Der Gault Millau kürte ihn zum Patissier des Jahres 2009. Und tatsächlich hat Matthias Ludwigs, der schon bei der Bundeswehr als Patissier arbeitete und sich damit die Nerven für Dieter Müllers Restaurant stählte, enorm viel drauf. Der Bucherstling des vorher als Koch ausgebildeten Patissiers ist ein Muss für jede Restaurantküche und alle küchenversierten Dessertfans.

 

Im Vorwort seines 360 Seiten und zwanzig Kapitel umfassenden Buchs beklagt Matthias Ludwigs die traurige Tatsache, dass der Patissier in Deutschland nicht als eigenes Berufsbild existiert und er immer „Defizite um das Wissen im süßen und speziell im Dessertbereich feststellen“ muss. So schreibt er tatsächlich. Als nächstes empfiehlt er das Anlegen von Mindmaps oder Tabellen, um die passenden Aromaten in der Dessertküche zu systematisieren und Ordnung auf dem eigenen Gaumen und erst recht im Köpfchen zu schaffen.

 

Das Buch ist – Jörg Sackmanns aktuelles Werk „Aromen“ lässt grüßen –auch nicht nach Rezepten, sondern nach besonders harmonischen Geschmackskombinationen zusammengestellt, die in ihrer Logik manchmal überraschen, häufiger noch in ihrer Perfektion. Stimmig klingt das alles, von „Curry, Ananas, Kokos, Bitterkuvertüre“ über „Maronen, Grapefruit, Grüner Tee, 5-Spice“ bis zu „Pfirsich, Thymian, Quark, Macadamianüsse“.

 

Jedem Kapitel vorangestellt ist eine präzise und übersichtlich gestaltete Warenkunde, immer auch mit Blick auf die Profiküche (sprich: Vorratshaltung, Kosten, Qualitätsmerkmale) geschrieben. Es folgt zunächst ein relativ einfaches Aufmachergericht, das Geübte in der heimischen Küche hinkriegen sollte. Danach kommen sukzessive immer kompliziertere Varianten. So beginnt das Kapitel „Quitte, Vanille, Haselnüsse, Yuzu“ mit einer gelierten Quittensuppe mit Vanilleeis, Haselnussbiskuit und Yuzu, gefolgt von warmem Haselnusspudding, geschmorten Quitten und Yuzu-Vanilleeis und geschmorten Quitten mit Haselnussblättern, Yuzueis und Vanille. Krönender Abschluss ist ein typisch gefummeltes Sterne-Dessert: „Quitten-Vanilletörtchen mit Yuzu und Haselnüssen“ klingt einfach, erfordert in der Fertigstellung allerdings Silikonförmchen, Ausstecher, Ringer, Folienstreifen sowie fünf Unterrezepte. Doch genau das erwarten wir ja von der gehobenen Restaurantküche.

 

Zu jedem neuen Gericht gibt es anfangs Stichworte. Die vollständigen Rezepte stehen am Ende des Kapitels. Sie sind sorgfältig geschrieben, setzen jedoch ein mittleres Maß an Küchenpraxis voraus, häufiger auch Einiges an professioneller Restaurantausstattung.

 

Wie alle guten Dessertrezepte sind sie hier überaus pingelig in der Mengenangabe, jedoch weniger in der Beschaffung: den größten Teil können sich auch Hobbyköche problemlos besorgen. Zu einigen Herstellungsmethoden gibt es Steps, die etwas größer hätten ausfallen können. Doch ansonsten ist die Optik hervorragend, denn sie lenkt nicht vom wichtigsten Thema im Buch ab –  den hervorragenden Rezeptideen und der wirklich beeindruckenden Kreativität von Matthias Ludwigs, die nie in die Effekthascherei abgleitet.

 

Fazit: Dieses Buch des Pattissiers im Restaurant "Graugans" (im Kölner Regency Hyatt Hotel) gehört in jede Restaurantküche und ist auch für ernsthafte Dessert-Amateure das Must Have des Jahres.

 

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