Kantabrien

Foto: Nicolás Pérez

Die Schatzkiste

 

Wer einmal in Kantabrien war, heißt es, will zurückkehren. Die Region im Norden der Iberischen Halbinsel, Teil des so genannten grünen Spanien, das in einem weiten Bogen Galicien, Asturien, Kantabrien und das Baskenland umspannt, nimmt einfach jeden Besucher gefangen. Traumhafte Flussmündungen, schroff abfallende Steilküsten, zahlreiche weiße Strände und die typischen Fischerdörfer bilden das abwechslungsreiche Profil der kantabrischen Küste. Die üppige Landschaft im Landesinneren dominieren grüne Weiden und dichte Buchen-, Eichen und Kastanienwälder. Ein Gebirgszug mit mehr als 2.000 Meter hohen Bergen, der von den Pyrenäen bis nach Asturien reicht und in Galicien ausläuft, gipfelt in den außergewöhnlichen Picos de Europa.

 

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Wie schon in Galicien und Asturien bestimmen mar y montaña, Meer und Berge, auch im angrenzenden Kantabrien den reichhaltigen Speiseplan.
Eigentlich kann man die Küche Kantabriens in sechs Gruppen einteilen: Da sind einmal die Eintöpfe, dann Fisch und Meeresfrüchte, Fleisch, Käse, die Patisserie und nicht zuletzt der Schnaps.


Das Landesinnere wartet mit einem der populärsten Eintöpfe auf, demcocido motañés. Ein winterlicher Eintopf aus weißen Bohnen und Kohl, eventuell Kartoffeln, angereichert mit allem Möglichen vom Schwein – gebeizten Rippchen, Speck und Würsten. Wie die meisten Eintöpfe ist auch dieser „Rey de Cantabria“ ziemlich deftig. Deshalb empfiehlt sich der Konsum in Etappen: vielleicht Kohl und Bohnen als „primer plato“ und danach das Fleisch.


Eine ganz andere Art Eintopf ist der marmita aus einem besonders leckeren Tunfisch, dem Bonito del Norte, Kartoffeln, grünen Paprikaschoten, Zwiebeln und Paprika, der dem baskischen marmitako entspricht.

 

Sardellen und Seezungen

Kantabrien kann mit der ganzen Palette an feinem Seefisch aufwarten: vom Seeteufel, Wolfsbarsch, Meerbrasse, Seezungen bis zu den alltäglicheren Meerbarben, Sardinen, Makrelen und Sardellen (boquerón oder bocarte).


Die berühmtesten Sardellen Spaniens stammen aus Santoña an der kantabrischen Küste. Einem Ort, wo Fischfang und Konservenindustrie Tradition haben. So waren die Anchoas de Santoña die ersten Filets, die in gutem Olivenöl „virgen extra“ eingedost wurden.

Sehr gefragt sind ebenfalls alle Sorten Tintenfisch (raba), sei es Sepia, Calamar oder Pulpo, mit oder ohne Tinte, gebraten, geschmort oder frittiert, mit Zwiebeln, Tomaten oder auch nur in pikanter Sauce.


Der wahre Schatz Kantabriens aber sind seine Meeresfrüchte, die von Krebsen wie Centollo und Nécora über den seltsamen Klauen ähnlichen Percebe, Seeschnecken und alle Arten Muscheln bis zu feinen Langusten und Hummern reichen.
Die wasserreichen Flüsse, die ins Kantabrische Meer münden, führen reichlich Lachse und Forellen, kleine Aale und Flusskrebse mit sich.


Fleisch wiederum wird gebraten, auf dem Rost gegrillt oder im Ofen gebacken: Zicklein, Milchlamm und Spanferkel. Denn auch das Schwein ist sehr populär, vor allem wenn es wild ist, als Jabalí.


Hervorragendes Rindfleisch liefert die eigene Rasse Tudanca – dazu fette, cremige Milch für den ausgezeichneten kantabrischen Käse.

 

So ein Käse

„Nationalpark der spanischen Käsesorten“ werden die als Naturgebiet deklarierten Picos de Europa gerne scherzhaft genannt. Auf Kantabrien fallen gleich drei mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung:

 

  • Queso de Cantabria nennt sich einer der bekanntesten Käse. Man kennt ihn auch als queso de nata (Sahnekäse). Der Queso de Cantabria ist ein fetter, milder, buttrig schmeckender Kuhmilchkäse und wird seit Generationen in kleinen Familienbetrieben hergestellt.
  • Picón Bejes-Treviso ist ein Blauschimmelkäse aus dem Valle Liébana, der Dritte im Bunde mit dem asturischen Cabrales und dem Leoneser Valdeón, die in den schimmelreichen Höhlen der Berge reifen, was ihnen ihre ganz charakteristische Beschaffenheit verleiht. Queso azul liebt man oder hasst man, heißt es. Er harmoniert übrigens bestens mit süßen Noten. Drum würde zu dem herben „blauen Käse“ auch gut der „Tostadillo“ passen, ein süßer, lang im Eichenfass gereifter Wein aus Potes in der Gemarkung Liébana.
  • Die Quesucos de Liébana werden schon seit dem 16. Jh. aus Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilch oder ihrer Mischung hergestellt. Die individuellen kleine fetten Käse werden in unzähligen Variationen angeboten.

 

Kantabrier essen leidenschaftlich gern Süßes. Naheliegend bei der Qualität von Milch und Butter im Land ist da deren Verarbeitung zu köstlichen Kuchen und Desserts – ob in Alkohol getränkte kleine Biskuits, borrachos (Betrunkene), oder die in ganz Spanien beliebte Leche frita, in Stücke geschnittener, gebratener Pudding. Zum Populärsten aus der Abteilung Repostería zählen aber die Sobaos pasiegos, kleine Kuchen aus Mehl, Butter, Eiern, Zitronenschale und Rum oder Anis. Hoch im Kurs stehen auch Milchreis und alle Arten von Blätterteigteilchen. Und wie schon gesagt: Biskuit – in jeder Form wie etwa die Bizcochos de Santillana. Zu erwähnen sind ebenfalls die Rosquillas de Reinosa, Tostadas de la Vega de Pas und die Polkas von Torrelavega. Sehr populär ist auch der Arm des Zigeuners: Brazo de gitano, eine ordinäre Biskuitrolle.

 

Zum Dessert einen Schnaps

Schnaps wurde in den Picos de Europa schon im 14./15. Jahrhundert gebrannt. Noch bis 1984 stellte jeder Weinbauer aus dem Trester der Trauben seinen eigenen Hochprozentigen her – dann wurde das Schwarzbrennen verboten. Doch einmal im Jahr, am 11. November, dürfen sie noch – ganz offiziell. Dann nämlich, wenn im Valle de Liébana, genauer auf der Plaza von Potes, die „Fiesta del Orujo“ gefeiert wird. Dazu kann man die typischen gastronomischen Spezialitäten der Region probieren. Claudia Mussotter

 

Rezept-Tipp: Leche Frita