Perlhuhnsupreme Sous Vide mit Dinkel-Tabouleh

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Perlhuhnsupreme Sous Vide mit Dinkel-Tabouleh

Den Warnhinweis gleich vorneweg: Die nachfolgenden Küchenaktivitäten sind für Kinder, Schwangere, Kranke und immungeschwächte Mitbürger ebenso tabu wie für alle, die ihr Fleisch immer nur aus der Discounterkühltheke holen und noch dazu der Meinung sind, dass es sich weder lohnt, über Geschmack zu streiten, noch ihn irgendwie verbessern zu wollen.

 

Der Rest der kochenden Leserschaft kann sich nun gern auf dieses kleine Abenteuer einlassen. Wir wollen nämlich nicht nur, wie es im Rezept steht, „Perlhuhnsupreme Sous Vide mit Dinkel-Tabouleh“ zubereiten. Sondern auch zeigen, wie man einen verdammt guten Beilagensalat noch besser machen kann – und wie himmlisch Geflügel rosa gegart schmecken kann, ohne deshalb gleich die Keimpolizei rufen zu müssen.

 

Letztere kommt nämlich, zumindest in der Gastronomie, sofort mit dem Blaulicht auf dem Desinfektionswagen angebraust, wenn irgendwo Geflügelfleisch nicht ausreichend entkeimt ist. Dies sei laut der aktuellen Vorschriften erreicht, sobald die Kerntemperatur ein paar Minuten so hoch ist, dass der größte Teil der Keime abgetötet ist – das Robert-Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung nennen hierfür Werte zwischen 70 und 80°C. Während also ein „rare“ gebratenes Rinderentrecôte im Steakhaus ohne Stress mit dem Gesundheitsamt bei fast kühlen 50°C im Inneren serviert werden darf, sorgen Gockel & Co. mit ihrem hoffnungslos übergarten Fleisch für Staublungen beim Genießer. Immerhin: In der Sterneküche hält sich kaum einer daran.

 

Der amerikanische Food-Forscher Nathan Myhrvold diskutiert dieses Thema ausführlich in seinem fünfbändigen Mammutwerk „Modernist Cuisine“ und kommt nach Hunderten von Messreihen im Labor zu dem Schluss, dass die von der US-Behörde FDA vorgeschriebenen 74°C unnötig hoch sind. Die kulinarisch mit Abstand am besten mundende Hühnerbrust verortet er bei 60-62°C im Kern, was bei seinen Messungen schon nach einer halben Stunde auf dieser Temperatur den von der FDA vorgeschriebenen Erregertod verursacht. Myhrvold druckt allerdings daneben einen Warnhinweis in roter Fettschrift, denn so nah an der Keimkante zu arbeiten, ist kniffelig. Wir haben unsere Perlhuhnsupremes (Brustfilet mit Haut samt des ersten Flügelgelenks) deshalb als ultrafrische Ware bezogen und sofort unter hoher hygienischer Aufmerksamkeit Sous Vide zubereitet – sicherheitshalber mit sieben Stunden Pasteurisierzeit (siehe Rezept).

 

 

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 1 Stunde
Wartezeit: 7 Stunden
Zubereitungszeit: 1 Stunde, 30 Minuten
Level: sous chef
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Perlhuhn
8 Perlhuhn-Supreme
3 EL Walnussöl
1 TL Meersalz, fein
1 TL Quatre Epices
25 g Butter
50 g Butterschmalz
Salat
400 g Instant-Dinkel
400 ml Wasser
400 ml Gemüsefond
0,5 TL Curcuma, gemahlen
1 TL Baharat
1 EL Meersalz, grob
100 g Rettich (Radi)
0,5 TL Meersalz, fein
75 g Karotten
1 Zwiebel, rot
200 g Salatgurke
150 g Fenchel-Brunoise
100 g Oliven, schwarz
75 g Tomatenconcasse
75 g Petersilie, glatt, fein gehackt
Salatsauce
75 ml Weißweinessig
4 EL Walnussöl
2 EL Arganöl
1 EL Mosto Cotto Sirup
1 EL Honig
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
0,5 TL Meersalz
1 EL Liquid Flavour Vegetarisch
100 ml Wasser

Wein-Tipp

Guado al Tasso Scalabrone Bolgheri DOC Rosato 2015

 

Den Spagat aus zartem Geflügel und herzhaft-arabischem Salat schafft am besten ein wirklich hochwertiger Rosé wie der Guado al Tasso Scalabrone Bolgheri DOC Rosato 2015 aus dem Hause Antinori – ein edles Cuvée aus 40% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot und 30% Syrah, das für eine ausgewogen fruchtige und zugleich herrlich spritzige Frischebombe sorgt. Auf den Jahrgang achten: der 2014er ist längst unten durch...

Musik-Tipp

Wissenschaft trifft Leidenschaft, wie in unserem Perlhuhngericht: Manchmal hängt der Kölner Pianist/Komponist Alexander Paeffgen gern den Professor raus (er sitzt auf einem Lehrstuhl für Komposition und Musiktheorie) – aber auf „#Jazz“ (edel) lässt er es mit Bassist Christopf Sauer und Drummer Christof Jaussi nach allen Regeln der Improvisationskunst herrlich ekstatisch krachen.

Zubereitung

Perlhuhn

Silikonhandschuhe anziehen und Perlhuhn-Supremes (die Ware muss so frisch wie möglich sein!) unter fließendem kalten Wasser sorgfältig abwaschen, Spritzer vermeiden. Mit Krepp abtrocknen, Krepp entsorgen, Fleisch mit frisch abgewickelter Küchenfolie einschlagen und Raumtemperatur annehmen lassen. Mit dem Öl ringsherum einpinseln, salzen und mit dem Quatre-épices würzen. So straff wie möglich in Sous-Vide-Beutel (herkömmliche Gefrierbeutel sind hier untauglich) vakuumieren. Im Wasserbad bei 55°C 7 Stunden Sous Vide garen. Bei dieser Temperatur kann das Fleisch bis zum Anbraten vor dem Servieren im Wasserbad gehalten werden, weil es ausreichend pasteurisiert ist und nicht weitergart. Alternativ können die Vakuumpäckchen auch in einem sehr großen Topf mit warmen Wasser im Backofen bei 60°C gegart werden.

 
 
Salat & Sauce

Instant-Dinkel in dem gewürzten Wasser (Menge exakt bemessen) und dem Fond kurz aufkochen und 20 Min. auf niedriger Hitze ausquellen lassen. Abseihen und 15 Min. abtropfen lassen.

 

 

Rettich fein würfeln, Salz unterheben. Restliches Gemüse zu Brunoise schneiden – wichtig für dieses Rezept ist, dass alle Salatkomponenten in etwa so klein geschnitten sind wie ein aufgequollenes Dinkelkorn.

 

 

Aus den Zutaten eine glatte Salatsauce mischen und alle Salatkomponenten damit übergießen. 30 Min. ziehen lassen, alle 5 Min. gut umrühren.

 

Anrichten

Perlhuhn-Supremes aus den Beuteln nehmen, Flüssigkeit auffangen und kurz mit der Butter verschlagen und zu Sauce aufkochen. Butterschmalz in unbeschichteter Eisenpfanne stark erhitzen und die Perlhuhn-Supremes auf beiden Seiten sehr kurz scharf anbraten.

 

 

Sie sollten mit einer Kerntemperatur von nicht mehr als 60°C serviert werden – an der Brustseite angeschnitten und aufgeklappt

 

 

auf einem Bett Dinkel-Tabouleh-Salat. Mit etwas Sauce beträufeln

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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