Katrin Schlotter, Elke Spielmanns-Rome
"Culinaria China. Küche, Land, Menschen"
Angelehnt an das bahnbrechende „Culinaria“-Konzept des nicht mehr existenten Könemann Verlags präsentiert sich „Culinaria China“. Die Kochkultur eines Landes wird als Mix aus Rezepten und Länderkunde behandelt, auf Hunderten von Seiten, Hardcover, durchgängig illustriert und fotografiert, spottbillig. Kann das was taugen? Was die Rezepte anbelangt, nicht wirklich. Was die Einführung ins moderne China anbelangt, unbedingt!
Der Rezeptschreiber steht versteckt im Impressum. Er liefert manchmal Mittelmaß, manchmal nicht redigiertes Mittelmaß und manchmal eine Lachnummer. Für die komplizierte Peking-Ente reichen bei ihm acht Zutaten. Häufig fehlen Arbeitsschritte. Glutamat, das eigentlich nur in der kantonesischen Küche als traditionelle Würzzutat vorkommt und im Westen verpönt ist, wird durchgängig mit dem Zusatz „gegebenenfalls“ versehen, ohne erklärt zu werden. Nein, gut Kochen geht anders.
Aber wer sich nur im Ansatz für China interessiert, kann in diesem Schinken blättern, blättern, blättern. Die Autorinnen sind keine Koch-, sondern Chinaexperten und verstehen sich sehr gut darauf, zwischen atemberaubender Natur, hartem Wanderarbeiteralltag und atmosphärischen Lese-Guck-Stücken zu wandern. Das macht dieses Buch authentisch.
Sehr sorgfältig und modern gelayoutet und illustriert, mit rund Tausend Abbildungen, ist „Culinaria China“ vorrangig ein überaus aufwändiger Einblick in das moderne China. Selbst Biokost hat schon ein Minikapitel verdient, die weniger bekannten Provinzen des Westens werden ausführlich beschrieben und auch die neue kantonesische Schlangenküche (nein, das ist kein Kochstil, sondern das, was Sie meinen) kommt vor.
Einem Leser im Westen wird hier sehr anschaulich vermittelt, wie sehr uns jeden Tag der Kopf raucht und schwindelt und sich mein Riesenreich ständig neu erfindet.
Fazit: Klug und sehr lesbar geschrieben, toll illustriert. Gehört in jeden westlichen Bücherschrank, aber nur eingeschränkt in die Küche. Da die Rezepte nur einen geringen Teil des Buchs ausmachen, spiegelt die Wertung nicht den Wert des Buchs wider – für das Werk an sich sind fünf Sterne angesagt. Wer ein schnelles und perfektes Chinakochbuch braucht, kommt nach wie vor um Yan-kit So nicht herum.
Übersetzung: Gabriele Gugetzer
Suzie Cue
Suzie Cue
Die promovierte Ethnologin heißt im bürgerlichen Leben Su Wang, lebt in Honkong und arbeitet dort als freie Journalistin und Buchautorin mit dem Schwerpunkt asiatische Küchen.
cue@kochmonster.de