Alfred Biolek
"Die Rezepte meines Lebens – Jubiläumsausgabe"
Dieses Buch sei „eine Lebensphilosophie“, summt der Verlag im Vorwort. Gestrichenes Papier, serifige Schönschreibschrift und ein benutzerunfreundliches Lese-Layout signalisieren es, ebenso die fehlenden Foodfotos. Optisch also angelehnt an Marcella Hazans Klassiker zur italienischen Küche erinnert sich Alfred Biolek an sein Leckermaul-Leben. Wer das mag, der mag es sehr.
Was Alfred Biolek verkauft und verkörpert, ist er selbst. Ein gebildeter Gastgeber, freundlich, nicht zu schwul, nicht zu kompliziert und überaus fest in den Schuhen stehend. So lesen sich auch seine Rezepte. Wenn er schreibt, „die erste Begeisterung“ über seine Ligurischen Crostini, die mit Knoblauch, Olivenöl, Tomatenmark, Kapern und Pfeffer zubereitet werden, „kann den ganzen Abend einläuten“, versteht man, dass es hier nicht um hohe Kochkunst geht, sondern um die Begeisterung der Anwesenden oder Lesenden, einen Einblick ins Privatleben, cook or no cook, von Herrn Biolek zu erheischen.
Unterteilt ist das Buch übersichtlich. 15 Kapitel, von Saucen bis Lamm. Dazu gesellt sich ein in der Ich-Form geschriebenes Weinkapitel, das auf 17 Seiten eine Grundeinführung liefert, die sich in Teilen alt liest – schade. Das Buch wurde angeblich neu überarbeitet, was aber beim Rioja oder dem „Modewein“ Pinot Grigio (der war mal Mitte der 1990er Jahre hip) irgendwie nicht stimmen kann. Typisch Wiederaufbereitung altbekannter Buchinhalte also...
Kulinarisch verlässt „Die Rezepte meines Lebens“ selten Italien, von Ausflügen in deutsche Hausmannskost und Asia-Deutsch abgesehen. Gelegentlich macht sich – bei allem Wohlwollen – schieres Entsetzen breit. Kalbsleber mit Melonensauce beispielsweise, oder Kohlrabischnitzel mit einer Füllung aus Kartoffel-Avocado-Salat? Wesentlich häufiger macht sich Langeweile breit, was fast noch schlimmer ist. Fenchel in Brühe dünsten, Spaghetti Carbonara in vegetarischer Variante, Viktoriabarsch auf Gemüsebett – gähn!
Alfred Biolek will im Gegensatz zu vielen anderen Quereinsteigern sein mangelndes Hintergrundwissen nicht kaschieren. Wiener Schnitzel zum Beispiel so auszubacken, das sie die begehrte wellige Kruste erhalten, klappt, wenn die Schnitzel in viel Fett beim Braten hin und her geruckelt werden. Bio schreibt „knusprig ausbraten“. Ach so.
Fazit: Für Anfänger, für konservative Fans deutsch-italienischer Hausmannskost und für Fans von Alfred Biolek eine runde Sache. Für alle anderen eine absolut überflüssige Investition.
Caroline Gorth
Caroline Gorth
liebt Essen, Kochen, Backen und besonders ihre Spülmaschine, genannt James, um das entstandene Küchenchaos anschliessend zu beseitigen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und dem Beginn einer erfolgreichen konventionellen Karriere, entschied sie sich zum Ausstieg, um ihrer eigentlichen Passion, dem Schreiben, nachzugehen. "Finanziell müssen nun kleinere Brötchen gebacken werden, aber sie schmecken viel besser, wenn man glücklich ist mit dem, was man tut“.
carogorth@kochmonster.dekochmonster.de
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