Polenta mit Fenchel, Pfifferlingen und Salsiccia

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Polenta mit Fenchel,  Pfifferlingen und Salsiccia

Was vom Urlaub übrig bleibt, kann mehr sein, als nur ein im Folgejahr entsorgter Staubfänger. Und weil in diesen Tagen die ersten Bundesländer ihre Schulkinder bereits wieder auf die Bank rufen, starten wir eine kleine Hobbykochserie mit Zutaten aus klassischen Urlaubsländern. Beginnen wollen wir mit gemahlenem Getreide und der groben Bratwurst Salsiccia – beides seit mehr als zwei Jahrtausenden hochbeliebte Klassiker der Italoküche.

 

Den aus Maisgries hergestellten gelben Polenta-Brei gibt es zwar erst seit dem 15. Jahrhundert, nachdem die Amerika-Eroberer einige Maispflanzen mitbrachten, die vor allem in Italiens Böden hervorragend wuchsen. Der Polenta-Vorläufer „Pulmentum“ diente dagegen schon zu Zeiten der alten Römer als perfekt halt- und transportierbares Rückgrat der Legionärsverpflegung. Allerdings bestand dieser auf heißen Steinen geröstetem Grieß aus Hirse, Gerste, Weizen, Kichererbsen oder Dinkel.

 

In Italien entwickelte sich der Mais zunächst zu einem der wichtigsten Tierfuttermittel, war aber auch in härteren Zeiten als Nahrungsmittel für die ärmlich-bäuerlichen Küchen beliebt. Bis heute hat die Polenta deshalb das Stigma der Cucina Povera, die einst dazu diente, sich nach einem kalten Tag in den Bergen daheim aufzuwärmen. Speck gab es dazu allenfalls ein Mal die Woche.

 

Letzteren könnten wir zu unserem heutigen Rezept für „Fenchelpolenta mit Pfifferlingen und Salsiccia“ anstelle der groben Bratwurst auf den Grill hauen. Kulinarisch wäre das ein feiner Ersatz, lebensmittelchemisch die gleiche Katastrophe. Denn beide Fleischprodukte sind meist mit Pökelsalzen haltbar gemacht – und haben deshalb auf dem Grillrost eigentlich nichts zu suchen.

 

Denn diese Konservierungsstoffe auf Nitritbasis (Natriumnitrit, Kaliumnitrit; E-Nummern E249, E250, E251 und E252) können unter starker Hitze giftige Nitrosamine bilden. Bei rohen oder selbst gewürzten/marinieten Grillprodukten ist das kein Problem, denn die sind pökelsalzfrei. Ganz im Gegensatz zu vielen Wurstwaren – wobei Bock- oder Wiener Würstchen wahrscheinlich eher in milden Wassertemperaturen gegart werden und deshalb kein Risiko darstellen. Leberkäse dagegen, oder alle Fleischsorten “Kassler Art” (also auch z.B. Burgunderschinken und eben Speck), sind häufiger über glühend heißer Kohle zu sehen, als uns das gut tut.

 

Sogar bei Bratwürsten ist Vorsicht geboten, denn viele Sorten werden in der Herstellung mit Hilfe von Nitritsalzen “umgerötet”, also haltbarer gemacht. Im Zweifelsfall also besser auf die Inhaltsliste der Verpackung schauen oder den Metzger fragen. Manchmal lässt sich dieses Problem durch Kauf vergleichbarer Produkte mit Bio- oder Demeter-Siegel umgehen, weil dort in der Regel nur einfaches Kochsalz bei der Herstellung verwendet wird (was auch zur vermeintlich unleckeren grauen Farbe führt).

 

Bei den hocharomatischen groben italienischen Salsicciawürsten wird das Brät derart beherzt gewürzt, dass es weiterer Pökelung eigentlich gar nicht bedürfte. Doch um die “Salsiccia fresca” (es gibt auch eine geräucherte, Salami-artige Variante, die eher kalt verzehrt wird) wochenlang “frisch” zu halten und somit zum Beispiel auch nach Deutschland exportieren zu können, braucht es Nitrit. Wenn Italiener alerdings bei ihrer “Grigliata” (Grillparty) bevorzugt Salsiccias auf den Rost legen, stammen die meist direkt vom örtlichen Schlachter und halten sich wegen Verzichts auf Nitrite auch nur wenige Tage im Kühlschrank.

 

Wer nicht das Glück hat, auf ungepökelte Varianten dieses als “Lucanica” schon von Cicero zu Zeiten von Christi Geburt schriftlich erwähnten uralten italienischen Wurstklassikers zugreifen zu können, sollte sich bei den Gartemperaturen sicherheitshalber zurückhalten. Viele Rezepte für Pasta oder Risotti arbeiten zum Beispiel mit dem aus der Schweinepelle gepressten rohen Brät der Salsiccias – allerdings bei eher milden Brattemperaturen.

 

Wenn man sie, wie zum Beispiel für unser Rezept, grillen möchte, sollte dies indirekt, also unter der Haube bei mittlerer Temperatur geschehen. Echte Brandings braucht diese Wurst zumindest in ihrer Funktion als Polentatopping nicht, sie ist in sich stark genug gewürzt.

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Zubereitungszeit: 15 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Fenchelpolenta
300 g Instant-Polentagrieß
700 g Milch
200 g Kochsahne
1 TL Meersalz, fein
50 g Pecorinokäse, fein gerieben
1 TL Fenchelsamen
1 EL Olivenöl
50 g Fenchel-Brunoise
Pfifferlinge, Salsiccia & Garnitur
350 g Pfifferlinge
2 EL Olivenöl
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
75 ml Weißwein
50 ml Gemüsefond
4 Salsiccia Fresca mit Fenchel
100 g Cocktailtomaten, orange
1 EL Olivenöl
1 Prise Rohrzucker, braun
1 Prise Kräutersalz
50 g Pinienkerne
1 handvoll Petersilienblätter
4 TL Olivenöl natives extra, fruchtig

Wein-Tipp

 

Braida Bianco Langhe DOC Il Fiore 2014

Ein frischer Weißer aus der Polentahochburg Piemont soll es sein: Der Braida Bianco Langhe DOC Il Fiore 2014, eine Cuvée aus Chardonnay und 30 Prozent der autochtonen Rebsorte Nascetta begleitet mit kühler Eleganz und feiner Blumigkeit unser cremig-würziges Hauptgericht.

Musik-Tipp

Zur Polenta, Italiens bester Beilage, passt hervorragend der poppige Jazz-Funk von Deutschlands bester Saxofonistin: Susanne Alt bewegt sich auf ihrem sechsten Album „Saxify“ (Venus Tunes) zusammen mit einer illustren Schar von Gast-Stimmen ein Stück näher an die schwarzen funky Beats der 1970er und frühen 1980er Jahre.

Zubereitung

Fenchelpolenta

Milch mit Sahne und Salz kurz aufkochen, Polenta mit Holzlöffel einrühren.

 

 

Auf niedrigster Stufe 10 Min. quellen lassen, dabei öfters umrühren. In der Zwischenzeit Fenchelsamen bei großer Hitze in unbeschichteter Pfanne erhitzen, bis er leicht raucht. Öl und frischen Fenchel unterheben, Pfanne nach 30 Sek. vom Herd ziehen.

 

 

Pecorino mit sehr scharfer Feinreibe zu Schnee reiben. Am Ende der Quellzeit zusammen

 

 

mit dem Fenchel unter die Polenta rühren

 

 

. Falls nicht sofort serviert wird: Polenta in Schüssel geben, luftdicht mit Küchenfolie abschließen und warm stellen.

Falls mit nicht vorgekochtem Maisgrieß gearbeitet wird: Packungsangabe befolgen und ca. 60 Min. Kochzeit beachten.

 

Pfifferlinge, Salsiccia & Garnitur

 

Pfifferlinge kurz abwaschen und von Sand und Schmutz befreien. In Krepp abtrocknen. Olivenöl in beschichteter Pfanne erhitzen, Pilze zugeben, sofort beherzt salzen und pfeffern. Sobald die Pilze Wasser verlieren, Wein und Fond zugeben und bei großer Hitze ohne Deckel 3 Min. dünsten.

 

 

Pilze abseihen, Flüssigkeit auffangen und vor dem Servieren unter die Polenta rühren.

 

Salsiccia nicht zu dunkel bei mittlerer Hitze indirekt grillen, warm stellen.

 

In der Zwischenzeit die Tomaten waschen, in feuerfeste Form geben, mit Öl, Zucker und Kräutersalz vermengen und bei höchster Stufe unter dem Backofengrill 3-5 Min. schmelzen. Achtung: verbrennt schnell!

 

Pinienkerne ohne Fett in unbeschichteter Pfanne anrösten, nicht schwarz werden lassen, Petersilie waschen.

 

 

Anrichten

Salsiccia in dünne Scheiben schneiden.

 

 

Polenta auf vier vorgeheizte Teller verteilen, Salsiccia und Pilze verteilen, Tomaten anlegen, Petersilie und Pinienkerne über die Teller streuen, je 1 TL Olivenöl in kleinen Spritzer verteilen und sofort servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de