Rainer Schillings und Ansgar Pudenz

Fleur de Sel - Weißes Gold aus dem Meer

kochbuch

Fleur de Sel - Weißes Gold aus dem Meer
Rainer Schillings und Ansgar Pudenz:
"Fleur de Sel - Weißes Gold aus dem Meer"
Erscheinungsjahr: 2011
104 Seiten
15 Rezepte
24,00 EURO
ISBN: 978-3-942518-02-4

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Fleur de Sel - Weißes Gold aus dem Meer Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Es gibt schwarzes, rotes, parfümiertes und natürlich weißes Salz. Salz hat sein Aussehen verändert und wieder an Bedeutung gewonnen, nachdem es lange Zeit zu den kulinarischen Selbstverständlichkeiten gezählt hatte. Ein elementares Würzmittel in der Küche war Salz schon immer, aber in den letzten Jahren haben sich einige neue Spielarten in die Kochkulturen gedrängt. Heute gilt mehr denn je: Ohne Salz geht gar nichts mehr. Erst seit wenigen Jahren hat sich auf dem Speiseplan auch Fleur de Sel etabliert, die Salzblume, die Esserlebnisse um neue Geschmacksnuancen erweitern kann.

 

Das Buch „Fleur de Sel“ von Rainer Schillings (Text) und Ansgar Pudenz (Fotos) erzählt die Geschichte eines scheinbar banalen Minerals: Meeressalz ist rein chemisch betrachtet nichts anderes als Natriumchlorid in der bekannten Formel NaCi. Kulinarisch jedoch ist es eine ganz eigene Welt. Fleur de Sel gilt als das beste Meersalz. Es kann sich nur bei starker Sonne, niedriger Lufttemperatur und bei mittleren Winden bilden. Dann entsteht eine hauchdünne Schicht in den Wasserbecken, diese dünne Kruste wird in aufwändiger Handarbeit mit einer Holzschaufel von der Wasseroberfläche abgeschöpft.

 

Wie das edle Fleur de Sel in harter körperlicher Arbeit dem Meer abgerungen wird, davon erzählen in diesem Buch die bretonischen Salzbauern: Den Rhythmus in ihrem Leben bestimmen ausschließlich Tide, Sonne und Wind. Privatleben gibt es nur bei Regenwetter. Salzbauern schauen bei der Arbeit nicht auf die Uhr, nur auf die Wolken. Denn wenn es plötzlich regnet, kann die Salzernte vernichtet werden.

 

Das Buch erzählt aber nicht nur den Alltag der Salzbauern und die Kulturgeschichte des Meeressalzes, das als „weißes Gold“ schon immer mit den Schöpfungsmythen der menschlichen Zivilisation verbunden war. Der junge Koch Manuel Weyer, der schon Johann Lafer auf der Stromburg assistierte, hat vier Vorspeisen, vier Fischgerichte, vier Fleischgerichte und drei Desserts entwickelt, bei denen Fleur de Sel immer eine Rolle spielt. Mal als würziger Akzent, mal in ungewohnter Rolle die Geschmackssinne verblüffend.

 

Vorspeisen wie Marenne-Austern auf offenen Birnen-Melonendominos schmeckt Weyer mit Fleur de Sel ab, das Salz akzentuiert dabei Weyers Aromenakrobatik: Die im Wasserbad pochierten Austern werden in einem Gelee aus Wodka und Zitronensaft verpackt und mit Melonen- und Chili-Birnenwürfel serviert. Ein fruchtig-würziger Genuss mit unerwarteten Kontrastpunkten.

 

Bei den Fischgängen benutzt Manuel Weyer das Salz quasi als Medium: Jakobsmuscheln lässt er auf heißen Salztörtchen gar ziehen, dabei ziehen feine Salzaromen in das Muschelfleisch, das mit Korianderkörnern und Kamillenblüten gewürzt wird. Dazu empfiehlt der Koch einen Wildkräutersalat, eine insgesamt sinnliche Liaison. Der schwarze Seeteufel wird über Fenchel gegart und anschließend mit einer dezent mit Honig gesüßten Salzkruste überbacken und im Kartoffel-Pfifferlings-Sud serviert, ein leichtes und aromatisches Gericht.

 

Bei den Fleischgängen nimmt die Salzblume auch eine Mittlerrolle zwischen süßen und herzhaften Geschmacksavancen ein: Die Tournedos vom Rinderfilet mit Weinbergpfirsich sind eine geschmacklich süße Symphonie, die durch ein Ziegenkäse-Risotto und Fleur de Sel immer wieder für Augenblicke auf die salzige Seite gezogen wird.

 

Bei den Desserts schließlich provoziert Manuel Weyer eingespielte Geschmacksvorstellungen: Zu den Amarant-Törtchen mit Granatapfel-Gelee stellt er ein Vanille-Salzeis, ein kalkulierte Gaumenreizung, die gelingt und die vermeintlichen Widersprüche süß und salzig ausräumt. Mit demselben aromatischen Wechselspiel wartet das Nougatmousse mit Fleur-de-Sel-Plätzchen und Passionsfrucht-Würfel auf.

 

 

Fazit: Fleur de Sel ist im kleinen Hamburger Verlag 99pages erschienen, der mit aufwändigen und liebevoll gestalteten Genussbüchern auf sich aufmerksam macht. Die Rezepte sind anwenderfreundlich, nicht zu banal für geübte Hobbyköche, aber auch nicht zu anspruchsvoll für Gelegenheitsköche.


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Rezensent

Rainer Schäfer, Jahrgang 1962,

lebt und arbeitet als Journalist in Hamburg und schreibt über das, was

er am meisten liebt: Fußball, Wein und Essen. Er pendelt zwischen

Fußballstadien, Weinanbaugebieten und Restaurants.

schaefer@kochmonster.de