Gas-Smoked Omaha Tri Tip mit leichtem Kartoffelgratin

Grillgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Gas-Smoked Omaha Tri Tip mit leichtem Kartoffelgratin

Das Tri Tip vom Nebraska-Weiderind ist ein echter BBQ-Geheimtipp. Hierzulande als „Bürgermeisterstück“ meist in der Form von Siedfleisch oder Schmorbraten serviert, eignet es sich in der US-Ausführung der „Greater Omaha Meat Packers“ geschützt von einem stattlichen Fettdeckel perfekt zum langsamen Grillen oder Smoken auf dem Rost. Wir haben versucht, dieses 1,2-Kilo-Fleischdreieck gemächlich über Stunden auf einem gut ausgestatteten Gasgrill eher zu smoken denn zu grillen. Das ist nicht ganz einfach, denn Gas-Geräte heizen selbst in der niedrigsten Stufe heißer als die fürs reine Smoken nötigen maximal 90 bis 100 °C.

 

Das Ergebnis unserer Misch-Methode (70°C Kerntemperatur nach 3 Stunden bei ca. 120 °C und dreimaliger Befüllung der Räucher-Einheit mit heimischen Apfelholz-Chips) kann sich dennoch sehen lassen: Beim Aufschneiden spritzt der Fleischsaft quer über den Tisch, die Faserstruktur ist zart wie rosa gebratenes Filet, der Eigengeschmack kernig, unterstützt von den fast eleganten Rauchnoten der Kruste.

 

Damit kann man auch verwöhnte Gourmets zum vermeintlich simplen Grillgenuss bekehren.

 

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 1 Stunde
Wartezeit: 4 Stunden
Zubereitungszeit: 3 Stunden
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Fleisch
1 Stück Tri Tip
3 EL Olivenöl
2 EL Rohrzucker, braun, roh, unraffiniert, mittelgrob
3 EL Meersalz, grob
1 EL Pfefferkörner, schwarz
5 Stück Pimentkörner
1 EL Oregano, griechisch, getrocknet
1 TL Senfkörner
1 TL Koriandersamen, geröstet
2 Knoblauchzehe, fein gehackt
4 EL Rosmarin und Thymian, frisch, fein gehackt
1 Liter Apfelsaft, klar
300 g Aromaholzchips
Kartoffelgratin
1 kg Kartoffeln, halbfest kochend
4 EL Olivenöl
3 EL Rosmarin und Thymian, frisch, fein gehackt
1 EL Oregano, frisch, fein gehackt
1 TL Meersalz
1 Prise Pfeffer aus der Mühle

Wein-Tipp

Pèppoli Chianti Classico DOCG 2011

Wir probierten ein paar sehr unterschiedliche Rotweine zum Tri Tip, blieben schließlich aber bei einem Klassiker von Marchese Piero Antinori: Der Pèppoli Chianti Classico DOCG 2011 ist ein edler Chianti an der Grenze zum Sangiovese-Supertuscan, wird aber durch kluge Beimischung von je 5% Syrah und Merlot nach neunmonatiger Lagerung in slawonischer Eiche zu einem schlanken und gut strukturierten Fleischbegleiter.

Der Tenuta di Pèppoli Chianti Classico besitzt einen intensiven Duft nach reifen Waldfrüchten, etwas Kirschen und eingekochten Pflaumen. Am Gaumen offenbart dieser Tenuta di Pèppoli Chianti Classico einen ausgewogenen Geschmack. Pèppoli wurde konzipiert, um jung genossen zu werden, wenn alle Aromen auf dem Höhepunkt sind.

 

Zu den Spencer Golf Garnelen reichten wir einen leicht angeschärften asiatischen Glasnudelsalat, begleitet von dem sensationellen griechischen Weißwein Sigalas Santorini Assyrtiko 2014: Die autochtone Rebsorte Assyrtiko wird von dem Winzer Paris Sigalas auf der Insel Santorin mit modernster Kellertechnik vinifiziert und schmeckt in ihrer noblen und geschmeidigen Fruchtigkeit mit langem, mineralischem Nachgang eher wie ein edler Norditaliener.

Musik-Tipp

Fett und Funky wie unsere Grillsteaks, das war auch der Sound des britischen Acid-Jazz-Kollektivs Incognito, dessen Hits in den „Talking Loud“-Jahren rings um 1990 garantierte Partykracher abgaben und das nun mit der opulenten Doppel-CD „Live in London-35th Anniversary Show“ (earMUSIC) den Bühnengeburtstag würdig feiert – mit vielen illustren Gästen und natürlich den großen Metropolen-Soul-Hämmern wie „Hands Up“ oder „Always There“.

Zubereitung

Fleisch

Fleisch unter fließendem Wasser abwaschen, sorgfältig trocken tupfen, ringsherum mit dem Öl einpinseln. Aus den restlichen Zutaten im Mixer oder Blitzhacker einen feinkörnigen Rub herstellen, Fleisch ringsherum damit bestreuen und einmassieren. 3 Stunden im Kühlschrank marinieren, mind. 1 Stunde vor Grillbeginn aus der Kühlung nehmen und Zimmertemperatur annehmen lassen.

 

Das Tri Tip kann in einem Smoker bei 90-110°C Rauchtemperatur oder z.B. auf einem großen Gasgrill mit mehreren Brennern (z.B. Weber Summit, Grandhall Maxim GT4SB, Broil King Regal 590 PRO, Napoleon Prestige Pro665) bei etwa 120°C zubereitet werden – Ziel-Kerntemperatur ist 70°C. Praktisch sind Gasgrills mit integrierter Räucherschublade und getrennt regelbaren Smoke-Brenner.

 

 

Wir haben das Tri Tip auf einem Weber Summit 470 drei Stunden lang gegart und dabei drei Tranchen mit (zuvor in klarem Apfelsaft eingeweichten) Apfelholzchips von der Sorte „Finkenwerder Herbstprinz“ in Räucher-Rauch verwandelt. Bei Grillsystemen ohne Räucherschublade können die Chips in einer Aluschale auf den Rost gestellt werden. Wichtig ist die Kontrolle der Gar-Temperatur unter dem Grilldeckel: falls sie sich nicht niedrig genug einstellen lässt, sollte der Deckel leicht angehoben werden.


Ähnlich wie Gas-Backöfen haben auch Grills große Probleme, eine gleichmäßge Gartemperatur von weniger als 130°C zu erzeugen, die aber für “Low & Slow”-Verfahren unabdingbar ist. Am besten, man misst bei niedriger Gasflamme mit Hilfe eines Fleischthermometers die tatsächliche Umgebungstemperatur in 5-10 Zentimeter Höhe oberhalb des Fleisches

 

 

– auf die oftmals eingebauten Deckelthermometer ist hier wenig Verlass.

 

 

 

Wer ein noch stärkeres Maillard-Aroma will, brät das Tri Tip auf der Fettseite zum Gar-Beginn so heiß wie möglich 1-2 Minuten an (z.B. auf der „Sizzle“- oder „Searing“-Zone des Grills).

 

 

Kartoffelgratin

Kartoffeln schälen, halbieren und in dünne Scheibchen hobeln. Mit den restlichen Zutaten vermengen – am besten mit den Fingern, so dass möglichst alle Kartoffenscheibchen von einem Ölfilm umgeben sind. Scheiben rosettenartig in vier innen eingefettete Metallringe (z.B. große Dessertringe) einschichten, immer wieder mit Glasboden festdrücken.

 

 

Gratins auf mit Backpapier ausgelegtes Backblech setzen und bei 130°C (keine Umluft; besser: Dampfgarer) im Backofen 30 Min. garen.

Anrichten

Gratins aus den Ringen auf vier vorgeheizte Teller drücken. Fleisch nach 5 Min. Ruhezeit mit Tranchierbesteck am Tisch quer zur Faser dünn aufschneiden. Dazu passt unsere hausgemachte Sauce Tartar am besten aber schmeckt dieser extrem saftige Smokerbraten pur, nur mit ein paar feinen Salzkristallen auf den Scheiben.

 

 

 

Weitere Top-BBQ-Tipps

 

Wer angesichts der ausufernden Grillsaison keine Würstchen und Schwenknacken mehr sehen kann, sollte Edleres von Land- und Meerestieren auf den Rost legen. Hier eine Übersicht der momentan angesagten Highend-BBQ-Lieblinge.

 

 

 

Highend-Fleisch für den Bessergriller: Omaha Tri Tip (Bürgermeisterstück), Asche Aged Entrecote, trocken gereiftes Kotelett und Tomahawk vom Landschwein, im eigenen “Dry Ager” veredeltes schwäbisches Färsen-Rumpsteak, Bison-Hacksteak und kleine Versuchs-Schnitten vom sündhaft teuren Japan-Wagyu.

 

 

Dry Aging, der große Trend in den Steakhäusern, hat in dieser Saison auch Otto Normalgriller erreicht – in einigen gut bestückten Supermärkten sind trocken gereifte Rinderrücken-Teile von Roastbeef bis T-Bone in Glas-Vitrinen zu sehen. In der Form eines schicken Spezialkühlschrankes kann man sich nun sogar mit dem Dry Ager des schwäbischen Tüftlerfamilenbetriebes Landig einen eigenen Fleischreifungs-Schrein in die Designerküche stellen.

 

Die Schwaben reichten für unseren Delikatessenfleisch-Wettbewerb zwei Stücke ein: Das 20 Tage im „Dry Ager“ gereifte Kotelett vom Landschwein zeigte sich geschmacklich deutlich intensiver als Nassreifungs-Metzgerware, blieb bei zartrosa 60°C Kerntemperatur nach dem Grillen auf dem Gas-Rost aber Rücken-typisch eher etwas trocken. Ganz im Gegenteil zu dem gut marmorierten, supersaftigen Roastbeef von einer lokalen Fleckvieh-Färse (weibl. Jungrind) – da scheint der Metzger im Schlachthof ein wahres Musterstück von dieser eher milchoptimierten Rasse ausgesucht zu haben. Fazit: wer Fleisch selber reifen lassen will, braucht einen guten Schlachter als Einkaufsberater.

 

Oder Dirk Ludwig. Der betreibt eine Metzgerei samt Onlineshop in Nordhessen und erfand das in der „Tageskarte“ bereits gewürdigte „Aqua Aging“  Jetzt legt er nach und umschließt Rinderrücken mit einer Mischung aus Buchenholzasche, Gewürzen und Salz. Das „Asche-Aged Entrecôte“ erwies sich als eines der besten Steaks der Grillsaison: butterzart, aber mit schönem Rest-Biss, extrem saftig, dazu ein kerniger Rindergeschmack, der außer der (essbaren) Aschekruste keine weiteren Gewürze brauchte.

 

Schweine im Gourmethimmel

 

Ähnlich sensationell schmeckte auch Ludwigs dickes, 14 Tage in einer Salzkristall-Kammer trocken gereiftes Schweine- „Tomahawk“  (mit langem Rippenknochen), das trotz 63°C Kerntemperatur beim Aufschneiden an den Schnittflächen mit hocharomatischem Fleischsaft glänzte. So ähnlich muss vor einem Jahrhundert ein perfektes Schweinekotelett geschmeckt haben.

 

Wer lieber Exoten probieren will, findet im Online-Handel inzwischen auch so spannende Grillartikel wie Burger-Hacksteaks vom Bison oder endlich mal halbwegs bezahlbare Probierstücke vom sagenumwobenen japanischen Wagyu Beef – statt 130 Euro für ein einziges Rumpsteak gibt es zum Kennenlernen drei kleine „Wagyu Strips“ ür weniger als 25 Euro.

 

Keine Lust auf Fleisch? Dann eignet sich das soziale Distinktionselement „Krustentiere“ hervorragend, um die grillenden Nachbarn auf Abstand zu halten. Denn statt  mickriger Discounter-Shrimps können sich Feinschmecker auch die vorgeblich „besten Garnelen der Welt“ auf den Grill (besser: Gusseisen-Plancha) legen: Im südaustralischen Spencer Golf dürfen die dort lebenden Western King Prawns nur von wenigen Fischern bestandserhaltend gefangen werden.

 

 

Diese Sashimi-Qualität-Krusties, deren zart-süßlicher Geschmack an die legendären Soller-Garnelen aus Mallorca erinnert, können einzeln aus der Tiefkühltüte ausgebrochen werden und behalten selbst beim Grillen ihre einzigartige Saftigkeit.

 

 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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