Frank Camorra & Richard Cornish

Viva ¡España! Das Kochbuch. Die besten Rezepte aus der spanischen Landküche

kochbuch

Viva ¡España! Das Kochbuch. Die besten Rezepte aus der spanischen Landküche
Frank Camorra & Richard Cornish:
"Viva ¡España! Das Kochbuch. Die besten Rezepte aus der spanischen Landküche"
Christan Verlag, München
Erscheinungsjahr: 2010
368 Seiten
119 Rezepte
39,90 EURO
ISBN: 978-3884729731

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Viva ¡España! Das Kochbuch. Die besten Rezepte aus der spanischen Landküche Bewertung: 6 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Die teuerste und gerade wieder zur Landesbesten gekürte Tapas-Bar Australiens steht in Melbourne. „Movida“ heißt sie. Frank Camorra, dessen Familie 1975 aus Spanien einwanderte, ist ihr Betreiber. Ausgerechnet dieser Aussie hat sich zusammen mit Richard Cornish daran gemacht, den Spaniern zu zeigen, was für eine Küche sie haben. Ferran Adriá auf der einen, Fertiggerichte auf der anderen Seite – so schien für ihn die aktuelle Küchenkultur seines ursprünglichen Heimatlandes auszusehen.

 

 

Zeit für eine Spurensuche. Herausgekommen ist ein großartiges Buch, handfest, appetitlich, unterhaltsam geschrieben, sehr ordentlich recherchiert und mit einer Bildsprache, die trotz aller Angefasstheit wie fetttriefender Papierservietten und Bartresen mit Wasserflecken lecker rüberkommt – verantwortlich dafür war Alan Benson.

 

 

Allein die Kapiteleinteilung des Buchs lässt ahnen, dass hier jemand nachgedacht hat: „Madrids Tapas“, „Die Gemüsegärten“, „Sherry, Salz & Fisch“, „Das Schinkenphänomen“, „Die Rote Küche“ (mit Paprika), „Eingelegt und eingemacht“, „Katalanische Traditionen“, „Spaniens grüne Küste“, „Die baskische Küche“, „Kochen am offenen Feuer“, „Andalusien – Vermächtnis der Mauren“. Dahinter steckt Fleißarbeit, die auf einen Blick beweist, dass gute Kochbücher viel mehr können als Rezepte aneinanderreihen. Sie legen den Blick auf eine Kultur frei. 5 Seiten Register, 4 Seiten Glossar – auch so sieht Fleißarbeit aus. Mit diesem Buch lässt sich also richtig arbeiten. Und die Übersetzung ist ebenfalls primstens.

 

 

Die Rezepte selbst entstammen der bodenständigen Küche des Landes, wie es die Autoren sagen, was aber nicht mit verblöder Robustheit gleichgesetzt werden sollte. Alles kommt mit Kniff daher. Italien: §buena notte§! Kleine Beispiele: Schokoladenbrot mit einem Schuss Olivenöl und Salz, Butterlauch mit Lorbeer, frittierte Artischocken im Griesmantel, Ziegenquark-Eiscreme mit Kirschen, Schafskäsecreme mit Quitten und Baisermasse.

 

 

Auch die Liebe zum Land, zu den Menschen, zu den Produkten ist immer spürbar und lesbar, was diesem Buch zusätzliche Durchblätterfreude verleiht. Was ein §cortador§ tut, außer Schinken zu schneiden, dass man sich in intensives Paprikapulver verlieben kann wie in eine tiefgründige Frau, die man niemals wieder verlässt, dass in Konserven von Venusmuscheln, Sardellen oder Thunfisch nur die beste und nicht etwa die minderste Qualität wandert, dass man Herde hassen kann und dass es im Baskenland seit den 1870er-Jahren Männerkochclubs gibt, sind atmosphärische Randnotizen, für die allein man schon nach Spanien reisen möchte.

 

 

Natürlich fehlen auch die handfesten sättigenden Wintergerichte nicht, wie Geflügel in Rotweinsauce, katalanischer Eintopf mit Gemüse, Speck, Schinken, Würsten und Huhn, mit Blutwurst gefüllte und frittierte Paprikaschoten, Rinderbäckchen in süßem Pedro Ximénez und natürlich jede Menge Süßkram, den man nur im Winter essen kann, weil die Bikinisaison und der Abnehmmarathon warten können.

 

 

Fazit: Scheinbar brauchte es Ausländer mit unverstelltem Blick und unglaublicher Neugier, um den Spanier  zu zeigen, was sie jenseits von Sternen und Molekularforschung alles können. Italien muss ganz tapfer sein. Deren Landküche ist im Gegensatz zu den Rezepten in diesem Buch langweilig, langweilig, langweilig. Dieses Buch jedoch gehört in den Schrank jedes Kochs, ist Inspiration für Könner und in großen Teilen anfängertauglich. Nur wer gerne türmt und träufelt, wird enttäuscht. 

 

 

 

Dieses Buch bei Amazon kaufen.

Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de