Yan-kit So

Chinesisch kochen: Die besten Originalrezepte

kochbuch

Chinesisch kochen: Die besten Originalrezepte
Yan-kit So:
"Chinesisch kochen: Die besten Originalrezepte"
Erscheinungsjahr: 2007
256 Seiten
150 Rezepte
19,95 EURO
ISBN: 978-3-8320-1030-1

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Chinesisch kochen: Die besten Originalrezepte Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Jedes Jahr zur Frankfurter Buchmesse stehen sie regalweise, ach, was sage ich, ständeweise herum: Die Kochbücher der Köche. Auch 2008 war das wieder einen langen Flug nach Deutschland wert! Denn überall baudrexelt, petermariaschnurrt, tillmannt, vaut und buchholzt es hier. Ob sich solche mal bescheiden, mal bombastisch gestalteten Erzeugnisse verkaufen, weiss ich nicht.

 

Nicht umsonst führt auch die Buchbranche das international und medienübergreifende Wort vom vanity project im Munde, was ein Produkt beschreibt, das es nur deshalb gibt, weil sein Auftraggeber eitel ist wie ein Gockel. Doch ein Gockel gehört in China wie in Europa in den Kochtopf und nicht auf’s Papier. 

 

Aber seit Jahren scheint dieser Trend ungebrochen, verewigen sich die TV-Köche mit Rezepten, die nur selten den Übergang von der  Profiküche mit ihrer viele Köpfe starken Brigade in die heimische IKEA-Ausstattung für zwei Personen überstehen. Und dann kommt diese olle Kamelle auf den deutschen Markt. Mehr noch, der Verlag verschweigt diese Tatsache nicht etwa verschämt, sondern rühmt sich noch damit. Kann er auch.

 

Ein Klassiker seit 1984

Denn Yan-kit Sos „Chinesisch kochen“, erstmals erschienen 1984, ist heute wie damals das beste Einsteigerbuch in die echte chinesische Küche. Wohl auch, weil es sich dabei um besagte echte chinesische Küche handelt und deshalb auch Quallenfleisch und Gingkonüsse verwendet werden, trauten sich deutsche Verlage an dieses Buch nicht heran. Im englischsprachigen Raum verkaufte es sich hunderttausendfach und wurde von unseren Freunden in ihrer schönen schottischen Destille umgehend mit ihrem begehrten Glenfiddich Book Award für das beste Kochbuch des Jahres ausgezeichnet.

 

Wem das alles noch nicht exotisch genug ist: Yan-kit So war eigentlich promovierte Historikerin, kochte anfangs aus Heimweh, wuchs auf in Hongkong, studierte in London, ging mit ihrem Mann an eine Uni nach New York und lebte auch mal in Indien. 2001 starb sie nach einem langen erfüllten Leben,  international anerkannt als Autorität der chinesischen Küche. Und als jemand, der endlich mal brauchbare chinesische Rezepte machte.

 

„Chinesisch kochen“ beginnt mit einer nutzerfreundlichen Einführung in Zutaten, Küchengeräte und Kochmethoden. Dann folgen Kapitel zu Vorspeisen, Suppen und Feuertöpfen, Fisch und Meeresfrüchte, Geflügel und Eier, Fleisch, Gemüse, Reis, Nudeln und Teigtaschen und Nachspeisen (dieses Kapitel ist klein, denn Chinesen stehen nicht auf Süßes).

 

Dann folgen Menüs aus den vier Regionalküchen Chinas: Die feine Küche Pekings und des Nordens, die schwerere Küche Shanghais und des Ostens, die scharfe Küche Sichuans und des Westens und die milde Küche Kantons und den Südens, die hierzulande meist mit "chinesischer Küche" assoziiert wird.

 

Ameisen auf dem Baum

Natürlich kocht Yan-kit So für uns Peking-Ente  – aber auch die weniger bekannte Sichuan-Ente. Ihr „Acht-Juwelen-Tofu “ nach einem Rezept des Dichters Yuan Mei ist handfest genug für passionierte Tofuhasser, die „Ameisen auf dem Baum“ klingen nach kompliziertem Kamasutra und stellen sich als pikant mariniertes Schweinefleisch mit Glasnudeln  heraus, der „Gebratene Brokkoli mit Shiitake-Pilzen“ mit nur einer Hand voll Zutaten stellt unter Beweis, wie gut die Chinesen Gemüse können.

 

„Luohans Entzücken“ klingt nach mehr Kamasutra, bezieht sich jedoch auf Buddhas 18 Schüler, die Luohan. Eine Einführung in Kultur und Landeskunde ist „Chinesisch kochen“ nämlich auch. Und wie schön und philosophisch das alles klingt... „Zweigesichtige Nudeln“, „Zischender Reis“, „Perlenbällchen“, „Fischduft-Auberginen“...

 

Der Brite Martin Brigdale hat für die vorliegende Ausgabe, die in Deutschland als Originalausgabe erscheint, appetitliche, frische, moderne Foodfotos geliefert. Sonst wurde dem Zeitgeist in keinster Weise gehuldigt. Das könnte Tierschützer stören, denn Haifischflossen kommen vor, immerhin erwähnt die Autorin die barbarischen Fangmethoden und hat das Rezept nur der Vollständigkeit halber dazu gestellt – ähnlich wie die klassische Schwalbennestersuppe.

 

Fazit: Ein echter Klassiker, in den jeder Trendkoch seine (Lang)Nase stecken sollte und das im Regal jedes an asiatischer Originalküche Interessierten einen Platz verdient. Ein solide erarbeitetes Buch im praktischen Format mit übersichtlicher Rezeptgestaltung, nachvollziehbaren Arbeitsschritten und altmodischen Charme. Zum Angeben, zum Lernen, zum Genießen, zum Lesen.

(Übersetzung: Peter Wagner)

 

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Rezensent

Suzie Cue

Suzie Cue

Die promovierte Ethnologin heißt im bürgerlichen Leben Su Wang, lebt in Honkong und arbeitet dort als freie Journalistin und Buchautorin mit dem Schwerpunkt asiatische Küchen.

cue@kochmonster.de