Christine Dobretsberger

Der Oma in den Kochtopf schauen

kochbuch

Der Oma in den Kochtopf schauen
Christine Dobretsberger:
"Der Oma in den Kochtopf schauen"
Erscheinungsjahr: 2008
224 Seiten
132 Rezepte
24,95 EURO
ISBN: 978-3-85431-470-7

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Der Oma in den Kochtopf schauen Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

In schlechten Zeiten wird nicht nur der Ruf nach dem starken Mann oder dem mutigen Politiker lauter. In schlechten Zeiten ruft jeder nach Oma. Und sehnt sich nach ihren Kochkünsten. Offenbar so sehr, dass gleich zwei neue Omakochbücher erschienen sind.

 

Gräfe und Unzer schickt einen von ihren Starautoren zum Thema Oma-Food ins Rennen, das dennoch der österreichische Pichler-Verlag für sich entschied mit Omi-Rezepten zwischen Burgenland und Tirol.

 

Irgendwie kriegt man Mitleid mit den Großmüttern. Waren wir nicht eigentlich schon so weit, dass Oma zur Generation der Best Ager gehörte, im Rotel durch den Himalaya rollte, den Dalai Lama in die Wange kniff, sich die Haare rot färbte und Shit rauchte? Und plötzlich muss sie zurück an den Herd, nur damit es uns Memmen warm ums Herz wird?

 

Die Ergebnisse könnten verschiedener nicht sein. Die deutsche Omaküche wird auch nach dem Versuch von Reinhardt Hess („Aus Omas Küche“) das bleiben, was sie einst war. Ein uncharmanter Dickmacher ohne Raffinesse. Oll wie Opas Puschenkino.

 

Die Österreicher sind da wesentlich besser dran, weil man in diesem Land schon immer gut kochte. Wo Reinhardt Hess allen Ernstes Rezepte für Mettbrötchen, Weisskohlsalat und Schlesischen Kartoffelsalat präsentiert und sich spätestens mit Brandenburger Wirsingrouladen und Pfälzer Gurkengemüse (auch mit Instant-Fleischbrühe zu machen, wie er schreibt) die Finger verbrennt, da punkten die Ösi-Omis.

 

An die Sahnesauce kommt weißer Portwein. Zum Wein gibt’s die leckeren Grammelpogatscherln. Kürbis, der bei Reinhardt Hess gar nicht vorkommt, nehmen sie als Füllung für Strudel. Statt seiner stöhnend langweiligen Tellersulz kochen zwei Bregenzer Omis in Tracht Flusskrebserlsulz mit schlappen 15 Zutaten. Und ihr Backwerk ist ein Traum. Aloisia Bischof aus dem Burgenland kann es besonders gut. Leider sieht sie auch aus wie eines ihrer sicherlich köstlichen Wagenräder, für die der Teig allein 140 g Zucker, 280 g Butter und 3 Eigelbe verschlingt, von der Buttercreme, dem Schokoladenüberzug und den Kokosraspeln ganz zu schweigen.

 

Dass auf dem Buchcover von „Der Oma in den Kochtopf schau’n“ ein gestickter Sinnspruch zu sehen ist, passt zur leider grauslich altmodischen Aufmachung des Buchs. „Von Lieb’ allein wird niemand satt“, kann man da lesen, „wohl dem, der was zu löffeln hat“.

 

Fazit: Ob die gute alte Zeit wirklich so gut war? Eine steht jedoch fest: Ich hätte gerne eine österreichische Oma. 

 

Reinhardt Hess:
„Aus Omas Küche“

Gräfe und Unzer

Gräfe und Unzer Verlag, München, 2008

126 Seiten

91 Rezepte; 9,90 €

ISBN 978-3-8338-1061-9

Wertung: * * *

Rezensent

Caroline Gorth

Caroline Gorth

liebt Essen, Kochen, Backen und besonders ihre Spülmaschine, genannt James, um das entstandene Küchenchaos anschliessend zu beseitigen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und dem Beginn einer erfolgreichen konventionellen Karriere, entschied sie sich zum Ausstieg, um ihrer eigentlichen Passion, dem Schreiben, nachzugehen. "Finanziell müssen nun kleinere Brötchen gebacken werden, aber sie schmecken viel besser, wenn man glücklich ist mit dem, was man tut“.

carogorth@kochmonster.de
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