August F. Winkler

Edelsüße Weine: Genussvolle Geheimnisse und kulinarische Sensationen

kochbuch

Edelsüße Weine: Genussvolle Geheimnisse und kulinarische Sensationen
August F. Winkler:
"Edelsüße Weine: Genussvolle Geheimnisse und kulinarische Sensationen"
Erscheinungsjahr: 2011
320 Seiten
viele Rezepte
49,90 EURO
ISBN: 978-3865287007

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Edelsüße Weine: Genussvolle Geheimnisse und kulinarische Sensationen Bewertung: 3 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Für viele Weinliebhaber hat die Bezeichnung "Süßwein" keinen guten Klang. Dass das so ist, hat nicht zuletzt historische Gründe; In den 1970er Jahren überspülte eine riesige Welle belangloser, auf "lieblich" geschminkter Weine den Markt. Nichtssagende, klebrige Tropfen, die selbst dem abgehärtetsten Weintrinker den letzten Spaß am Wein rauben konnten. Irgendwann hieß dann die Devise: "Guter Wein muss trocken sein"! Das war quasi überlebensnotwendig geworden, wollte man sich vor diesen Zucker-, Most- und teilweise sogar giftig Glykol-gepanschten Tropfen in Sicherheit bringen. Eine tragische Entwicklung, denn sehr viele der größten Weine weltweit sind so genannte "Edelsüße". Ihre Süße stammt allerdings aus Sonnenkraft, Konzentration und Winzerwissen - und nicht aus dem Zuckersack. Für diejenigen, die sich mit diesen vielschichtigen Weinen tiefergehend beschäftigen wollen, hat August F. Winkler ein Buch mit dem schlichten Titel "Edelsüße Weine" geschrieben.

 

 

Das Vorhaben ist nicht ohne, denn die Welt der Süßweine ist vielerorts nur schwer durchschaubar. Manche dieser Weine werden außerdem in so kleinen Mengen hergestellt, dass sie die Grenzen ihrer Region nur selten überschreiten, sodass man nur schwer an sie herankommt. Winkler hat sich des Themas dennoch angenommen und es kommt ihm dabei zugute, dass er ein äußerst kompetenter Kenner der Materie und wahrhaft leidenschaftlicher Genießer edelsüßer Tropfen ist. Seine Euphorie steckt an und es macht Spaß seine unterhaltsamen Anekdoten über die Entstehungsmythen bestimmter Weintypen zu lesen.

 

 

Mitunter gerät er dabei allerdings so sehr ins Schwelgen, dass ihm sprachlich schon mal die Pferde durchgehen. Er beginnt dann von "schnurrenden Magensäften" oder "gährungsfroh gluckernden" Weinen, "schrundigen" Flüssen, "bestrickenden" Frühsommern und "kommoden" Durchfahrten zu schwärmen, und es tönt herrlich altmodisch, wenn er  zum Beispiel über einen personellen Wechsel in einem Weingut schreibt, dass der erzürnte Vorgänger "darob nicht entzückt" gewesen sei.

 

 

Das großformatige Buch ist ein Gemisch aus liebevoll bebildertem Wein-Sachbuch, kulinarischem Reiseführer, Interviewsammlung und Rezepten zum Nachkochen. Auch praktische Tipps, ein Glossar, Jahrgangstabellen und ein umfangreiches Adressenverzeichnis fehlen nicht.

 

 

Die einzelnen Buchbestandteile sind allerdings leider - und das ist das große Manko des Werkes - von recht unterschiedlicher Qualität; Die fachlichen Abschnitte sind ausnahmslos sachkundig, aktuell und gut beschrieben, sie ergänzen jede Weinbibliothek auf's Feinste. Die Winzerinterviews hingegen geraten vielfach zu belanglosen Lobhudeleien, die sich in weitschweifigen Beschreibungen von Charaktereigenschaften verlieren, anstatt weiter in die Tiefe zu gehen.

 

 

Echte Highlights wiederum sind die mutigen Essen-/Süßweinkombinationen, die der Kochprofi Winkler hier vorschlägt. Die konkreten Rezepte zum Nachkochen sind in der Mehrzahl allerdings recht aufwendig und in den meisten Fällen zu kompliziert für einen Weinabend unter Freunden (es sei denn, Sie wollen nach einem ganztägigen Einkauf auch noch den Abend über in der Küche stehen und dabei Geräte wie einen "Dehydrator" zum Einsatz bringen).

 

Die Beschreibungen der einzelnen Weingüter wiederum, lesen sich anfangs wie plastische Reiseberichte, die Lust machen, selbst dorthin zu fahren. Doch leider hören sie oft genau dort auf, wo es interessant wird, nämlich bei den Beschreibungen der Weine. Überhaupt ist die Gewichtung der Themen ein wenig eigenwillig. So erschließt es sich mir zum Beispiel nicht, warum das "Vouvray" weniger Raum als der "Marsala" bekommt oder warum "August Kessler" eine Doppelseite gewidmet wird, während der nicht minder wichtige "Maximin Grünhäuser" in wenigen Zeilen abgehandelt wird.

 

Ein Buch, dass bei mir einen gespaltenen Eindruck hinterlässt: Einerseits finde ich es absolut begrüßenswert, dass es endlich mal ein so umfassendes, kompetentes und aktuelles Buch zu diesem vielschichtigenThema gibt – und August Winkler ist durchaus berufen, der Autor eines solchen Buches zu sein. Andererseits ist das Werk in meinen Augen leider nicht optimal lektoriert worden. Die größte Schwäche: aussagekräftige Weinbeschreibungen, wie man sie zum Beispiel von Parker, Johnson, Robinson oder Vaynerchuk gewohnt ist, fehlen weitgehend. Endlose Adressenlisten von Weingütern geben mir jedenfalls keine Hilfestellung, mich besser zurechtzufinden.

 

 

Fazit: Trotz einiger Schwächen ist "Edelsüße Weine"  eine Kaufempfehlung, denn es gehört fraglos zu den besseren Büchern zum Thema Süßwein. Nicht zuletzt deshalb wurde es auch mit einem „Gourmand World Cookbook Award“ als bestes Buch Deutschlands über europäische Weine ausgezeichnet. Es vermag Wissenslücken zu schließen und gibt dem interessierten Leser eine Menge neuer Anregungen  – zum Beispiel mal einen Seeteufel zum alten Sauternes zu probieren, statt der ewig gleichen Gänseleberpastete. Und das ist toll.

 

 

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Rezensent

Frank Papenbroock

Frank Papenbroock

Werbe- und Dokumentarfilmer, Vater vierer Töchter, Wochenendkoch und Freizeitmaler. Er liebt Wein, seitdem er eine 1959er Maximin Grünhäuser Herrenberg Auslese getrunken hat - und das ist schon mehr als 20 Jahre her.


frankpapenbroock.com