Natalie Quagliata, Susanne Dr. Krebber, Dieter Müller

Esslust: Vitalität und Lebensfreude mit Genuss

kochbuch

Esslust: Vitalität und Lebensfreude mit Genuss
Natalie Quagliata, Susanne Dr. Krebber, Dieter Müller:
"Esslust: Vitalität und Lebensfreude mit Genuss"
Erscheinungsjahr: 2009
160 Seiten
71 Rezepte
29,90 EURO
ISBN: 978-3865286413

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Esslust: Vitalität und Lebensfreude mit Genuss Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Was, zum Teufel, hat auf Kochmonster ein „Ernährungsbuch“ verloren? Wo wir doch alle wissen, dass „Ernährung“ einer der ärgsten Intimfeinde des Genießens ist. Auch in diesem Buch spielen Fettsäuren, Vitamine, Eiweiss Undsoweitergedöns eine wichtige Rolle, doch die Rezepte dazu stammen vom Altmeister Dieter Müller. Und siehe da: schon lange war „Ernährung“ nicht mehr so unglaublich genussvoll.

 

Wer – nicht ganz zu unrecht – meint, Dinge wie Lycopin, Omega-6,  Polyphenole oder Serotonin sei nur interessant für nimmersatte Fettsäurediätiker, kann dieses Buch getrost erst auf Seite 67 aufschlagen, da beginnen die Rezepte. Und schon blättert der Genießer mit offenem Mund und triefenden Augen (oder umgekehrt) durch die unglaublich klare und appetitanregende Farbwelt, die Dieter Müllers Teller schon seit Jahrzehnten auszeichnen.

 

Knallorange die „Gazpacho mit Shrimps in Chicoréeschiffchen“, leuchtend gelb das „Süppchen vom Hokkaidokürbis mit gebackenen Hänchenbrustwürfeln“, grün wie die Gourmethoffnung das Gegenstück aus Pastinaken mit Orangenblüten, multi-colorell dagegen die „Langostinos in Amaranthknusperrolle auf Gewürzzwiebelravioli und kleinem Kräutersalat“ oder das rotweissgrün des „Kabeljau mit Salbeibutter Auf Kräuterstampfkartoffeln mit Fumet von Geräucherter Paprika“.

 

Irgendwas bemerkt? Müller-Kenner sehen sofort den Unterschied zu seinen Arbeiten aus dem legendären „Amouse Bouche-Menü“ im Schlosshotel Lerbach, seinen Dreisterne-Glanzleistungen wie „Terrine von Entenleber und Entenconfit mit Salat von Nadelbohnen und Trüffeljus“, „ Duo von Wachtel und Stubenküken im Bisquitmantel mit Wachtelkeulchen, Trüffelsauce und Selleriepüre“ oder „Kaninchensülze und Kaninchenrücken im Olivenbrot mit Senfemulsion, Ähren und Möhren“, die wir auf Kochmonster in der gebotenen Breite präsentieren: Müller dekoriert seine „Esslust“-Rezepte in gewohnter Sternenoptik, er arbeitet hier aber ausschließlich mit kerngesunden Zutaten und schonenden Zubereitungstechniken wie auch mit nicht minder Geldbeutel-schonenden freundlich niedrigem Wareneinsatz.

 

Dieter Müller blickt auf zweiunddreißig leidenschaftliche Kochjahre. Davon siebzehn unvergessliche Jahre in den Schweizer Stuben in Wertheim-Bettingen. Die Höchstnote von 19,5 Punkten im Gault Millau 2006 und drei Michelin-Sterne, erkocht im Schloßhotel Lerbach, untermauern sein gleichbleibend hohes Niveau und seine einzigartige kulinarische Weltklasse. Nachdem er in Lerbach den Kochlöffel an Nachfolger Nils Henkel abgegeben hat, kümmert er sich in aller Ruhe um seine anderen Steckenpferde: Kochschule, Kurse an Palmen-gesäumten Traumurlaubsdestinationen – und natürlich um das Essen für seine Familie.

 

Und genau hier lohnt es sich doch, ein paar Seiten „Esslust“ zurückzublättern: Dort erfährt man endlich, dass bei den Müllers unter der Woche stets die Gattin kocht und was passiert, wenn Freunde den Superkoch zurück einladen müssen: „Dann bekommt der eine oder andere schon mal Herzklopfen“, verrät Müller im Buch-Interview. „Oh je, der Dieter Müller kommt...“. Seine Deeskalationsstrategie: „Ich frage einfach, ob ich helfen kann.“ Und dann kocht der große Müller plötzlich auch in ganz kleinen Küchen. 

 

Fazit: Dieter Müller zeigt hier, wie Sterneteller gemacht werden können, die vor allem gesund sind – ohne auch nur einen Zentimeter von der Gourmet-Maxime zurückzuweichen. Ein absolutes Muss für alle Müller-Fans, Freunde von klaren Farben und exakten Aromenkompositionen einer ausgereiften Autorenküche, Frisch- und anderen Intensivkochern. Nervig sind einzig die ständigen Werbe-Einsprengsel für Gaggenau-Produkte via Müllers Kochjackenbestickung, aber auch in Bildunterschriften zu Küchengeräten. Das könnte man eleganter lösen.

 

 

Und, na gut, die Seiten mit den ungesitteten fetten Säuren sind gar nicht so ätzend wie sonst in „Ernährungsbüchern“, da haben die Kölner Ernährungsexpertin Natalie Quagliata und die Medizinerin Dr. Susanne Krebber einen guten, weil erfrischend undogmatischen Job abgeliefert.

 

 

Dieses Buch bei Amazon kaufen

Rezensent

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de