Steffen Henssler
"Hensslers Küche"
Wer keinen rohen Fisch mag oder vielleicht nicht einmal gegarten, der muss sich auch kein Kochbuch von Steffen Henssler kaufen. Vom Hamburger Kochstar zu erfahren, was er mit einem Maishähnchen oder einer deutschen Ente anfängt, lohnt den Erwerb dieses Kochbuches keinesfalls.
Doch selbst der Fischfan stößt hier an Grenzen. Wenn Henssler ob der hohen Preise für frisches Krebsfleisch empfiehlt, dann und wann mal zu Surimi zu greifen, dreht sich uns der Magen um. Das Zeug ist nämlich bei Weitem kein, wie Henssler behauptet, „geformtes Weißfischfleisch“, sondern vielmehr ein Produkt, welches aus Fischabfällen sozusagen am Boden aufgekehrt und dann zu bestenfalls geschmacksneutralem, vielleicht nicht gesundheitsgefährdendem Abfall verdichtet wird. Immerhin: So schnittfest wie früher holländische Tomaten.
Dies indes bleibt Hensslers einziger Abstecher in Reich groben Unfugs, ansonsten wird dieses Kochbuch zum wertvollen Ratgeber der Liebhaber einer frischen, asiatisch angehauchten Lebens- und Genussart verpflichteten Küche. Halt, eine wirklich letzte Einschränkung des potenziellen Kundenkreises sei noch erlaubt: erklärte Feinde jeder Crossover-Küche und speziell derer euro-asiatischen Spielart dürfen ihr Geld ebenfalls woanders ausgeben.
Was Henssler hier empfiehlt, entspricht dem Habitus von Deutschlands nicht zuletzt auch eigener Einschätzung nach attraktivstem Fernsehkoch geradezu perfekt. Langes Tüfteln am Herd ist ebenso wenig sein Ding wie stundenlanges Warten auf niedrigtemperiert gegarte Schweinereien, Henssler bevorzugt die schnelle, überraschungsreiche Küche. Und könnte so zum besten Ratgeber zwar durchaus ambitionierter, aber nicht überreich mit freier Zeit (dafür allerdings mit gutem Einkommen) gesegneter, urbaner Erfolgsmenschen werden. Sie bereiten sich dann vielleicht schon zum Frühstück ein gebratenes Tuna-Sandwich zu, nehmen sich für Mittags ein Töpfchen Kartoffel-Sesam-Suppe und ein paar marinierte Krabben mit und laben sich des Abends an Hensslers Fischstäbchen mit Asia-Remoulade, allesamt feine Gerichte ganz ohne Chi-Chi. Am Wochenende gibt es bei diesen Leuten dann vielleicht mal ein paar schöne Hummer-Ravioli oder Saltimbocca von Seeteufel mit weißem Spargel, wenn der denn gerade Saison hat.
Wo Hensslers etwas alibihaftes, kleines Fleisch-Kapitel nicht eben mit Originalität glänzt und zu allem Überfluss auch noch das Wiener Schnitzel offeriert, zählen die Abteilungen „Sushi“ und „Sashimi“ erwartungsgemäß zu den Höhepunkten seines Breviers. Zumal Steffen Henssler ihnen unter dem Titel „Handwerk“ ein episodisch bebildertes Making-Of voranstellt, dem Folge zu leisten sich geradezu aufdrängt. Sogar wer sich mit klebrigem, kaltem Reis irgendwie nie hat anfreunden können, entdeckt in seinen Rezepten so schöne Fluchtpunkte wie gegrilltes Sashimi von Wassermelone und Snapper oder allerfeinste Tuna-Saltimbocca mit Olivenbutter und Salat.
Fazit: So lange Steffen Henssler das Thema Fisch weiterhin in derart mannigfaltigen Variationen auf den Tisch und in seine Kochbücher bringt, kann er sich gern weiterhin in TV-Shows oben ohne präsentieren, ohne an kulinarischer Glaubwürdigkeit einzubüßen. „Hensslers Küche“ jedenfalls macht, auch dank schwer Appetit anregender Fotos, knapper wie präziser Anleitungen und makelloser Zutatenlisten, Lust aufs Nachmachen.
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