Mini Tarte Tatin mit Mandeln und Glühweincreme

Dessert für 4 Personen von Peter Wagner

Mini Tarte Tatin mit Mandeln und Glühweincreme

Aromatisierter Rebensaft hat eine lange, stolze Geschichte. Die Römer trinken seit den Zeiten des Apicius bis heute gern ihren Conditum Paradoxum (ein mit Honig, Datteln, Pfeffer und anderen Gewürzen aromatisierter Rotwein), und auch im Mittelalter verlängerten die Menschen in den Wintermonaten die Haltbarkeit ihrer vergorenen Traubenmoste mit diversen Aromaten. Was für ein Abstieg zu der zuckrigen, aus minderwertigen Weinverschnitten zusammengematschten Weihnachtsmarktplörre, von dem sich die Deutschen jährlich rund 50 Millionen Liter reinschütten.

 

Dieses Tatin-Rezept (umgedrehter Apfelkuchen) wird von einem Espuma aus selbst angesetzem, angenehm wenig gesüßtem, Glühwein dagegen würdevoll winterlich begleitet.

© 2010 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 2 Stunden, 45 Minuten
Zubereitungszeit: 1 Stunde
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Teig nach Michel Roux
250 g Bio-Weizenmehl, Type 550
100 g Butter, zimmerwarm
100 g Puderzucker
1 Prise Salz
2 Stück Eier
Füllung
3 Stück Apfel, säuerlich
2 EL Rohrzucker, braun, roh, unraffiniert, mittelgrob
30 g Butter, flüssig
4 EL Calvados
4 EL Mandelstifte
4 EL Haselnusskrokant
100 g Marzipanrohmasse
Glühweincreme und Deko
200 ml Rotwein, trocken
1 Stück Zimtstange
1 Stück Zitrone, Bio
1 Stück Bio-Orange
2 EL Kardamom, grün
5 Stück Nelken
1 Stück Vanilleschote, ganz
2 EL Vanillezucker
4 cl Rum, braun
250 g Sahne
16 Stück kandierte Früchte
3 EL Puderzucker

Wein-Tipp

Yarden Mount Hermon Red

Jahrgang: 2009
Region: Israel - Golanhöhen/Weingut Golan Heights Winery
Rebsorte: 42% Merlot 38% Cabernet
Geschmack: fruchtig würzig elegant
trinkreif ab Sofort
lagerfähig bis: 2018
Trinktemperatur: 18 °C
Alkoholgehalt: 14 % vol.

Der Yarden Mount Hermon Red ist ein jung zu trinkender, intensiv fruchtbetonter Rotwein. Das Bouquet mit Anklängen an Weichselkirschen, Waldbeeren und Pflaumen, der Geschmack würzig und harmonisch. Yarden Mount Hermon Red - fein und elegant im Finale.

 

Weinerzeugung

 

Die Reben wachsen auf vulkanischem Basaltboden.

 



Musik-Tipp

Wer jetzt noch nicht genug christliche Festtagslieder gehört hat, kann sich mit den als Mischung aus Jeanne ‘d Arc und Mutter Theresa anmutenden Weihnachtskantaten der ex-Eurythmics-Sängerin Annie Lennox auf A Christmas Cornucopia(Universal) besinnen lassen. Lieber mystischer, keltischer? Dann ist die nicht minder winterliche CD „The Wind That Shakes The Barley“ des kanadischen Weltklangsuperstars Loreena McKennitt erste Wahl, die nach interessanten Orient-Ausflügen auf ihrem vergangenen Album nun wieder voller Inbrunst im schottisch-irischen Waldschratfolk schwelgt.

Zubereitung

Teig nach Michel Roux

 

Tarte Tatin wird in Frankreich zumeist mit Blätterteig hergestellt, der wegen seines extrem hohen Fettgehaltes in der Weihnachtszeit im Dessert nach all den gewichtigen Gängen zuvor oft etwas deplatziert erscheint. Eine Alternative wäre der Original französische Mürbeteig, der aber  mit 200 Gramm Butter (auf 250g Mehl, 100g Puderzucker und 2 Eigelb) ebenfalls ein echter Hüftgoldschmied sein kann – und obendrein wegen seiner Bröseligkeit im Handling schwer zu verarbeiten ist. Nicht minder lecker, aber nicht ganz so heftig, ist der „Süße Knetteig“ des französischen Dreisternekoches Michel Roux, der uns eine saftige und zugleich bekömmliche Tarte beschert. Vor dem Mann verbeugten wir uns ja schon mit dem Orangenkäsekuchen.

 

Mehl auf ein Backbrett (besser: Marmorplatte) sieben, aufhäufen, mittig eine Mulde eindrücken. Butter, Puderzucker und Salz in die Mulde geben...

 

 

 

 

...und mit den Fingerspitzen alles zu Krümeln vermengen. Aufhäufen, erneut Mulde bilden, dort die Eier einschlagen.

 

 

 

 

Mindestens 8 Min. kneten (besser: 20 Min). Teig als Kugel in Küchenfolie straff einpacken und 2 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

 

Teig auf bemehlter Arbeitsfläche in 3-4 Durchgängen/Portionen jeweils 3 mm dick ausrollen und mit einem Dessertring (10 cm Durchmesser) insgesamt 12 Scheiben ausstechen.

 

 

 

 

Auf bemehltem Küchentuch bereit halten. Der restliche Teig hält sich ca. 4 Tage im Kühlschrank oder kann eingefroren werden.

 

Füllung

Äpfel schälen und entkernen. In 3 mm dünne Scheiben hobeln, Scheiben vierteln.

 

 

 

 

4 Edelstahl-Dessertringe (10 cm Durchmesser, mind. 7 cm hoch) innen anfetten (ideal: Trennspray aus dem Profi-Konditorbereich) und mittig in große, beschichtete Pfanne (am besten feuerbeständig ohne Plastikgriff wie z.B. eine „Greenpan 28“) setzen. Zucker gleichmäßig in die Ringe verteilen...

 

 

 

 

...bei mittlerer Temperatur langsam karamellisieren.

 

 

 

 

Sobald der Zucker schmilzt in jeden Ring 8 Apfelscheibenviertel einlegen. 

 

 

 

 

Calvados kurz aufkochen, über Äpfel gießen und (vorsichtig – mit Stabfeuerzeug) anzünden. Nach dem Flambieren Pfanne sofort vom Herd nehmen, Butter in die Ringe verteilen. Äpfel mit den Mandelsplittern bedecken.

 

 

 

 

Je 1 Teigscheibe in die Ringe fest eindrücken, Haselnusskrokant verteilen.

 

 

 

 

Zweite Teigscheibe eindrücken, mit dem in 12 Scheiben geschnittenen Marzipan belegen...

 

 

 

 

... und mit dritter Teigscheibe fest andrücken.

 

 

 

 

Pfanne in den auf 180 Grad vorgeheizten Ofen stellen und 35 Min. backen. Falls keine feuerfeste Pfanne vorhanden: Ringe mit Palette vorsichtig auf Backblech heben.

 

 

 

 

Nach der Backzeit Pfanne oder Backblech entnehmen, Ringe mit Palette auf Arbeitsbrett umheben und mit Hilfe von Topflappen die Ringe von den Kuchen abziehen (notfalls mit Trinkglas-Boden von der Größe der Ringe etwas nachhelfen. Tartes mit Hilfe der Palette behutsam auf Gitter stürzen (Apfelseite nach oben) und vor dem Servieren leicht abkühlen lassen – sie sollten aber noch warm serviert werden.

 

 

 

 

 

Glühweincreme & Deko

Zimtstange (ca.6 cm lang) mit Hammer im Küchentuch zertrümmern. Orange und Zitrone gut abwaschen und abtrocknen. Von der ganzen Zitrone und der halben Orange mit einem Zestenreißer dünne Zesten schaben, eine halbe Orange auspressen, Saft durch ein Sieb in kleinere Kasserolle oder Sauteuse passieren. Restliche Zutaten bis auf die Sahne zugeben, alles kurz (max. 20 Sek.) aufkochen, vom Herd nehmen und 1 Stunde ziehen lassen.

 

 

 

Durch Sieb schütten...

 

 

 

 und die eiskalte Sahne in die Flüssigkeit einmixen.

 

 

 

Evtl. mit etwas Puderzucker und einem Spritzer Zitronensaft abschmecken. Flüssigkeit in einen Sahnesiphon füllen.  

 

 

Nacheinander 2 Gaskapseln einschrauben, gut schütteln.

Anrichten

Teller (sehr dekorativ hier: große, rechteckige Glasteller) mit Puderzucker (durch feines Haarsieb gezogen) bestäuben.

 

 

Mittig einen dicken Streifen Glühweinespuma (Creme) aufspritzen.  Vorsicht: der Espuma kommt mit hohem Druck heraus. Tartes in die Tellermitte auf die Creme setzen, mit den kandierten Früchten ausdekorieren (die Früchte auf dem Foto stammen aus dem französischen Carcassonne) und sofort mit kleinem Löffel und Kuchengabel servieren. Statt der kandierten Früchte passen auch sehr hochwertige Halbtrocken-Früchte wie Datteln, Feigen und Aprikosen ins Konzept.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de