Jörg Sackmann

Aromen

kochbuch

Aromen
Jörg Sackmann:
"Aromen"
Erscheinungsjahr: 2008
256 Seiten
51 Rezepte
49,90 EURO
ISBN: 978-3937963785

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Aromen Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Mit diesem trockenen Buchtitel ist die bisherige deutsche Höchstnote „Jahrhundertkoch“ des Sackmann-Lehrers Herrn W. dort gelandet, wo diese Hyperbel längst hingehört. Auf’m Kompost. Sackmanns aromengeprägte Schwarzwaldküche steht für das neue Jahrhundert. Auf dem Cover seines zweiten Kochbuchs (nach „Sackmann. Das Kochbuch“, Collection Rolf Heyne, 2003) hat Jörg Sackmann zur Einstimmung seine wichtigen Aromen aufgelistet, darunter Amarone, Bauernmilch, Eukalyptusrinde. Muscovadozucker, Pondicherry-Pfeffer. Süsskartoffel. Whisky.

 

Da schwillt die Pfütze auf der Zunge, wie meine geliebte Greta sagt, wenn ein neuer Film mit Clive Owen in die Kinos kommt. Sonst sagt sie noch: Es ist so lecker, dass meine Füllungen jucken. Greta kommt aus Stockholm. Die Füllungen zum Jucken bringt bei ihr neben vielen meiner Gerichte Mel Gibson bis einschliesslich „Braveheart“. Bei mir der neue Sackmann.

 

Es ist ein Quadratschinken geworden, gehalten in appetitlichem Gelb. Auf seitenfüllenden Fotos werden Wachteleigelbe, Kapern, Kubeben-Zuckerwatte  und Lauch beseelt; fast erwartet man, dass sie bald Wichtiges zum Leben mitteilen. Bei den Rezepten wird noch geträufelt, drapiert, gesteckt, gestapelt, was das Zeug hält. Aber das macht nix. Minikritik: Was haben die Deutschen immer mit ihrer Limone? Limone ist italienisch für ZitroneLimette ist deutsch für Limette. Zitrone ist deutsch für Zitrone.

 

Zu jedem der 51 Aromen, die Jörg Sackmann vor der Haustür und in Japan gefunden hat, gibt’s eine kleine Einführung. Sie ist knapp gehalten und sollte von Nachwuchsköchen auswändig gelernt werden. Basilikum passt zu eingelegter Ananas und ergibt in der Kombination einen schönen Apéritif – so was hätten sie dann drauf. Bonito-Flocken sind Geschmackssverstärker am MeeresfrüchterisottoKreuzkümmel schmeckt gut zu Rotschmierkäse. Eine Caipirinha harmoniert auch mit Limone (ähm) und Erdbeere.

  

Nach den Einführungen kommen die Vorzeigerezepte, die schlimmstenfalls auf zehn vorbereitenden Unter-Rezepten basieren, meist aber auf halbwegs übersichtlichen sechs bis sieben. Zum Nachkochen sind viel Zeit, viel Erfahrung, eine entsprechend ausgerüstete Küche und ein entsprechend gefüllter Geldbeutel Grundvoraussetzungen.

  

Nicht minder wichtig sind Gäste wie Greta, die begreifen, warum eine Kokospraline mit Passionsfrucht, Marzipanbisquit und Glenmorangie mit zehn Einzelrezepten nicht dick macht, sondern glücklich. Dass ein Berberitzen-Kartoffelfond mit 15 Zutaten plus Geflügelfond mit weiteren 14 Zutaten nicht albern ist, sondern in der homöpathischen anstelle der wahllosen Dosierung von Kombinationen wie beispielsweise Weisswein und Portwein gekonnt.

 

Glücklicherweise hat Können bei Sackmann letzten Endes nicht nur etwas mit Geld zu tun. Das erschliesst sich spätestens beim Weisskohl: „Kohl fasziniert mich, denn ich finde, dass sich kaum ein Gemüse so vielseitig einsetzen lässt.“ Dann wird Weisskohl getrocknet und pulverisiert. Und dann kommt der Meister und streut es über Carpaccio. Man muss gar nicht mehr weiterlesen, denn die Pfütze auf der Zunge, die schwillt.

 

 

Er kann es halt. Meine einzige Sorge wäre, dass das Fernsehen ruft. Gottseidank sieht Herr Sackmann aus wie ein schwäbischer Pharmavertreter und würde überdies den im TV abgefragten Intelligenzquotienten um gefährliche Prozentpunkte nach oben drücken. Er ist nicht so, wie man im TV sein sollte. Er ist so, wie man im  credit crunch  sein muss und den Rest der Zeit sein sollte. Gut. 

 

Fazit: Wenn Sie gut sind, setzen Sie dieses Buch auf Ihre Wunschliste 2009. Wenn Sie richtig gut sind, schaffen sie es vielleicht, ein paar Rezepte nachzukochen. Wenn Sie klug sind, wünschen Sie sich eine Greta dazu.

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Rezensent

Eric Schrody

Eric Schrody

Er heißt zwar fast so wie der Sänger Everlast, wiegt aber mindestens 20 Kilo weniger. Schrody, gebürtiger Südafrikaner, lebt, kocht und genießt seit acht Jahren in Berlin. schrody@kochmonster.de

schrody@kochmonster.de