Masaharu Morimoto

The New Art of Japanese Cooking

kochbuch

The New Art of Japanese Cooking
Masaharu Morimoto:
"The New Art of Japanese Cooking"
Erscheinungsjahr: 2007
272 Seiten
108 Rezepte
23,69 EURO
ISBN: 978-0756631239

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
The New Art of Japanese Cooking Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Das beste Mahl seines Lebens sei es gewesen. Da käme selbst der Sauerbraten von Mami nicht mit. Auch nicht die Buchteln der oberösterreichischen Oma und wenn er so recht überlege, selbst das Sauerkraut der ersten Freundin, ne, das auch nicht... So schwärmte mir unlängst ein Freiburger vor und natürlich erwartete ich als nächstes den Namen eines elsässischen Schwergewichtsrestaurant. Doch dieser Herr sprach vom Morimoto in New York.

 

Dort kocht Masaharu Morimoto. Den kennen alle Amerikaner, die Foodfernsehen gucken, denn er gehört zu den berüchtigten iron chefs, die in einem ursprünglich japanischen Gameshowformat gegeneinander antreten. Die New Yorker kennen ihn, weil er so exotisch ist, Pferdeschwanz, Brillantohring, strenge Brille, japanische Klamotte. Da mein eigener Boss auch manchmal zum iron chef neigt, wenn es um Reisespesen geht, durfte ich nicht vor Ort verifizieren, wie gut es wirklich schmeckt, sondern musste mit dem Kochbuch vorliebnehmen. Denn wie alle (ge-)wichtigen Köche dieser Welt hat auch Herr Morimoto ein Kochbuch geschrieben, das bislang nur in der US-Version vorlag, im Januar 2009 aber als deutsche Ausgabe von der Collection Rolf Heyne veröffentlicht wird. Dieser Text bezieht sich auf die Originalausgabe.

 

 

„Ich habe mir eine Biografie erlebt, bevor ich ein Kochbuch geschrieben habe. Die meisten Köche machen es andersrum“, erklärt er den Entschluss in dieser unnachahmlichen Art, bei der sich Ausländern nie erschließt, ob Japaner nun bescheiden sind oder uns gaijin einfach nicht ernstnehmen. Vier Jahre lang hat er sich in seiner Kochausbildung in Hiroshima mit Reis beschäftigt, dann weitere vier Jahre mit Sushi und Kaiseki-Küche. Mit 24 hatte er bereits sein eigenes Restaurant. Mit Dreißig in New York ein neues Leben. In Hiroshima spielte er Baseball, heute in New York praktiziert er den Samurai-Look. Und kocht nicht japanisch, sagt er, sondern "21. Jahrhundert".

 

So liest sich das dann: Sösschen vom kalten Aal. Insalata caprese mit rohem Seeteufel. Riesenkraken. Klar, auch roh. Sojalezithin. Das sieht auch in seinen Worten aus wie zerknüllte Küchenfolie, zerlaufe aber im Mund wie eine Eins. Getrüffelte Eigelbe. Sein Rezept ließe die Gelingsicherheitsgarantieexperten bei "Gräfe und Unzer" erblassen. So einfach geht’s: Eier 60 Minuten bei 65° köcheln, Eigelbe danach von den Eiweißen befreien und selbige drei Tage im Kühlschrank in weißem Miso marinieren. Mit den Eiweißen irgendetwas anderes tun. Dann Eigelbe hauchdünn aufschneiden, zwischen hauchdünne Trüffelscheiben legen, mit Trüffelöl beträufeln und mindestens weitere drei Tage in einer Plastiktüte durchziehen lassen. Noch Fragen?

 

Völlig selbstverständlich verwendet er Eisbergsalat, eigentlich ein Tabuthema in der gehobenen Restaurantküche. Und was macht er damit? Richtig: Er friert ihn ein. Fisch legt er zum Trocknen einen Tag in die Sonne. Wer sein Vanilleeis nachkocht, muss als Erstes ein knappes Kilo Hummerköpfe bei hoher Hitze anrösten. Also im Ernst: für zuhause ist das nichts.

 

Ferran Adrià sagt über ihn, er hätte ihm beigebracht, dass man auch mit der Seele kochen kann. Man könnte es auch so formulieren: Alles in diesem Buch klingt bekloppt und gleichzeitig verlockend. Wie mein Traummann. Warum kann ich ihn nicht kennenlernen! Wir könnten stundenlang alte Samurai-Filme anschauen, während er mich mit schokoladenummantelten Spargelstangen füttert oder mir als Überraschungsdessert einen gezuckerten Lachs serviert. Dann würde ich ihm erzählen, dass der Sohn von Toshiro Mifune, Star in vielen Samurai-Filmen, in München auch ein japanisches Restaurant betrieb, so wie er in New York. In dem kochte er allerdings japanisch.

 

 

 

 

Vielleicht würde Herr Morimoto dann gnädig kichern und mich an der Gürtelschleife seines Samurai-Kimonos zupfen lassen. Oder er ließe mich zur Strafe  shikai maki rollen. Da wird Reis rombenförmig um Salatgurke gewickelt und das aufgeschnittene Endresultat sieht aus wie eine persische Intarsienarbeit. Und ich dürfte von  seppuku träumen, wenn mir schon wieder so ein Mistding gerissen ist.

 

Und das würde passieren. Herr Morimoto hat rührend wenig Ahnung davon, wie wenig wir können. „Verwenden Sie nur die Croissants aus der besten Bäckerei Ihrer Stadt“, mahnt er und fügt hinzu: „Natürlich backe ich meine selbst, aber vielleicht haben Sie ja nicht genug Zeit dazu.“ Zeitmangel, das weiss jeder, der nicht Patisserie gelernt hat, ist beim Herstellen von Blätterteig in der eigenen Küche wahrlich das kleinste Problem.

 

Aber dieses Kochbuch ist ja auch kein Kochbuch. Sondern der Schlüssel zu einer sehr persönlichen Genusswelt, in der Herr Morimoto oszilliert zwischen affig und kreativ. Immer wenn es einem gleich zu bunt wird beim Lesen, blitzt hinter gewagten Geschmackskombinationen und sündhaft teuren Zutaten eine Kreativität durch, die wie alle Kunst von Können kommt.

 

Das gilt auch für die Aufmachung des Buchs. Quentin Bacons exzellente Foodfotografie lässt jedes Gericht aussehen wie eine kulinarische Teezeremonie. Klug durchdachte und sauber fotografierte Stepfotos sind eine echte Hilfe beim Nachkochen. Hintergrundwissen wird durch gute Rezepte für Saucen, Brühen und Öle und durch informative Einführungen zu allen Rezepten vermittelt.

 

 

 

 

Zwischen den Rezepten finden sich Seiten, die Aspekte der japanischen Küche vertiefen. Das richtige Anrichten der Gerichte. Wie wird Tofu hergestellt. Die korrekte Art,Sushizu essen: Sojasauce nicht mit Wasabi mixen. Sushi nicht mit dem Reis zuerst tunken. Eingelegten Ingwer zwischendurch essen, nicht als Beilage.

 

Und nie an Sushi knabbern: „Ich habe das Verhältnis zwischen Fisch, Reis und Wasabi in jedem einzelnen Sushi sehr präzise festgelegt“, schreibt er. „Genau so soll der perfekte mundgerechte Happen schmecken. Manchmal fragen mich Gäste, ob ich ihre einzelnen Sushi nicht halbieren könnte und dann sage ich: Natürlich kann ich das. Aber Sie müssen sie sich trotzdem auf einen Happs in den Mund stecken.“

 

Mal ehrlich: Welche Frau will so einen Mann nicht kennenlernen?

 

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de