Gamba-Ravioli auf Spinat mit Limettenluft

Haupt- oder Zwischengericht für 4 Personen von Peter Wagner

Gamba-Ravioli auf Spinat mit Limettenluft

Pasta selbst herzustellen lohnt sich im Grunde nur bei gefüllten Teigwaren oder sehr frisch, also vor dem Trocknen, gekochten Breitbandnudeln. Getrocknete Hartweizenpasta ohne Ei gibt es längst in hervorragender Qualität zu erträglichen Preisen auch von italienischen Kleinstbetrieben – besser kriegt man Penne, Spaghetti, Fussili, Orecchiette, Farfalle, Rigatoni oder gar Puntalette (kleine, reisförmige Nudeln, ähnlich der griechischen Kritharaki) in der Eigenfertigung kaum hin.

 

Völlig anders dagegen ist die Situation bei Pasta, die eine wie auch immer geartete Füllung in sich birgt. Hier ist in so gut wie allen Fällen Ei im Teig, das viele Heimkocher gern nur aus ordentlicher Produktion zwischen Bio und Demeter einsetzen wollen – und auch bei der Füllung lohnt es sich immer, ganz genau zu wissen, was drin ist. Besonders drastisch macht sich dies bei Tortellini, die durch Trocknung zu einer Art Dauerkonserve wurden, bemerkbar. Hier steht zwar auf der Packung der Hinweis, die Nudelkringel seien mit „Gemüse“, „Fleisch“, „Käse“ oder „Tomate“ gefüllt. Aber meist schmecken sie am Ende alle mehr oder minder gleich nach Katzenfutter und hinterlassen eine schmierig-klebrige Erinnerung am Gaumen.

 

Im Prinzip ist da die in Plastik eingeschweißte Feuchtware aus der Supermarktkühlung schon einen Tick besser, schließlich muss hier die Füllung ja nicht komplett rehydriert werden. Mit viel Glück findet man bei dieser Variante zwischendrin Produkte, die vielen Nudeltellern in italienischen Restaurants, die mit „Pasta fatta in la casa“ werben, durchaus auf Augenhöhe begegnen können – wobei auch hier eine gesunde Skepsis nicht schadet, denn in einem „Haus“ („casa“) sind schließlich auch die mittelmäßigsten Industrienudeln hergestellt.

 

Was aber für die Beschaffenheit der Füllung nicht viel heißen muss (wir wollen an dieser Stelle ausdrücklich die „Pastafrauen“ auf unserem Wochenmarkt ausnehmen, die gefüllte Eiernudeln von himmlischer Qualität zu allerdings auch nicht gerade irdischen Preisen anbieten). Denn auch serielle Fertigung in Manufakturbetrieben setzt voraus, dass die Farce so glatt verarbeitet ist, dass sie (maschinell oder per Hand) auf die Teigrohlinge aufgespritzt werden kann. Das muss bei Ricotta-basierten Füllungen wie zum Beispiel mit Spinat, Kürbis, Kartoffel, Mohn oder Käse kein Nachteil sein, hier sind sogar die cremigen Farcen texturell im Vorteil, weil sie die Kernaromen gut an den Gaumen transportieren.

 

Schwieriger wird es bei Pilzen aller Art, Nüssen, Meeresfrüchten oder Fleisch, die allesamt durch die produktionstechnisch geforderte Spritzfähigkeit im Endprodukt zum Schmieren neigen. Echte, in der Restaurant- oder Privatküche selbst hergestellte „Ravioli alla genovese“ können beispielsweise ein kulinarischer Höhepunkt sein, an dem man sich noch Jahre erinnert. Allerdings nur, wenn neben den würzenden und bindenden Zutaten (Mangold, Kräuter, Parmesan, Semmelbrösel) die fleischlichen Komponenten nicht gewolft, sondern Schweinebrust sowie Muskelfleisch, Hirn und Bries vom Kalb nur mit einem scharfen Messer klein geschnitten wird. Industriell hergestellte „Genueser“ dagegen haben fast immer eine breiige, viel zu glatte Face zwischen ihren Nudelscheiben.

 

Gleiches gilt auch für die bereits erwähnten Pilze und Nüsse. Auch hier führt eine zu starke Mixerbehandlung zu verwaschenen Aromen und einem unschönen Mundgefühl. Vor allem bei der Verwendung von Steinpilzen oder Walnüssen verbessert sich das Resultat um Klassen, wenn zumindest ein Teil der Zutaten in mittelgroben Stücken der Füllung beigegeben wird, so dass (bei den Nüssen) auch noch eine bissfeste Komponente beim Kauen entsteht.

 

Diesem Gedanken folgen auch die „Gamba-Ravioli auf Spinat mit Limettenluft“ – ein Rezept, das von dem in Puerto Andratx auf Mallorca arbeitenden Feinschmeckerkoch Jens Krumbiegel www.restaurante-urbano.com inspiriert wurde und das sich hervorragend dafür eignet, auch kulinarisch endlich die wärmeren Zeiten des Jahres zu begrüßen. Anstelle der von Krumbiegel eingesetzten Zitrone für die Schaumsauce nehmen wir die in der Säure etwas weniger spitze Limette und aromatisieren den Babyblattspinat mit etwas Knoblauch und Pinienkernen.

 

Die Füllung der durch Verwendung von Semola und Rimacinata di grano (Grieß und Mehl vom Hartweizen) sowie Weglassung der Eiweiße im kräftigen Gelb leuchtenden Ravioli besteht aus nur ganz kurz gebratenen Gambas-Stückchen für den Biss und einer klassischen Fischfarce. Diese Füllung kann komplett ohne Ei auskommen, wenn man die Garnelen und den Fisch tiefgefroren, dazu die restlichen Zutaten so kalt und so schnell wie möglich in einem starken Mixer (oder Blitzhacker) verarbeitet. Dabei emulgieren die Eiweiße der Meeresfrüchte mit dem Fett der Sahne und den Flüssigkeiten so gut, dass die Füllung auch mit einem Teelöffel auf die Teigtaler aufgebracht werden kann und beim Garen schön abbindet

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Gamba-Ravioli
150 g Hartweizengrieß
50 g Hartweizenmehl
2 Eigelb
25 g Olivenöl
20 g Wasser
100 g Garnelen, geschält, vom Darm befreit
75 Fischfilets, weiß, gemischt
30 g Bärlauch, frisch
20 g Petersilie, glatt
50 g Sahne
2 TL Limettenabrieb
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
75 g Garnelen, geschält, vom Darm befreit
1 EL Olivenöl
1 Spritzer Noilly Prat
1 Prise Meersalz
400 ml Geflügelfond
50 g Butter
1 TL Meersalz
Spinat
200 g Babyspinatblätter
75 g Schalottenwürfel
1 EL Knoblauch, fein gewürfelt
2 EL Pinienkerne, geröstet und gehackt
3 EL Olivenöl
Limettenluft & Garnitur
250 ml Geflügelfond
200 g Kochsahne
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle
2 EL Limettensaft
5 g Lecite
8 Cocktailtomaten
1 Prise Puderzucker
1 Prise Meersalz, fein
1 EL Olivenöl

Wein-Tipp

Domaine Lafage Miraflors Rosé 2014

Der Domaine Lafage Miraflors Rosé leuchtet mit einer herrlich rosa-bronze schimmernden Farbe und brillanten Reflexen im Glas. Die Nase duftet traumhaft nach frisch aufgeschnittenen Erdbeeren, Brombeeren, einem Hauch frischer Kräuter und der Fahrt in einem Cabrio entlang der südfranzösischen Küste bei bestem Wetter. Am Gaumen ist der Domaine Lafage Miraflors Rosé wunderbar saftig, würzig, weich, elegant und harmonisch bis zum letzten Schluck. Der Abgang wird von feinen Fruchtaromen von Erdbeeren, Himbeeren und reifen Zitronen begleitet. Das Süß-Säure-Spiel ist perfekt. Achtung Suchtgefahr!

 

Bewertung & Awards

Robert Parker: 92 Punkte für 2013

BELViNi.DE 2013: 91+ Punkte für 2012

Robert Parker: 90 Punkte für 2012

The Rhone Report: 90 Punkte für 2012

Vinum: 16.5/20 Punkte für 2012 "Guter Trinkfluss, bleibt lange im Gaumen und endet feinfruchtig. Eleganter Rosé, aus den Sorten Mourvèdre und Grenache meisterhaft vinifiziert."

 

 

Musik-Tipp

Anfangs lief in der Küche die neue CD der Calexico-Partner Burns/Convertino, „Edge Of The Sun“ (City Slang), die sie mitten in Mexico City aufgenommen haben, die aber keine Mariachi-Platte geworden ist, sondern die bekannt-beliebte Mischung aus Country, Folk, Wüstenrock und eben diesen Mexico-Bläsern. Wem das zu staubig ist, findet elf hochflüssige Brazil-Jazz-Standards plus ein paar Eigenkompositionen der Sängerin Agathe Iracema auf „Feeling Alive“ (Neuklang), der neuen CD des Agathe Jazz Quartet, das an vielen Stellen von dem heißen Funk-Horn des Posaunen-Altmeisters Fred Wesley unterstützt wird.

Zubereitung

Gamba-Ravioli

Für den Teig alle Zutaten mindestens 5 Minuten kräftig durchkneten, falls nötig, noch etwas Wasser zugeben. Teig zu Kugel formen, in Küchenfolie einschlagen und bei Raumtemperatur 30 Min. ruhen lassen.

 

In der Zwischenzeit die Füllung herstellen: Fisch (kann auch selbst eingefrorener Frischfisch sein) kurz angetaut klein schneiden und zusammen mit den noch gefrorenen Garnelen und den restlichen Zutaten im Blitzhacker

 

 

schnell zu einer glatten Farce mixen, bis zur Weiterverwendung im Kühlfach aufbewahren.

 

 

Restliche Garnelen im Öl bei großer Hitze kurz braten, mit Wermut und Salz würzen. Die Garnelen sollen im Kern noch leicht glasig sein. Garnelen grob zerkleinern.

 

Teig portionsweise mit Nudelmaschine nach und nach zu dünnen Bahnen (zweitdünnste Einstellung) walzen (alternativ mit Nudelholz plattieren), mit 5-cm-Ring Kreise ausstechen,

 

 

mit Eiweiß einpinseln und leicht mit gesiebtem Mehl bestreuen. Auf jeden zweiten Kreis je einen TL Farce geben und die Garnelenstückchen verteilen.

 

 

Mit je einem Kreis bedecken, vorsichtig mit den Fingern andrücken, dann mit Gabel die Ränder ringsherum fest andrücken.

 

 

Fond mit Butter und Salz in einer tiefen Pfanne aufkochen, mit Schneebesen aufschlagen, Temperatur so weit verringern, dass die Flüssigkeit nicht mehr kocht. Ravioli einlegen und 7 Min. garen, darauf achten, dass sie nicht am Pfannenboden anhaften.

 

 

Falls in zwei Partien gearbeitet werden muss, die fertigen Ravioli mit etwas flüssiger Butter bestreichen und im Backofen bei 80 Grad (keine Umluft) warm halten (besser: im Dampfgarer bei 70 Grad).

 

Spinat

Schalotten, Knoblauch und Pinienkerne im Öl in tiefer Pfanne oder WOK leicht glasig andünsten, nicht zuviel Farbe annehmen lassen. Spinat unter fließendem Wasser waschen, etwas abtropfen lassen (aber nicht schleudern). Noch nass in die Pfanne geben und unter ständigen Umheben nicht länger als 90 Sek. garen – die Blätter sollten nicht komplett zusammenfallen.

 

 

Limettenluft & Garnitur

Fond und Sahne aufkochen mit Salz und Pfeffer abschmecken, Limettensaft zugeben und mit Quirl oder Schneidstab zu Schaum aufmixen. Ergiebigen, festen Schaum erhält man unter Zugabe von etwas Lecithin (Apotheke).

 

 

Cherrytomaten auf der dem Struck gegenüberliegenden Seite kreuzförmig anritzen, dabei nicht zu tief ins Fruchtfleisch schneiden. 2 Min. im kochenden Wasser blanchieren, auf Krepp trocknen, die Schalen dekorativ abziehen, aber nicht entfernen. Mit Öl einpinseln, Puderzucker darüber sieben, salzen und kurz unter dem sehr heißen Backofengrill schmelzen.

Anrichten

Spinat auf vier gut vorgeheizte Pastateller verteilen, Ravioli auflegen, mit der Limettenluft versehen, mit den Tomaten dekorieren und  rasch servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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