Jean-Pierre Challet/Jennifer Decorte

Alles aus einem Topf – Frankreichs Küche

kochbuch

Alles aus einem Topf – Frankreichs Küche
Jean-Pierre Challet/Jennifer Decorte:
"Alles aus einem Topf – Frankreichs Küche"
Umschau
Erscheinungsjahr: 2008
192 Seiten
106 Rezepte
19,90 EURO
ISBN: 978-3865286536

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Alles aus einem Topf – Frankreichs Küche Bewertung: 4 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Ein Aufenthalt in Frankreich als Kostverächter macht ungefähr so viel Sinn wie drei Wochen Monaco-Urlaub als armer Schlucker oder eine Reise nach Island für den Sonnenanbeter. Auch wenn sich daraus noch kein schlüssiger Dreisatz konstruieren lässt, fragen wir trotzdem: Wieviel Sinn macht ein französisches Kochbuch aus der Feder zweier Kanadier? Erstaunlich viel, wie dieses Werk beweist.

 

Jean-Pierre Challet ist gebürtiger Lyonaiser, der vor Jahren nach Toronto emigrierte, Jennifer Decorte ist sozusagen Köchin auf dem zweiten Bildungsweg geworden und hat irgendwann dann für den kanadischen Ministerpräsidenten gekocht. Ausgerechnet diesem ungleichen Paar ist jetzt ein Kochbuch geglückt, das sich für jeden Frankreichkenner liest wie der herrliche Rückblick auf kulinarische Glückserlebnisse seiner letzten 30 Reisen ins Land der Gallier.

 

Vermutlich wäre dieses Werk keinem Franzosen ähnlich unverstellt gelungen, denn die Küche zwischen Normandie und Provence, Pyrenäen und Haute Savoie scheint wie sonst vielleicht gerade noch die italienische hinlänglich, vielleicht auch bereits überbordend beschrieben.

 

Zudem behaupten die Autoren, für jedes ihrer Rezepte sei – ein Hurra im Hause der Handabwäscher! – lediglich ein einziger Topf vonnöten. Was sich zuweilen als eine kleine Notlüge entpuppt, natürlich, aber weitgehend doch tatsächlich stimmt. Und in diesem Topf, in Frankreich wie auch auf dem Buchcover oftmals ein Le Creuset lassen sich dann all jene Leckereien zubereiten, die wir in ungezählten Frankreich-Urlauben irgendwann mal irgendwo genossen und seitdem nicht mehr vergessen haben. Nach lobenswert ausgedehnten 20 Seiten mit Grundrezepten für Confit de Canard, Crepes, Mayonnaise, Sauce Ravogote oder Vinaigrette à la Moutarde folgen Bayonner Schinken, Bouillabaisse, Vichyssoise, Pan Bagnat, Quiche Lorraine, Gratin Dauphinois, Ratatouille, Coq au Vin, Pot-au-feu, Tarte Tatin und Crème Caramel, allesamt nach Rezepturen, die leicht, aber spürbar vom Klassiker abweichen. Dass Challet und Decorte ihr Coq au Vin nicht flambieren, mag man kritisch beäugen, dass aber ihre Bouillabaisse mit gebratenem Fisch hergestellt wird, tut dem oftmals geschundenen Rezept nur gut.

 

Auch zu loben sind zwar nicht alle, aber doch die meisten der Fotos, welche die Sehnsucht nach der Küche in Frankreichs Provinzen nähren. Da mögen mal die Rühreier mit schwarzen Trüffeln farblich absaufen, aber dafür lächelt einen das Sandwich mit gegrillter Ente und marinierten Pilzen derart anregend zu, dass allein sein Genuss ein paar hundert Kilometer Anfahrt wert zu sein scheint.

 

Bei der Beschreibung ihrer Rezepte ergehen sich die beiden Kanadier nicht unbedingt in akribischer Detailtreue, lassen sich allerdings auch keine groben Fehler zu Schulden kommen. Lediglich den scheinbar so simplen, in Wahrheit aber höchst raffinierten Landgerichten wie besagtem Coq au Vin oder auch dem Cassoulet, dem erst mehrmaliges Gratinieren den typischen Geschmack verleiht, versagen die zwei leichtfertig die gebührende Aufmerksamkeit.

 

Fazit:  Frankreichs Küche ist schon lange nicht mehr so liebenswert und leicht nachkochbar beschrieben worden. Schon gar nicht von einem Franzosen.

 

 

 

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Rezensent

Stefan Krulle

Stefan Krulle

Der Journalist lebt ohne Mikrowelle und Tütensuppenschublade in Hamburg und gesellt sich in jeder Umfrage zum männlichen Koch- und Essverhalten gern zur Minderheit.