Daniele Cernilli, Gigi Piumatti

Vini d'Italia 2008. Gambero Rosso. Neu bewertet: 2245 Produzenten und 18000 Weine

kochbuch

Vini d'Italia 2008. Gambero Rosso. Neu bewertet: 2245 Produzenten und 18000 Weine
Daniele Cernilli, Gigi Piumatti:
"Vini d'Italia 2008. Gambero Rosso. Neu bewertet: 2245 Produzenten und 18000 Weine"
Erscheinungsjahr: 2008
992 Seiten
keine Rezepte
29,90 EURO
ISBN: 978-3833810978

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Vini d'Italia 2008. Gambero Rosso. Neu bewertet: 2245 Produzenten und 18000 Weine Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Anderthalb Kilo ist er schwer, dieser rote Krebs (ital: „Gambero Rosso“), um den wohl kein ernsthafter Liebhaber italienischer Weine herumkommt. Die Rede ist von der unumstrittenen Nr. 1 der italienischen Weinführer: dem alljährlich erscheinenden „Vini d‘Italia“, der den meisten Weinfreunden allerdings besser unter dem Namen des Original-Verlags „Gambero Rosso“ bekannt sein dürfte.

 

Jedes Jahr erscheint eine neue Ausgabe und jedes Mal wurde sie zuvor von vorne bis hinten komplett überarbeitet. Die Schwerstarbeit des Verkostens teilen sich dabei 130 Degustatoren, die den Wein „anonymisiert“, also blind, verkosten. Alle Weine werden von Teams verkostet und nicht von einer einzelnen Person, dadurch ergibt sich insgesamt ein breiteres Spektrum an Empfehlungen, als man es zum Beispiel von Robert Parker Jr. gewohnt ist  und wohl auch eine objektivere Auswahl. Schon deshalb genießt der Weinführer einen makellosen Ruf.

 

Drei Kilometer Weinkorken

 

Die Länge aller Weinkorken, die dabei für eine einzige Ausgabe des Buches aus Flaschenhälsen gezogen wird, beträgt aneinandergereiht über drei Kilometer (!). Von diesen ungezählten LKW-Ladungen Wein bleiben am Schluss nur einige wenige Bouteillen übrig, die von den Verkostern mit der höchsten Auszeichnung, den berühmten „drei Weingläsern“ („tri biccieri“), bedacht werden. Bei der hier besprochenen Ausgabe 2008 waren dies gerade einmal 505 –  von ursprünglich 25.000 verkosteten Weinen aus der Gegend von Südtirol bis Sizilien.

 

Diese Weine gehören kurz nach dem Erscheinen des Buches zum Gefragtesten, was italienische Winzer zu bieten haben und sind meist schnell vergriffen oder zumindest deutlich teuer als zuvor. Dass die Zahl der höchstdekorierten Weine seit Jahren kontinuierlich steigt, ist dabei sicher eher den wachsenden Anstrengungen der Winzer zu verdanken, als etwa generöser werdenden Kritikern.

 

Der Gambero Rossi ist fraglos ein Unterfangen der Superlative: auf knapp 1.000 Seiten werden über 18.000 Weine besprochen. Eine kolossales Aufgabe, die das 250 Personen starke Team um Daniele Cernilli und Gigi Piumatti da alljährlich zu bewältigen hat. Das Resultat ist dennoch übersichtlich: Die nennenswerten Erzeuger der jeweiligen Region werden in einer kurzen Beschreibung mit Anschrift vorgestellt, Neuigkeiten und Veränderungen sind hier vermerkt.

 

Danach werden die wichtigsten Weinsorten des jeweiligen Gutes kurz beschrieben und jeweils mit ein, zwei oder drei Gläsern bewertet. Zugeordnete Preiskategorien und Sternchen für ein besonders Preis-Leistungsverhältnis runden das Bild ab. Man kann nach Regionen, Weinen oder Erzeugern suchen – schon das macht ihn zum idealen Begleiter auf der nächsten Italien-Weinreise. Schneller kann man sich vermutlich keinen Überblick über die wichtigen Weine einer bestimmten Region in Italien machen.

 

Breite statt Tiefe

 

Wer hier allerdings detaillierte Degustationsberichte sucht, wird enttäuscht sein. Die Weine werden, anders als man dies zum Beispiel in Parkers Bordeauxführer kennt, meist nur mit wenigen Worten beschrieben. Die Beschreibungen weichen dabei stilistisch aufgrund der unterschiedlichen Autoren durchaus voneinander ab, halten sich aber doch im Großen und Ganzen an das gemeinsames Grundformat.

 

Ist er also lesenswert, dieser rote Krebs (dessen Name übrigens auf den Gasthof aus „Die Abenteuer des Pinnocchio“ zurückgeht)? Nun, ich denke, dass es nicht übertrieben ist, ihn als „das Standardwerk“ italienischer Weine zu bezeichnen. Er sollte deshalb im Bücherregal eines Freundes dieser Tropfen nicht fehlen.

 

Ein paar Kleinigkeiten stören trotzdem. Zuerst einmal muss man sich natürlich die Frage stellen, ob das Buch mit 18.000 Weinen nicht etwas zu umfangreich geraten ist? Das ist und bleibt aber natürlich eine Einstellungssache, doch beim Schlendern durch die Toscana ist er dann doch etwas zu groß.

 

Gleichzeitig fallen die eigentlichen Beschreibung bei oft mehr als 20 Weinen pro Seite doch in der Regel recht knapp aus und Sätze wie: „In der eleganten Struktur des Geschmacks schmiedet das Tannin mit der Alkoholkomponente ein harmonisches Bündnis; erfreulich schmackhaft gestaltet sich der Abgang“ gleiten dann schon sehr leicht ins leeformelhafte ab und lassen den Leser mit verhältnismäßig wenig greifbaren Information zurück. Leider.

 

Ein weiterer Wermutstropfen ist die Werbung, mit der dieses Buch reichhaltig ausgestattet ist. Auch wenn sie hilft, den Preis zu senken, erscheint mir dies dennoch keine glückliche Kombination für ein unabhängiges Werk. Auch stört es, dass man ständig daran hängen bleibt, weil das Papier dieser Seiten dicker ist. Meine Empfehlung: diese Seiten einfach nach dem Kauf raustrennen.

 

Als letztes vermisse ich jegliche Angaben zur erwarteten Lebensdauer und Reife der Weine. In diesem Punkt erhält der Leser keinerlei Hilfestellung von den Experten. Das ist schade und wäre eigentlich leicht zu korrigieren.

 

Dennoch der „Vini D‘Italia“ bietet einen sehr guten Überblick über das Land in dem fast in jedem Landstrich Wein angebaut wird und ist damit eine klare Kaufempfehlung für Interessierte, auch wenn man ihn sicher nicht jedes Jahr neu kaufen muss.

 

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Rezensent

Frank Papenbroock

Frank Papenbroock

Werbe- und Dokumentarfilmer, Vater vierer Töchter, Wochenendkoch und Freizeitmaler. Er liebt Wein, seitdem er eine 1959er Maximin Grünhäuser Herrenberg Auslese getrunken hat - und das ist schon mehr als 20 Jahre her.


frankpapenbroock.com