Fuchsia Dunlop

Land of Plenty: A Treasury of Authentic Sichuan Cooking

kochbuch

Land of Plenty: A Treasury of Authentic Sichuan Cooking
Fuchsia Dunlop:
"Land of Plenty: A Treasury of Authentic Sichuan Cooking"
Erscheinungsjahr: 2003
395 Seiten
152 Rezepte
17,77 EURO
ISBN: 13: 978-0393051773

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Land of Plenty: A Treasury of Authentic Sichuan Cooking Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Sie ist ein Geheimtipp. Jedenfalls in Deutschland. In ihrer Heimat Großbritannien – und wo wird man schon herkommen, wenn man nach einer Blume und einem Reifen benannt ist – schreibt Fuchsia Dunlop für die Financial Times. Wahlweise referiert sie in der BBC über chinesisches Essen, berät Londoner Restaurateure und perfektioniert ihr Mandarin. Leider sei sie viel zu dumm, sich die Schriftzeichen zu merken, ließ dieses rastlose Blümchen unlängst verlauten.

 

Natürlich ist das britisch tiefgestapelt. Denn Fuchsia Dunlop gehörte zur Studi-Elite Englands und bestand überdies Mitte der 1990er-Jahre als erstes Wesen aus dem Westen an der Staatlichen Kochschule von Chengdu die Ausbildung zum Profikoch. Chengdu liegt in der Provinz Sichuan, wo es richtig scharf ist. Nach einer extrem besoffenen Nacht kurz vor diesem Abschluss genoss sie dann erstmals frittierte Kaninchenköpfchen...

 

Küchenlatein? Ist wohl wahr! Steht in ihrer unterhaltsamen Autobiografie „Shark’s fin and Sichuan Pepper“ (Ebury Publishing, London, 2008)! Auf Seite 44.

 

Mit ihrem Debütkochbuch „Land of Plenty“ (auch unter „Sichuan Cookery“, Penguin Verlag, London, 276 Seiten, 152 Rezepte; 20,99 €,ISBN-13: 970-0140295412 auf dem Markt) rang sie ihren Kollegen so viel Respekt ab, dass die britische Gilde der Foodwriter es zum besten Debüt des Jahres wählten.

 

 

 

 

Kaninchenköpfchen wird man in diesem Kochbuch natürlich vergeblich suchen. Fuchsia Dunlop weiß, dass wir im Westen nicht begreifen, warum Chinesen alle Tiere als potenzielles Nahrungsmittel sehen. Also bestätigt sie keine Vorurteile, sondern konzentriert sich auf das, was diese Küche so besonders macht.

 

Streng riechender Ochsenpenis

 

Da sind für Schnitttechniken allein in Sichuan schon mal acht Seiten fällig. Auf weiteren sechs Seiten beschreibt "Miss Reifen" die 23 wichtigsten Aromen dieser Provinz – am ehesten noch vergleichbar mit Escoffiers Grundsaucen der französischen Küche. Im Anhang folgt eine Einführung in die 56 (!) Kochmethoden Sichuans. Den chinesischen Grundwortschatz lernt man danach. Frühlingsrollen, geschnitten wie Fischaugen, heißen  yu yan cong. Wenn es komisch riecht, heißt das  yi wei. Ochsenpenis heißt niu bian. Man sieht, mit einer Hand voll Vokabeln lässt sich in China doch gleich eine interessante Konversation beginnen...

 

Mit anderen Worten: Ihr überaus respektvolles, jedoch nicht devotes Verständnis für Küche & Kultur macht dieses Buch so herausragend. Sie gibt Wissen weiter, das hart erarbeitet ist. Schon Randbemerkungen fallen in die Kategorie Gut zu wissen, beispielsweise dass asiatische Auberginensorten vor der Verarbeitung nicht eingesalzen werden müssen. Oder dass das saubere Aroma von Bittermelone all denen liegen könnte, die Chicorée und Zartbitterschokolade mögen.

 

Über die Tatsache, dass Chilis in Sichuan für unsere Begriffe in den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllenden Größenordnungen vorkommen, geht sie mit einem charmanten Lächeln hinweg... nein, 50 g Chilis seien für ein Hühnchengericht für vier Personen kein Druckfehler; das Gericht sähe nur scharf aus. Aber glauben Sie grünäugigen Damen, die aussehen wie 14, alles? Sollten Sie auch nicht.

 

 

 

 

Geflügel ist ein umfangreiches Kapitel im Buch gewidmet. Fleisch, Tofu, Suppen, Süßes, Eingelegtes, Fisch und Gemüse werden ebenfalls in klassischen Kapiteln abgehandelt. Besondere Sorgfalt widmet sie den chinesischen Spezialitäten Vorspeisen,  street food und dem  hot pot, der chinesischen Variante des französischen Fondues. Hier kocht Fuchsia Dunlop nicht nur klassische Sichuan-Küche ihrer Lehrer Herr Lu und Frau Long (sic!) nach, sondern unterhielt sich bei der Recherche monatelang mit Straßenhändlern und Hausfrauen in Chengdu.

 

Dabei entdeckte sie Frühstücksgerichte, eines zum Beispiel mit Lotussamen, Lilienblüten, ErdnussWalnussDatteln und Adzukibohnen, erforscht Tofugerichte, die in der Konsistenz an Crème caramel erinnern, Blümchenbrötchen (hua juan) und Klößchen, die mit Schweinefleisch und den unterschiedlichsten Aromaten gefüllt werden, beispielsweise Shaoxingwein, kandierten Früchten  oder Kürbis.

 

Fazit: Ein Koch- und Lesebuch für Fortgeschrittene – obwohl viele Gerichte im Grunde gar nicht so kompliziert sind. Doch die sparsame Bebilderung, die detailreiche Einführung in jedes Gericht und das wenig lesefreundliche Layout, welches Rezepte über Seiten springen lässt, setzen Erfahrung und Neugier voraus. Wer die hat, wird hier reich belohnt. Ich habe mir nach 4 ½ Jahren Kochen mit diesem Buch gerade eine unbekleckste Ausgabe nachbestellt.

 

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de