Hans Horberth

Kulinarische Kontraste

kochbuch

Kulinarische Kontraste
Hans Horberth:
"Kulinarische Kontraste"
Matthaes
Erscheinungsjahr: 2011
311 Seiten
70 Rezepte
69,90 EURO
ISBN: 978-3875150629

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Kulinarische Kontraste Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Auch wenn nicht jedes kniffelige Rezept zuhause nachkochbar ist, können Sterneköche doch immer wieder wegweisende Inspirationen geben.  Ein ganzes Kapitel ausschließlich mit Gerichten zum Thema „Schwarz/Weiß“ zum Beispiel hat der Kölner Spitzenkoch Hans Horberth in seinem großartigen Buch „Kulinarische Kontraste“ zusammengetragen.

 

Horberth, der wegen eines tragischen Verkehrsunfalles kurz vor der Veröffentlichung des aktuellen „Michelin“ die Verleihung des zweiten Sterns für sein Restaurant La Vision im Kölner Hotel Wasserturm nicht feiern konnte und bis heute noch nicht voll an den Herd zurückgekehrt ist, zeigt in diesem hervorragenden Kochbuch, wie sich kulinarische Kontraste elegant und schmackhaft um- und einsetzen lassen.

 

Dieses Konzept verlässt trotz wilder Kombinationslust nur selten die Grenzen des Essbaren – wie beim Adlerfisch auf einem mit Trüffelsaft und Fischfond zubereiteten Bananenpüree – und zeigt in Kapiteln wie Heiß/Kalt, Land/Meer, Süß/Sauer oder Süß/Salzig das ganze Spektrum der mutigen Aromenpaarungen von klassisch (Aal mit Bete und Meerrettich; Kalbshaxe mit Quitte) über edel (Königstaube mit Kerbelrübchen, Steinbutt mit Holunder) bis hin zu vogelwildem Crossover von Erdbeere und Essig, Schweinebauch und Yogitee, Seeteufelleber mit süßsauren Graupen oder Lachs mit weißer Schokolade.

 

Letztere paarte Horberths britischer Dreisterne-Kollege Heston Blumenthal schon vor Jahren erfolgreich mit Kaviar, was wegen ähnlicher organo-chemischer Komponenten in beiden Zutaten harmonischer als sich auf den ersten Blick vermuten ließe gelang. Bei der weißen Schokolade ist ja nicht die Kakaobutter, sondern die Vanille Träger des Leit-Aromas, und die passt ihrerseits sehr gut nicht nur zu (als Karottenkuchen auch im Süßmilieu akzeptierten) Möhren, sondern in vorsichtiger Dosierung sogar zu Krustentieren.

 

Horberths  farbloses Kapitel zeigt viel Fischiges in klarer Kontrastumgebung, zum Beispiel weißer Sepia mit Lakritz, Blumenkohl mit Kaviar, Saint Pierre mit Nori-Algen, dazu Klassiker wie Schafsmilch mit Vanille oder Ei mit Trüffel. Skrei findet sich dort ebenfalls, Horberth setzt ihn auf mit Maderajus und Balsamico süß-sauer abgeschmeckte Belugalinsen.

 

Horberth ist einer, der sich nicht weniger Gedanken um die Grundlagen der Kombinatorik macht als die Elverfeld-Henkel-Klasse.  Seine gut 70 Rezepte in „Kulinarische Kontraste“ basieren auf jahrelangen Experimenten mit kontrastierenden Grund-Elementen des Kochens. Entsprechend teilt er die Kapitel in Antagonien wie „Land/Meer“, „Süß/Sauer“, „Heiß/Kalt“ oder Schwarz/Weiß“  – wo er im Gegensatz zu den herrlich frischen Farben seiner anderen Teller tatsächlich nur schwarzweiße Komponenten wie Skrei mit Belugalinsen, Blumenkohl mit Kaviar oder Tintenfisch mit Lakritz kombiniert.

 

Aber Achtung: Horberths Werke in dem Buch sind leider nicht für den Hobbyisten nachkochsicher rezeptiert. Wie schon in seinem Ersten Buch "Zwischenspiel" werden auch hier an vielen Stellen  fotografierte Komponenten im Text noch nicht einmal erwähnt, und auch die Bemaßung führt nicht immer zum Erfolg.

 

 

Fazit: Wer genug Erfahrung in der Zubereitung kniffeliger Speisen mitbringt und dafür keine Anfänger-sichere Rezeptierung braucht, kann trotz einiger eklatanter Lektorats-Schwächen mit Horberths Kontrast-Kreationen  am Herd einen gewaltigen Schritt nach vorne machen.

 

 

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Rezensent

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

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