Tim Wilson & Fran Warde

Ginger Pig – Natürlich Fleisch

kochbuch

Ginger Pig – Natürlich Fleisch
Tim Wilson & Fran Warde:
"Ginger Pig – Natürlich Fleisch"
Erscheinungsjahr: 2011
336 Seiten
126 Rezepte
29,95 EURO
ISBN: 978-3832194031

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Ginger Pig – Natürlich Fleisch Bewertung: 6 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Tim Wilson ist Landwirt und Metzger. Fran Warde schreibt Kochbücher. Gemeinsam haben die beiden Briten ein umweltbewusstes Kochbuch für Fleisch geschrieben. Kochbücher mit Gewissen boomen gerade, zu Recht. Und dieses ist das Beste darunter, wegen der Superrezepte, der übersichtlichen und ansprechenden Gestaltung, Kristin Perers’ außergewöhnlicher Fotografie und der unbezahlbaren Zutat, die man nicht kaufen kann: Authentizität.

 

Tim Wilson ist Landwirt und Metzger und damit auch Landschaftspfleger. „Landwirtschaft,“ schreibt er, „hat unsere Landschaft gestaltet, Cottages, Felder, Hecken, Wiesen und Vögel. Wenn wir all diese Schnöheit bewahren wollen, müssen wir die Produkte aus dieser Landwirtschaft kaufen.“ Wilson denkt zwar durch und durch britisch, aber ähnlich wie im ebenso gelungenen Buch „Urban Cook“ des Australiers Mark Jensen, ist dieser Ansatz ebenso wie sein Anspruch länderübergreifend und auch für Deutsche interessant.

 

Mit jeder Menge detailreichem Fachwissen, das anschaulich vermittelt wird, geht’s los. Diese Wissenskapitel sind in die Nutztiere Schwein, Rind, Lamm, Geflügel und Wild unterteilt. Danach folgt ein umfangreiches Rezeptteil, das in Monate aufgeteilt ist und mit dem September, dem betriebsamsten Monat auf einem Hof, beginnt.

 

Die Rezepte sind also strikt saisonal, überdies in ihrer Bandbreite auch wunderbar regional, und wirken doch globalisiert: Eine Kaninchenpaella aus Zentralspanien ist dabei, Rehfrikadellen, die auch aus Skandinavien kommen könnten, ein klassisch-englischer Truthahnbraten, französisches Rillettes vom Schwein, das Salt Beef aus der jüdischen Küche, Stubenküken auf Thai-Art sowie die in Fleischfarce eingehüllten und frittierten schottischen Eier (Scotch eggs), die wirklich köstlich sind, wenn man sie richtig macht.

 

Von den üblichen vergurkten, weil nicht auf deutsches Maß übertragenen, englischen Maßeinheiten (25 g Butter, 25 g Mehl, 425 g Pasta... naja, Sie wissen, worauf ich hinaus will) mal abgesehen, sind auch Rezeptbearbeitung und Übersetzung gelungen. Da würde ich mir für’s nächste Projekt einen Übersetzer wünschen, der selber viel kocht und aus Erfahrung weiß, dass solche Maße einfach lästig sind und bei Neulingen in der Küche nur für Verunsicherung sorgen.

 

Denn für Neulinge ist dieses Buch durchaus machbar. Die Rezepte erfordern eher einen guten Metzger und ein gutes Messer als viel Küchenpraxis. Oft sind die Zutaten wunderbar übersichtlich, wie ein qualitativ perfekt eingedampfter Kurzfilm. Die Schweinelende mit jungem Rhabarber benötigt 6 Zutaten inklusive Salz. Die Hühnerschenkel mit Olivenfüllung kommen mit 10 Zutaten aus –  wenig, wenn man bedenkt, dass eine Farce und ein Schweinenetz auch Teil des Rezepts sind. Am schönsten ist das Rezept für kurz gebratenes Onglet. „Etwas Olivenöl, 2 Onglets“. Das Wichtigste am Rezept ist natürlich der Garhinweis. 2 Minuten von jeder Seite und dann nur 2 Minuten ruhen lassen.

 

Die Ausstattung des Buchs liegt qualitativ genau auf der inhaltlichen Wellenlänge. Es ist Kristin Perers’ erstes Foodthema. Sich dann gleich an Fleisch heranzuwagen – notorisch schwierig zu fotografieren – aber das ist gelungen. Obwohl die Fotos nicht wirklich farbig sind (da wäre sicherlich die Assoziation mit Blut zu übermächtig gewesen) wirken sie appetitlich, lecker, frisch. Die Fotos auf dem Hof und in der Region sind liebevoll und atmosphärisch. Das Papier hat einen schönen Sepiatouch, der Font lässt sich prima lesen, die Seiten sind übersichtlich und abarbeitbar gestaltet.

 

Fazit: Das ist eines meiner Bücher des Jahres. Als Geschenk prima und unverzichtbar für die Basisbibliothek. Super!!!

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de