vorgeheizte Teller diagonal eine möglichst gerade Linie Sauce angießen. Servierring mittig auf den Saucenstrich setzen, Birnen Bohnen Speck in die Ringe verteilen,  mit Löffel gut andrücken. Je 3 Speckquader auf die Saucenlinie setzen. Weitere Sauce sparsam direkt um die Servierringe angießen. Ringe vorsichtig abziehen, sofort servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

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