Paula Bosch ist die Grande Dame unter den europäischen Sommeliers, in Deutschland ist sie eine Institution, kaum jemand hat die Entwicklung der Weinkultur in der Gastronomie so beschleunigt wie die 56-Jährige.Für ihr aktuelles Buch besuchte sie die 30 besten Rotwein-Winzer Europas.

 

Bosch war die erste Sommelière in Deutschland, hartnäckig fasste sie Fuß in der von Männern bestimmten Weinbranche. Als sie 1991 ihren Dienst im Münchner Sternerestaurant Tantris antrat, waren unter den Gästen auch Männer, die sich weigerten,  von einer Frau beraten zu werden. Paula Bosch ließ sich dadurch nicht von ihrem Weg abbringen, sie blieb 20 Jahre im Tantris, bis sie sich 2011 als Weinberaterin und Buchautorin selbständig machte.

 

Ihr neuestes, Ende Oktober erschienenes, Werk trägt den schlichten Titel „Rotwein. Eine Genussreise durch Europa“. Ihre Reise beginnt Paula Bosch in Spanien, über Portugal führt ihr Weg nach Deutschland; über Frankreich, Italien und Österreich endet er in Ungarn und Kroatien. Bosch besucht 30 Winzerinnen und Winzer, kundig und akribisch hinterfragt sie deren Arbeit und Stilistik, wirft neugierige Blicke in die Weinberge und in die Weinkeller.

 

Von jedem Weingut empfiehlt sie einen besonders gelungenen Wein, man kann sich auf ihre Expertise verlassen: Es gibt nur wenige in Deutschland, die einen Wein sensorisch so erfassen und beschreiben können wie Bosch. Auf Tand und Knalleffekte verzichtet sie dabei, ihr Mittel ist zurückhaltende Seriosität. Der Wein steht im Mittelpunkt, die Autorin hat es nicht nötig, sich in den Vordergrund zu stellen.

 

Was an diesem Buch imponiert: Paula Bosch arbeitet sich nicht nur an den bekannten Klassikern ab aus Regionen, die schon bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet sind. Sie gibt echte Geheimtipps, die mitunter auch den Geldbeutel schonen: Einige ihrer Weinempfehlungen liegen unter zehn Euro, freilich sind auch Bouteillen dabei, die mühelos die 50-Euro-Hürde reißen. Aber wer hat schon vom Winzer Wilfried Völcker aus Mußbach in der Pfalz gehört, der Paula Bosch mit seinen Weinen verblüfft. Oder vom Weingut Heumann in der Region Villány-Siklos im Süden Ungarns, das die gestrenge Expertin mit einem Cabernet Franc überzeugt.

 

In Kroatien ist es ein Wein aus der hier kaum bekannten Rebsorte Plavac Mali, den Winzer Andro Tomic so gekonnt vinifizierte, dass er auch verwöhnten Gaumen gefallen dürfte. Über den spanischen Lacima  – und das ist symptomatisch für ihr Verständnis von Weingenuss – schreibt Bosch: „Dieser Weinschönheit zu widerstehen ist für einen Weinliebhaber so gut wie unmöglich – aber auch nicht nötig.“ Selbst wenn sie mal ins Schwelgen gerät, geschieht das auf dem Fundament einer kritischen Kompetenz und treffsicheren Urteilskraft.

 

Unter der Rubrik „Für Connaisseure“ bietet die Autorin zusätzliche Detailinformationen zu den Regionen und Weingütern an, abgerundet durch Hotel- und Restauranttipps und Empfehlungen, welche Sehenswürdigkeiten man nicht verpassen sollte. Im Serviceteil des Buches schließlich verrät Paula Bosch, worauf man beim Kochen und im Umgang mit Rotweinen achten sollte, mit welcher Temperatur die Weine serviert und ob sie dekantiert werden sollten.

 

Etwas kurios mutet der Beitrag von Professor Dr. Markus Metka an, der als „führender Anti-Aging-Experte im deutschsprachigen Raum“ gepriesen wird. Metka führt aus, welche „faszinierende medizinische Sensation“ Rotwein sei: Seine Polyphenole fördern die Durchblutung, stillen Entzündungen, die in Herzinfarkten oder Demenzerkrankungen enden können. Für Metka ist Rotwein eine „hochinteressante präventiv-medizinische Substanz, die, moderat konsumiert, effektiv ein gesundes Altern fördert“.

 

Fazit: Das Buch ist edel und hochwertig ausgestattet, Bilder der Landschaft und aus beeindruckenden Weinkellern stehen neben Porträts der Winzerinnen und Winzer. Man begibt sich gerne in die kenntnisreiche Obhut Paula Boschs und mit dieser Lektüre auf eine kulinarische Genussreise durch Europa. „Rotwein“ ist ein Buch, das sich zweifelsohne gut unterm Weihnachtsbaum oder auf dem Geburtstagsgabentisch präsentiert, neben einer formidablen Flasche Roten.

 

Auch wenn das Buch ohne die Einlassungen von Dr. Markus Metka ausgekommen wäre: Vermutlich wird sich niemand über die Versicherung des Herrn Professors mokieren, dass es kaum etwas Gesünderes gibt als ein Glas der empfohlenen Rotweine zu genießen. Sehr zum Wohl und auf ein langes Leben!

 

 

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